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Heidelberger Zeitung — 1861(Juli bis Dezember)

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Oktober
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M; 2Ä8.


Dienstag, 22 Oktober

Deutschlan-

* Karlsruhe, 19. Okr. Rach dem hies.
Aii-eigee wird ein rinziges unter dem Mi-
nister ves Znnern stchendes Eollegium sür die
Lcitung allcr Schulcn jcden Ranges errichtet
werden. Der Vorstand desselden wird der
gcgenwärtige Direcior des Obcrstudienraths
— welcher zugleich vorsitzender Rath im Mi-
nisterium dcs Znnern ist — sein, und als
Mitglieder sollea ein katholischer und ein cvan-
gelischer Geistlicher von der StaatSrcgierung
berufen wcrden.

* Heidelberg, 20. Okt. Bei einer ge-
stern Abcnd im Rächhaussaale stattgefundenen
Versainmlung der Wahlmänner, wobei Hcrr
Bürgerineister Krausmann zum Vorsitzenden
erwählt wurde, hat man über dic am 24. d. M.
vorzunehmende Ersatzwahl eincs zweiten Dc-
putirten sür unserc Stadt an Stelle des zu-
rlickgelretenen Herru Kraus berathen. Es
wurden zwei Kandidaten vorgeschlagcn, näm-
lich Herr Gemeinderath Hoffmeister und Herr
vr. Pagenstecher seo. Die DiSkuffion darüber
war eine kurzc, weil man beide Männer in
Charakier und Ehrenhastigkeit, sowie in po-
litischer Meinung für gleich würdig hiclt. Bei
einer geheimen Abstimmung, welche auf Ber-
anlaffung dee Vorsitzenden vorgeiiommen wurde,
crhielt Herr Gemeinderalh Hoffmeister die
Majoritäl der Stimmen und es ist daher an-
zunehmen, daß er solche auch bei der Wahl
selbst überwiegcnd crhalten wird.

Mannheim, 19. Okt. Bei dcn zuleßt
Statt gehabken Wahlen für den Kleinen
Ausschiiß trugeu, wie vorauszusehen war, dse
Konservaliv siiberalen, mil fast dem nämlichen
Stimmenvcrhältniß wie bei den Gemeinde-
rathswahlen, den Sieg davon.

Mannhcim, 19. Okt. 'Jn der heute
Abend stattgehabten Versammlung der Wahl-
mäniicr wurde beschloffen, den scitherigen Ab-
geordneten Herrn Achenbach auf's Ncuc mit
dem Mandate dcr Stadt Mannheim zu be-
«rauen, melcher Vorschlaz einstimwige Annahme
fand.

Bruchsal, 18. Oet. Kaum sind hier dic
großen Schwurgerschtssitzungen zu Ende, und
bcreitS ist unscrc Stadt selbst der Schauplatz
eiueS schweren Verbrechens geworden. Leß-
ten Sonntag Rachmittag brach, wie bereitS
kurz gemeldet, in dem Hinterhause des an
der Marktstätte gelcgcnen Kopswirthshauses
Feucr aus, das nach Zerstörung dcs Dgch-
stuhls bezwuugeu ward. Als Dicustag früh
in ciner vcrschloffencn Kammer deffelbcn Baucs

ein Haufcn Brennmaterial in Flammcn ge-
riech, machte sich der schon beim ersten Vor-
fall geäußerte Vcrbacht der Brandstiftung in
einer großen Aufregung nnscrer sonst so ru-
higcn Bevölkerung Luft. Ein förmlicher
Schreckensschrci aber durchfuhr die Stadt,
als gestern Nbend um N/, Uhr plötzlich die
hcllen Flammen aus der nur durch ein schma-
les Gäßchen von den »brigen Realitäten ge-
trennten Schenne des Kopfwirlhs Becker her-
ausschlugcn. Der rastlosen Thätigkeit der
Fcuerwchr gelang es, das Feuer auf diese
Scheune zu -eschränken und die anstoßenden
großen Magazine zweier hicflger Kaufleute
zu retten. Noch gestern Abend wurde als
muthmaßlicher Thätcr der 17jährige jüngere
Sohn dcs Wirths Becker gefänglich eingezo-
gen und gerichtliche Untersuchung gegen ihn
eingeleitet. Er fühlte sich durch eine von
scinem altcn Vatcr Vvrgenonimene Abthei-
lung des Vermögens bcschwert, stand deshalb
sehr- gespannt mit der Familie und wurde
gcstern Abend kurz vor dem Brandc durch
eincn Rachbar erblickt, ais er die regelmäßig
geschloffene Scheune bctrat, die nach wenig
Minuten in heüen Flammen stand. Zn sei-
nem Besixe soll stch verschicdener Zündstoff,
insbcsondcre Schwefclfchnitle, vorgefupden
habcn. — Nachschrist. Soeben erfahre ich,
daß der jugendliche Verbrecher bereits ein
Geständniß abgelegt haben soll. (F. Hdlsz.)

