Trscheint. WoitagS «Ogenommen, taglich.
PreiS vierteljäbrlich 54 kr.
Sonntaq, 8. September
Aufr u f.
Das Gebiirtsfest Seincr Könkgl!chen
Hoheit. unseres vurchlauchtigsten Gryß-
herzogs Frie-rich «ird dnrch einen
Gvttesdienst in Ped Provibrnzkirche fefilich
begangen werden.
Jch lade daher die vcrchrlichen Milglicder
des großen Bürgeraüsschuffes, so wie allr
meine Mitbürger, weiche nicht besondrrs ein-
geladen wvrdcn fiüd, zür Theilnabnle an
demsetbeu hiermlt ein und ersuche sie, fich
znm ftierlichcn Zug in die Kirchc am
Montag, den 9l d. M., Vormittags O^Ahr,
im Rathhause cinsindeu zn wollen.
Heidelberg, deu 5. Geptkmber 186t.
Bürgermcistcr
Krausmann.
D e u t s ch l a n d.
fis (Nachtrag zur „Situation".) ?Kas
dic in Nr. 195 d. BI. crwähnten Ahsichten
Rapolcons in Neapel betrifft, so scheint dcr-
selbe diese vorerst wieder auf sich beruhen zu
laffen, da er die Lage der Dinge z» cinem
Bruche mit England für fetzt noch nicht reif
hält. Abermals bestätigt sich hier das in
Cavours Nachlaffe schriftlich aufgefundene Ur-
theil über den französtschen Kaiser, daß er
Vieles anfange, aber nicht ausführe, als äch-
ter Gelcgenheitspolitiker immer auf den gün-
stigsten Moment bauend. — Jn Poien hat
inzwischen cin neuer Statthalter, Gcneral Lam-
bert, di'e Zügel dxr Regierung ergriffen. Seine
Znstruction lautet, nochmals mit Milde vor-
zugehen, dic Polen durch Reformen zu gewin-
nen zu suchen, im Falle des Mißlingens aber
dann zur äußcrsten Strenge überzugehen. Nach
neueren Nachrichten svllen die eine Zeit lang
über die Unsicherheit der öffentlichen Zustände
Rußlanos selbst im Gange gewesenen Gerüchtc
übertricben gewesen sein. Wohl herrsche, so
sagt man, jetzt uutcr einem Theile des Adels
eine große Unzufriedenheit gegrn den Kaiser
und dessen Regierung, hauptsächlich wegcn Auf-
hebnng der Leibeigenschaft; der Adel dürfe sich
zu keincn offenbaren Widerstandsmaßregeln
veileitcn laffen, weil er des Landvolkes nicht
sicher sei, vielmehr dasselbe sich im entschei-
denden Momente gerade gegen ihn wendcn
würde. Dagegen dauern dic Gcrüchte über
die Plane nnd Abstchten der Kriegs- uud Re-
volutionspartei in Vcrbindung mit der magpa-
rischen und südslaviichcn Propaganda noch fort.
Sclbst das Turiner Cabinet kann dem mäch- f
tigen Eiiifluffc dcr Mazzinisten nicht gauz
widerfircben, und hat dem Vcrnehmen nach
für eventuellx Fälle Garibaldi die Bewaff-
nung von 40,000 Freiwilligen zugestanden.
Zn demselben Maße, als es stch von Frankr
ree'ch abwendet, muß es eben diese crtreme
Nativnalpartei in Ztalien für fich zu gewinncn
suchen. — Was Pvlen betrifft, so gibt selbft
die Bcrlinxr Vvlkszeitunq zu, daß mau diese
jetzt wohl fanatiflrcn und revolutioniren, nicht
aber aus sich selbst heraus organistren könne,
da hiez« noch die nöthigen Elcmeutc fehlen.