Pforzheim, 17. Okt. Mit der hiesigcn
Fabrikthätigkeit geht es seit einigen Wochen
wieder bcffer, als in langer Zeii der Fall
war. Es ist dics hauptsächlich daraas zu
cntnehmen, daß in vieie» Fabriken häufig
wiedcr zur Nachtzeit, b. h. außer der ge-
wöhnlichen Fabcikzeit, gearbeitet wird.

Blumenfeld, 16, Okt. Die Wahlmän-
ner haben bci einer kürzlich stattgehabtcn Be-
sprechung des htcsigen Bezirks sich dahin ge-
einigt, den Herrn Hofgcrichtsrath Bujard
von Konstanz als Abgeordneten zu wählcn.

Älus dcm iQberamt Lahr, 17 Okt.
Die Geistlicheu ves Landkapitels Lahr und
mehrere Gäste aus anderen Kapitcln waren
heute zu einer Conferenz in Friesenheim ver-
sammelt. Dic Coiifercnzmitglicker erklärten
sich mit den in der Adreffc ber Landkapitel
Breisach, Endingen und Neucnburg an Se.
Ercell. den Herru Erzbischof ausgesprochenen
Gestnnungen vollkommen einverstanden und
richtcten dicselbeBitte au denHrn. Erzbischof
um Aufklärung über dcn Stanv der Kirchen-
fraqe. (K. A.)

Waldöhut, 18. Okt. Heute Nachmitlag

Die Hubrrbäurrin.

Bon Hermann Schmid.

(Fortsetzung und.Schluß.)

— Anncrhalb dcr Mauern deS GefängniffeS be-
gann nun daS damals noch in tiefes Gcheimniß
gehülltc Werk der lintersuchung, draußcn war die
Bewcgnng in einigen Monaten «erhallt; man er-
freute sich der wiedergekehrten Ruhe und Sicher-
heit und erzählte sich bald daS Gcschehcne mit
allerlei Ausfchmückungen, wie der Aberglaube und
der romantische Sinn dcs VolkeS fie erzeugt und
licbt. ES gab Viele, die cs fich nicht nehmen
ließcn, daß die schöne Hubcrin AlleS, was fie ge-
than, nicht mit natürlichcn Dingcn zuwcge gebracht
habe und fie nothwendig cine Here sein müffc.

Jahre vcrgingcn, eh' nach dcm damaligen Ver-
fahren die Actcn geschloffcn warcn und eh' der
endgültigc Spruck crfolgtc. Das Benehmen dcr
BLuerin hatte die Sache auch verzögert, denn trotz
der G eständniffc Pauls, dcs Baucrs und cinigcr
Genoffcn leugncte fic dic gegen fie erhobencn An-
schuldigungen und hatte mit vieler List ein Mährchen

ersonnen, an dem fie hartnäckig fcsthielt. Darnach
bestand ihrc Schuld darin, daß fie HanS geltebt
und auS Liebe zu ihm dcffcn räuberische lkntcr-
nehmungen gcduldet und nicht angezeigr habc. Er
war der Räuberhauptmann, und das lctzte Mal,
als er zur bcstimmten Zeit nicht nach Hausc ge-
kommen, hattc sie der Versuchung nicht widerstehen
können, auS Neugierde seine Vermummung anzu-
ztehcn und an den ihr benanntcn Sammelplatz zu
gehcn, «o sie ganz unschuldig mitgefangen wurde.
Sie beklagtc unter bittern Thränen, daß er nicht
mehr am Leben sei, dcnn cr würde gcwiß dtc Wahr-
hcit sagen und sic nicht in dem llnglück stecken
laffen. Seine Ermordung war ohne ihr Wiffcn
aus eigenem Antricbe der Eifersucht gcschehen.

So abentcucrlich die Erfindung klang, fand fie
doch Zemand, der thr nach und nach Glauben
fchenkte, daö «ar Herr Kriegelsteiner, der schnurr-
bärtigc GerichtSdicner. Durch die mehrcre Jahrc
andauernde Hast kam er mit ihr täglich und so
oft in Berührung, daß dcr schwache Mann dem
Etndrucke threr Schönheit in die LLnge nicht
widerstand. Sie wußte auch gcgen ihn dic leidende
Unschuld mit großer Schlauheit zu spiclen und den

IaserüonSgebühren für die ZspaMge Petit- M ^

zeile werden mit 2 kr., bezw. 3 kr. oerechnet.

wurde hier ei'n lediqer Bursche, K. K. von N.
verhaftet, welcher dcs Raubmords an dem
Forstmeister v. Stockar zu Schaffhausen drin-
qend verdächtig sein svll. Derselbe wurde so-
fort an die Grenze transportirt.