Zur Zeit könne «ine Reorganisation nur mit
Zuthun Rußlaads geschchen, in der Folge die
Wiedcrhcrftellung eines polnischen Reiches viel-
leicht durch eine größerc weltgeschichtliche Krise
hewerkstelligt werden, jedoch erst nach einem
durch dic ssr Allem nöchigen socialen Re-
fvrmen gemachten Durchgange. (Jn Dnlicher
Weise haben wir uns hftrübcr immer aus-
gesprochen.)
Karlsruhe, 6. Scptbr. .Se. K. H, der
Grvßherzog gcruhtc heute der Landes-Zndustrie-
ausstellung cinen mehrstündigen Besuch zu
wivmen.
Karlsruhe, 6. Sept. Bei der heutigen
Wahl im 2. Distrftt wurden folgende Wahl-
mäuner gewählt: Helmle, Hei'nrich, Zimmer-
weister; Küntzle, Georg, Zlmmermeistcr; Lud-
wig, Präfidcni des Kriegsministeriuws; Spohn,
Ministerialrath; Herzer, Bürgermeister; Les-
stng, Gaüerftdirector; Skphan, Kassicr, und
Vogclmann, Präsident des Finanzmiaisteriums.
(K. Z.)
fi- Vmn Neckar, 5. Sept. Wir haben
ftiner Zeit berichtet, daß bei einer Lchrerver-
sammiung, die om 13. Jvli in Achern abge-
haiten wvxden ist,. ein Lehrerausschuß, desscn
Mitglieder im gaiizen Land verthcilt sind, cr-
nannt ivurdk. Dieser Ausschuß hat dem dort
trnannteii eugern AuSschusse ßvrtwäheend Bc-
richt erststtet Über das, was in den Bezirks-
Lkhrerversammlungeu in der Schulfrage be-
schloffen lwd festgestkll.t worden iß. Trotz der
vielftl'tigen Bemühnngen vicler Gtt'stlichcn, chie
Lehrer abzuhalt.cn, sich über daS, was kcr
Schule ooth ihut, auszusprechen, ist es doch ge-
lungen, darin schöne Ergebniffe zu erzielen.
In ga«z katholischen Bezirken, wie Buchen,
St. Blasien sind die Lehrer zusammengekreten
nnd haben sich w grvßcr Mehrheit für dft in
dftsen Blättern veröffentlichten Grundzüge
der Mannheimcr Lehrcr ausgesprochen. Ein
BeweiB, daß im Lehrerstand noch Männer siud,
die den Muth und bie Energi» habcn, sich über
ihre Angclegenheiten offen und freimüthig aus-
3yUrt!M»gebüh„, fir die gspalti^r Pel>>
zusprechen ond geradezu zu sagcn, daß der
Schule der Kirche gegenüber ei'ne unabhängige
und selbstständige Strllnng eingekSlimk werdcn
müffe. Die Schule soü Staaisschulr, nicht
Kirchenschule sei»; sie hat in dieser ihrer seik-
herigen Steüung ihrem Zweeke nicht entspro-
chen und ist eiiic Neugcstoltung durch das Ge-'
setz vom 9. October nvthwendiz geworden.
Die bevorzugten Rechke der Kirche, resp. der
Hierarchie, mogen an die Gemeinde, resp. den
Staat übergrhen und die Einfeitigkeit des seit-
herigcn Berhältniffes wird aufhören.
Diesc wichtige Fragr der Neugestalkung des
VolksschulwesenS berührt den Bstrgerstand mehr
als den Lchrerstand und man wird sie auch
in einer größern Versammlung von B ürgern,
Schulfreundcn und Lehrern znr Be-
sprechung bringcn.
Ettlingen, 4. Septbr. Bisher war es
hier gebrüuchlich, daß beim Leichenbegängniß
der Protestanten nicht geläütet wurde. llnser
Gemcinverath, dem dieser Ausnahmrzustand
schon lange nicht gefullen, fteüte im Sinne
christlicher Liebe und Duldung bel höhcrer
Behörde dxn Anirag, „daß auch Nichtkatho-
liken das iibjiche,Gradgcläute erhalten mögen."