Gclegcntlich der in dcr württembergischen
Abgeordnetcnkammcr erfolgten Beschwerde über
die Höhe der Zeitmigsspcdikionsgebühr im
Postvereine, erinnert die N. F. Z. daran, daß
i'n Belgien für Beförderung der Zeitungcn
(die dort bekanntlich in sehr grvßem Format
erscheinen) nur ein Centime für jedc Nummer
crhobcn wrrd. Eine Bestellgebühr für daS
Tragen der Postscndung in dic Wohnung dcs
Adressaten gibt eS — fast möchten wir sagen:
selbstverständlich — ohnehin nicht.

^ Zn Caffel hat die kursürstliche Polizei'
den Schülern des dortigeii GpmnasiumS das
Anzünden von Freudenfeucrn zur Erinnerung
an den 18. Okt. vcrbotcn, obgleich der Di-
rector der Anstalt nichts Bcdenkliches in eincr
solchen Feier fand. — Jn Marburg wurdc
verschiedencn Vereincn von dem kurf. Mini-
sterium sogar die Feier des deutschcn Bc-
freiungstagcs untersagt, indem aus Grund
ciner Vereinigung vvm Jahr 1820 eiuc öffeut»
liche Feier der Leipziger Völkerschlacht zu un-
terbleibe» habc.

Gotha, 18. Okt. Der GeschästSführer
des Nationalvereins läßt heute einen'dritten
Flottcnbeitrag nach Berlin abgehen, aber dieß-
mal nicht von 10,000, sonvcrn von 20,000 st.
Di- zweitc Sendring ist ihm auf seinen Wunsch
nicht blos als „Herrn Noiar F. Strcit", son-
dern ausdrücklich als „Geschäftsführer des
Nationalvereins zu Koburg" bcscheinigt wor»
den. Das preußische Marineministerium sügt
seinen „ergcbensten Dank" an die Geber „für
diese aus patriotischcr Gesinnung hervorge-
gangene Gabe" hinzu. (S. M.)

Berlin, 17. Okt. Dic Regicrungsdepe«
schen, welche heute wciter von Warschau
eingetroffen sind, tragen die allerdüstersten
Farben.

Eben wird auch der neue Gnadenact in
Preußen bekannt. Zn einer Reihe unterge«
ordneter Vergehcnsfälle wird Straferlaß gc-
währt, — eine Beseitigung der Beschränkun-
gen der Amenestieverordnung ist dagegen nicht
crfolgt. (Siehc Derlin, 18. Okt.)

Berlin, 18. Okt. . Der „Staaksanzeiger"
vcröffentlicht eiuen allcrh. Amnestieerlaß,
welchcr

1) devj-nigcn Pcrsonen, die fich Vergehen gegen da«
Gesetz nber die Preffe, gegen dic Vcrordnung über die
Bcrhütung dc« Mißbrauchs dcS VersammluugS- und

Unmuth, womit er fie empfangen hatte, zu cnt-
kräften. Bald hatte sie ihn ganz in ihr Netz gc-
zogen uud befand fich in'S Geheim durchauS nicht
als Gefangene, sondern genoß aüe möglichen Er-
leichtcrungen und Annehmlichkeiten.

Das Eintrcffcn oes Endurtheils änderte die
Sache. Paul wurde zum Tode, die Hubcrin nebft
den meisten ihrer Genoffen auf Lebensdauer in die
Ketten vcrurtheilt. Die Todesstrafe konnte
nach den bestehenden Gesetzen nicht gcgen fie er-
kannt werden, wcil ihr Bekcnntniß fehlte. Der
Bauer kam mit gcringer FreiheitSstrafe davon;
man haite seinc volle ZurechnungSfähigkett be-
zweifelt.

Der Tag der Vollstrecknng kam heran. Paul,
von der Folter seines GewiffcnS und der langen
Haft zu einem Skclctt herabgesiecht, erlitt reuig
und ergeben die Strafe, die sein Leben wohl nur
um wcnige schmerzliche Wochen verkürzte.

Tags darauf sollte dte schöne Huberin tn's Zucht-
haus abgeliefert, vorher aber einc Stundc auf dem
Pranger öffentlich ausgcstellt wcrden. Eine unab-
sehbare VolkSmenge wogte und drängte auf dem
Platzk, «o dcr Schandpfahl errichtet war, unh
 
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