Das Ettlinger Bezirksamt, die Regftrnng fan-
den diesen Anirag ganz in der Ordnung, ver-
fügten, daß geläutet werdcn soll, und so wurve
in letzter Woche eiue protcfiantische Leiche mit
Geläute zur Erdc bestattet. (B. L.)
Baden, 6. Scpt. Die grstrigeu Zagdrrn-
ncn (Stecple Chase) halten einen glänzendcn
Erfolg. Das intereffante Schauspiel hatte
eine außerordentliche Menschcnmenge, nament-
lich auch bie höherc Badewelk angelockk. Den,
crsten Preis des erstcn Sterplr Chaft trog
„Betsp Baker" des Grafen Westphalen davv»,
der in 300 Friedrichsd'or und eincr Ehren-
gabc, voa Sr. Maj. dem König der Riedrr-
lande und Sr. Hoh. dem Herzog von Naffau
ausgesetzi, bcstand. Der Bestxer des Pferdes
hatte daffelbe selbst gcritten, aber dabel das
ilnglück gehabt, das Schulterbiatt zu brecheu,
was ihn aber nicht hinderte, seinrn Ritt zu
vollenden, indem er die Zügel zwischeu die
Zähne nahm. Das zwefte Pfcrd, wclches dft
Einsätze gewaun, , war „Locomotivc" drs
Hauptmanns v. Raffoo; das drttt« ,>ColoneI"
des Vftomte v. Namur. Zm Grnzen hatten
sich 10 Pftrdc am ersten Steeple Chafe be-
theiligt; zwei waren zurückgczoge« worden.
Zm zmeftes Steeple Chaft crschientti nur 3
Pferbe «nb es gewann ben ersten Preis, 100
Frftdrichsp'or, des Bicomte v. Ramur „Lreui-
bleur". (K. Z.)
Anvrrhofft.
Von Hermann Schmid.
(Fortsetzung).
Auch eiiien andern Jrrthum mußte ste sich be-
kennen; denn, als er sich ihr zmn Tänzer antrug,
war cr ihr geradezu häßlich vorgckommen — jetzt,
begriff sie nicht, wo fie damals ihre Augcn gehabt
hattc. Das Gcsicht mit der feinen schnialen Nase,
den seurigen brauncn Augcn, mii dem rcichen wci-
chen Haar und dem schwermüthigen Lächcln um den
anmuthigen Mund war nichts wcmger als häßlich
— es war svgar schön, und Lilli vergaß darübcr
ganz, daß dcr Körper dem Kvpfe nicht cntsprach.
Sie konnte sich über das, was in ihr vorging, keine
klare Rechenschaft gebcn, aber cS ward ihr so ruhig,
so unbeschreiblick wvhl um'S Hcrz — es kam ihr
vor, als lägcn nicht jcidenschwerc Jahre zwischen
ihr und Franz, als wären si« wieder Kindcr , dic
Verstecken spielten, und als brauche sie ihn nur an-
zurufen, damit er sie findc und allc Wirrniß zwi-
schcn ihnen sich löse.
Ietzt erhob sich Franz; er stellt« dte vollendete
Vaft auf den Stamm, legte seine Werkzcugc zu-
sammcn und schien bercit, den Rückwcg anzuketcu.
Wenn Lilli nicht Gefahr laufen woüte, von ihm
aogetrvffcn zu werdcn, mußk sie eilcn, fortzukvm-
men. Sic «arf nock cinen Blick hinab, löste dann
ihren Reikenftrauß »pm Mieder und schftuderteihn
rasch in die Tftf«, daß er unweit der Vase und
Franz nicderfiel. Vcrwundert und sucheud blickte
dieser in dle Höhe — er sah nur n»ch die Aefte um
Cilli's Versteck schwanken: ße sekbst floh den Wald-
pfad hinab, crrcichte den Hof uud schlüpft« unbe-
bemcrkt in lhrr ,Kammer, wo sie fich mit all ihrcn
Gedanjen und Gmpfindungen und Träumen ein-
riegclte.
Vcrgebens pochte die Base an dft Lhür und ver-
langte eingclaffen zu werden. Auch der Baicr kam,
fragtc, warum sic sich cinsperre und ob ihr ctwas
fchle. Sie öffnete nicht. „Mir fchli nichts", rief
fic hcraus, „abcr ich kann nicht aüfmachcn — ich
schlaf' schon!" b
Wieder war der Sommer um einige Wochen vor-
geschritten. Dft Ernte war im vvllen Gangr und
die Mengc und Wjchtigkeit ihrer Arheiten hatte für
dft Landleutc alleS Andere iu den Hintergrund
gedrängt. Auch dft Plauderftunden der Heierabende
«arcn mit dem abnehmenden Tage kürzer gewvr-
den. Häustg kam man crst bei andrcchender Rackt
vom Felde oder aus der Tenne und ctlte gletch zu
Bctt, denn vor Sonnenaafgang, so lang dcr Thau
lag und dic Kühle anhielt, mußte man doch schoU
wiedcr mit Scnse, Gabet und Rechem auf das Feld.
Zm Hause dcs Bauern zum Harras wurde das
Vorgefallcn? nicht mehr erwähut, nur zwci Wcn-
schen dachkn noch zuweilcn daran — das war dft
Base und Cilli seldst. Der crstern cntglng es Uicht,
daß Cilli noch stillcr und träumcrifcher geworden,
fic unterließ es aber, darüber ctwas zu äußerin, weil
fie sah, wie uirangenehm und Lrgerlich diescr jede
solche Bcmerknng war. Eilli selbst schwicg, desto
mehr aber sprangen ihre Gcdanke» uber die Ar-
beit hrnweg in die Vergangenhelt, und nicht seften
ertappk sie fich selbst darübcr, daß fie dasaß, die
Armc lässtg i« Schooßc ruhend, mit den Gedanken
im Walde schwebend, an der Waldtlöße mit dcn
drei Tannen.
Die Hochzcit der Roselhubcr Zenzi, welche Mül-
lerin auf dem Warenftern «erde» sollft, «nftrbrach
PreiS vierteljäbrlich 54 kr.
Sonntaq, 8. September
Aufr u f.
Das Gebiirtsfest Seincr Könkgl!chen
Hoheit. unseres vurchlauchtigsten Gryß-
herzogs Frie-rich «ird dnrch einen
Gvttesdienst in Ped Provibrnzkirche fefilich
begangen werden.
Jch lade daher die vcrchrlichen Milglicder
des großen Bürgeraüsschuffes, so wie allr
meine Mitbürger, weiche nicht besondrrs ein-
geladen wvrdcn fiüd, zür Theilnabnle an
demsetbeu hiermlt ein und ersuche sie, fich
znm ftierlichcn Zug in die Kirchc am
Montag, den 9l d. M., Vormittags O^Ahr,
im Rathhause cinsindeu zn wollen.
Heidelberg, deu 5. Geptkmber 186t.
Bürgermcistcr
Krausmann.
D e u t s ch l a n d.
fis (Nachtrag zur „Situation".) ?Kas
dic in Nr. 195 d. BI. crwähnten Ahsichten
Rapolcons in Neapel betrifft, so scheint dcr-
selbe diese vorerst wieder auf sich beruhen zu
laffen, da er die Lage der Dinge z» cinem
Bruche mit England für fetzt noch nicht reif
hält. Abermals bestätigt sich hier das in
Cavours Nachlaffe schriftlich aufgefundene Ur-
theil über den französtschen Kaiser, daß er
Vieles anfange, aber nicht ausführe, als äch-
ter Gelcgenheitspolitiker immer auf den gün-
stigsten Moment bauend. — Jn Poien hat
inzwischen cin neuer Statthalter, Gcneral Lam-
bert, di'e Zügel dxr Regierung ergriffen. Seine
Znstruction lautet, nochmals mit Milde vor-
zugehen, dic Polen durch Reformen zu gewin-
nen zu suchen, im Falle des Mißlingens aber
dann zur äußcrsten Strenge überzugehen. Nach
neueren Nachrichten svllen die eine Zeit lang
über die Unsicherheit der öffentlichen Zustände
Rußlanos selbst im Gange gewesenen Gerüchtc
übertricben gewesen sein. Wohl herrsche, so
sagt man, jetzt uutcr einem Theile des Adels
eine große Unzufriedenheit gegrn den Kaiser
und dessen Regierung, hauptsächlich wegcn Auf-
hebnng der Leibeigenschaft; der Adel dürfe sich
zu keincn offenbaren Widerstandsmaßregeln
veileitcn laffen, weil er des Landvolkes nicht
sicher sei, vielmehr dasselbe sich im entschei-
denden Momente gerade gegen ihn wendcn
würde. Dagegen dauern dic Gcrüchte über
die Plane nnd Abstchten der Kriegs- uud Re-
volutionspartei in Vcrbindung mit der magpa-
rischen und südslaviichcn Propaganda noch fort.
Sclbst das Turiner Cabinet kann dem mäch- f
tigen Eiiifluffc dcr Mazzinisten nicht gauz
widerfircben, und hat dem Vcrnehmen nach
für eventuellx Fälle Garibaldi die Bewaff-
nung von 40,000 Freiwilligen zugestanden.
Zn demselben Maße, als es stch von Frankr
ree'ch abwendet, muß es eben diese crtreme
Nativnalpartei in Ztalien für fich zu gewinncn
suchen. — Was Pvlen betrifft, so gibt selbft
die Bcrlinxr Vvlkszeitunq zu, daß mau diese
jetzt wohl fanatiflrcn und revolutioniren, nicht
aber aus sich selbst heraus organistren könne,
da hiez« noch die nöthigen Elcmeutc fehlen.
Zur Zeit könne «ine Reorganisation nur mit
Zuthun Rußlaads geschchen, in der Folge die
Wiedcrhcrftellung eines polnischen Reiches viel-
leicht durch eine größerc weltgeschichtliche Krise
hewerkstelligt werden, jedoch erst nach einem
durch dic ssr Allem nöchigen socialen Re-
fvrmen gemachten Durchgange. (Jn Dnlicher
Weise haben wir uns hftrübcr immer aus-
gesprochen.)
Karlsruhe, 6. Scptbr. .Se. K. H, der
Grvßherzog gcruhtc heute der Landes-Zndustrie-
ausstellung cinen mehrstündigen Besuch zu
wivmen.
Karlsruhe, 6. Sept. Bei der heutigen
Wahl im 2. Distrftt wurden folgende Wahl-
mäuner gewählt: Helmle, Hei'nrich, Zimmer-
weister; Küntzle, Georg, Zlmmermeistcr; Lud-
wig, Präfidcni des Kriegsministeriuws; Spohn,
Ministerialrath; Herzer, Bürgermeister; Les-
stng, Gaüerftdirector; Skphan, Kassicr, und
Vogclmann, Präsident des Finanzmiaisteriums.
(K. Z.)
fi- Vmn Neckar, 5. Sept. Wir haben
ftiner Zeit berichtet, daß bei einer Lchrerver-
sammiung, die om 13. Jvli in Achern abge-
haiten wvxden ist,. ein Lehrerausschuß, desscn
Mitglieder im gaiizen Land verthcilt sind, cr-
nannt ivurdk. Dieser Ausschuß hat dem dort
trnannteii eugern AuSschusse ßvrtwäheend Bc-
richt erststtet Über das, was in den Bezirks-
Lkhrerversammlungeu in der Schulfrage be-
schloffen lwd festgestkll.t worden iß. Trotz der
vielftl'tigen Bemühnngen vicler Gtt'stlichcn, chie
Lehrer abzuhalt.cn, sich über daS, was kcr
Schule ooth ihut, auszusprechen, ist es doch ge-
lungen, darin schöne Ergebniffe zu erzielen.
In ga«z katholischen Bezirken, wie Buchen,
St. Blasien sind die Lehrer zusammengekreten
nnd haben sich w grvßcr Mehrheit für dft in
dftsen Blättern veröffentlichten Grundzüge
der Mannheimcr Lehrcr ausgesprochen. Ein
BeweiB, daß im Lehrerstand noch Männer siud,
die den Muth und bie Energi» habcn, sich über
ihre Angclegenheiten offen und freimüthig aus-
3yUrt!M»gebüh„, fir die gspalti^r Pel>>
zusprechen ond geradezu zu sagcn, daß der
Schule der Kirche gegenüber ei'ne unabhängige
und selbstständige Strllnng eingekSlimk werdcn
müffe. Die Schule soü Staaisschulr, nicht
Kirchenschule sei»; sie hat in dieser ihrer seik-
herigen Steüung ihrem Zweeke nicht entspro-
chen und ist eiiic Neugcstoltung durch das Ge-'
setz vom 9. October nvthwendiz geworden.
Die bevorzugten Rechke der Kirche, resp. der
Hierarchie, mogen an die Gemeinde, resp. den
Staat übergrhen und die Einfeitigkeit des seit-
herigcn Berhältniffes wird aufhören.
Diesc wichtige Fragr der Neugestalkung des
VolksschulwesenS berührt den Bstrgerstand mehr
als den Lchrerstand und man wird sie auch
in einer größern Versammlung von B ürgern,
Schulfreundcn und Lehrern znr Be-
sprechung bringcn.
Ettlingen, 4. Septbr. Bisher war es
hier gebrüuchlich, daß beim Leichenbegängniß
der Protestanten nicht geläütet wurde. llnser
Gemcinverath, dem dieser Ausnahmrzustand
schon lange nicht gefullen, fteüte im Sinne
christlicher Liebe und Duldung bel höhcrer
Behörde dxn Anirag, „daß auch Nichtkatho-
liken das iibjiche,Gradgcläute erhalten mögen."
Das Ettlinger Bezirksamt, die Regftrnng fan-
den diesen Anirag ganz in der Ordnung, ver-
fügten, daß geläutet werdcn soll, und so wurve
in letzter Woche eiue protcfiantische Leiche mit
Geläute zur Erdc bestattet. (B. L.)
Baden, 6. Scpt. Die grstrigeu Zagdrrn-
ncn (Stecple Chase) halten einen glänzendcn
Erfolg. Das intereffante Schauspiel hatte
eine außerordentliche Menschcnmenge, nament-
lich auch bie höherc Badewelk angelockk. Den,
crsten Preis des erstcn Sterplr Chaft trog
„Betsp Baker" des Grafen Westphalen davv»,
der in 300 Friedrichsd'or und eincr Ehren-
gabc, voa Sr. Maj. dem König der Riedrr-
lande und Sr. Hoh. dem Herzog von Naffau
ausgesetzi, bcstand. Der Bestxer des Pferdes
hatte daffelbe selbst gcritten, aber dabel das
ilnglück gehabt, das Schulterbiatt zu brecheu,
was ihn aber nicht hinderte, seinrn Ritt zu
vollenden, indem er die Zügel zwischeu die
Zähne nahm. Das zwefte Pfcrd, wclches dft
Einsätze gewaun, , war „Locomotivc" drs
Hauptmanns v. Raffoo; das drttt« ,>ColoneI"
des Vftomte v. Namur. Zm Grnzen hatten
sich 10 Pftrdc am ersten Steeple Chafe be-
theiligt; zwei waren zurückgczoge« worden.
Zm zmeftes Steeple Chaft crschientti nur 3
Pferbe «nb es gewann ben ersten Preis, 100
Frftdrichsp'or, des Bicomte v. Ramur „Lreui-
bleur". (K. Z.)
Anvrrhofft.
Von Hermann Schmid.
(Fortsetzung).
Auch eiiien andern Jrrthum mußte ste sich be-
kennen; denn, als er sich ihr zmn Tänzer antrug,
war cr ihr geradezu häßlich vorgckommen — jetzt,
begriff sie nicht, wo fie damals ihre Augcn gehabt
hattc. Das Gcsicht mit der feinen schnialen Nase,
den seurigen brauncn Augcn, mii dem rcichen wci-
chen Haar und dem schwermüthigen Lächcln um den
anmuthigen Mund war nichts wcmger als häßlich
— es war svgar schön, und Lilli vergaß darübcr
ganz, daß dcr Körper dem Kvpfe nicht cntsprach.
Sie konnte sich über das, was in ihr vorging, keine
klare Rechenschaft gebcn, aber cS ward ihr so ruhig,
so unbeschreiblick wvhl um'S Hcrz — es kam ihr
vor, als lägcn nicht jcidenschwerc Jahre zwischen
ihr und Franz, als wären si« wieder Kindcr , dic
Verstecken spielten, und als brauche sie ihn nur an-
zurufen, damit er sie findc und allc Wirrniß zwi-
schcn ihnen sich löse.
Ietzt erhob sich Franz; er stellt« dte vollendete
Vaft auf den Stamm, legte seine Werkzcugc zu-
sammcn und schien bercit, den Rückwcg anzuketcu.
Wenn Lilli nicht Gefahr laufen woüte, von ihm
aogetrvffcn zu werdcn, mußk sie eilcn, fortzukvm-
men. Sic «arf nock cinen Blick hinab, löste dann
ihren Reikenftrauß »pm Mieder und schftuderteihn
rasch in die Tftf«, daß er unweit der Vase und
Franz nicderfiel. Vcrwundert und sucheud blickte
dieser in dle Höhe — er sah nur n»ch die Aefte um
Cilli's Versteck schwanken: ße sekbst floh den Wald-
pfad hinab, crrcichte den Hof uud schlüpft« unbe-
bemcrkt in lhrr ,Kammer, wo sie fich mit all ihrcn
Gedanjen und Gmpfindungen und Träumen ein-
riegclte.
Vcrgebens pochte die Base an dft Lhür und ver-
langte eingclaffen zu werden. Auch der Baicr kam,
fragtc, warum sic sich cinsperre und ob ihr ctwas
fchle. Sie öffnete nicht. „Mir fchli nichts", rief
fic hcraus, „abcr ich kann nicht aüfmachcn — ich
schlaf' schon!" b
Wieder war der Sommer um einige Wochen vor-
geschritten. Dft Ernte war im vvllen Gangr und
die Mengc und Wjchtigkeit ihrer Arheiten hatte für
dft Landleutc alleS Andere iu den Hintergrund
gedrängt. Auch dft Plauderftunden der Heierabende
«arcn mit dem abnehmenden Tage kürzer gewvr-
den. Häustg kam man crst bei andrcchender Rackt
vom Felde oder aus der Tenne und ctlte gletch zu
Bctt, denn vor Sonnenaafgang, so lang dcr Thau
lag und dic Kühle anhielt, mußte man doch schoU
wiedcr mit Scnse, Gabet und Rechem auf das Feld.
Zm Hause dcs Bauern zum Harras wurde das
Vorgefallcn? nicht mehr erwähut, nur zwci Wcn-
schen dachkn noch zuweilcn daran — das war dft
Base und Cilli seldst. Der crstern cntglng es Uicht,
daß Cilli noch stillcr und träumcrifcher geworden,
fic unterließ es aber, darüber ctwas zu äußerin, weil
fie sah, wie uirangenehm und Lrgerlich diescr jede
solche Bcmerknng war. Eilli selbst schwicg, desto
mehr aber sprangen ihre Gcdanke» uber die Ar-
beit hrnweg in die Vergangenhelt, und nicht seften
ertappk sie fich selbst darübcr, daß fie dasaß, die
Armc lässtg i« Schooßc ruhend, mit den Gedanken
im Walde schwebend, an der Waldtlöße mit dcn
drei Tannen.
Die Hochzcit der Roselhubcr Zenzi, welche Mül-
lerin auf dem Warenftern «erde» sollft, «nftrbrach