UMIberger Ieitimg.
N» 188. Dienstag, 18. August 18H1»
L Autonelli u«d di« römifche
Reuetion
Wenn man auS Anlaß der bekannten neue-
sten VvrgLnge in Rom den päpstlichen Kriegs-
mniister Merode nicht nnr als das Haupt
der ganzen dortigen Reaction, sondern sogar
alS den Mann bezeichnet hat, der dem hci'l.
Vater und Antonelli' gleichsehr zu trotzen wgge,
so ist di'es eiitschl'edcn ungenau. Deng nicht
Mervde, sondcrn Antvnelli i'st dcr Aüge-
waltige ,'n Rom; Antonelli ist es, der den
Papst bcherrscht nnd der ganzen päpstlichen
Pvlitik dcn Charactcr ausdrnckt. Dies Alles
ergibt sich wohl am bcste», wenn wir auf
die gesammtc Wi'rksaiiikcit di'escs verlrautcsten
RathgcbcrS PluS IX. cl'lien kurzen Blick
werfcn.
Antonelli war schon unter der Negie-
rung deS vorigcn Papstes der eifrigste Vcr-
treter dcs geistlichen und weltlichen Despotis-
mus gcwcsen und hatte damit sein Glück ge-
macht. Als aber Pius IX. den päpstlichen
Stuhl bestieg, geselltc sich Antoneüi dcn Libe-
ralen und Reformern zu, und crwarb sich durch
diese Wandelung auch dic Gunst des neuen
Hcrrn. Durch dic Geschmcidigkeit, hinter
welcher er seinen energischen Character zn
verbergcn wußte, gewann er alsbald einen
Einfluß auf das Gemüth dcs Papstes, der
sich allmählig zu einer wirklichen Beherrschung
steigerte. Als Anfang März 1848 die Bil-
duiig cineS gemischtcn Mlnisteriums erfolgte,
das aus sechö bürgerlichen und drei geistlichcn
Mitgliedern bestand, übernahm cr darin den
Vorsitz. Der klnge Cardinal hielt cs damals
für gcrathen, mit dem Strom zu schwimmen.
Während der Papst am 14. März ein wirk-
liches Staatsgrundgesctz proclamirte, schmei-
chelte seiil Minister der nationalen Stimmung
und schickte, ohne bestimmte Znstruction, die
10,000 Mann starkc päpstliche Armee an die
nvrdlichr Gränze, wo das Corps zur Unter-
stützung der Piemontesen in die Lvmbardei
einrücktc. Dic Entwicklung dcr Dinge brachte
den Minister Äntonelli alsbald sreilich in har-
ten Widerspruch mik der herkvmmlichen Poli-
tik drr röliilschen Curie, und er sah nnn den
ersten Augcnblick ab, um wicder in die alten
Glcise einlenkeii zu können. Der Papst mußte
auf sein Andringen das Verdammungsurtheil
über den Krieg aussprechen und betheuern,
daß er seine Truppen keinenfalls zur Bekäm-
pfung der Ocsterreicher abgesandl habe. Der
Unwille des Papstes über diesen Abfall vvn
dcr nationalen Sache äußerte sich in Rom so
drohend, daß Antonelli und setue Collegea
das Fcld räumen wußten. DaS unmittelbar
Darauffolgende ist bekannt.
Mit der Flucht des Paxstes nach Gaeka,
dit vorzüglich Antonelli's Werk war, wurdc
dcr Bruch zwischen Pius IX. und dcm römi-
schen Bvlke entschiedcn. Der Cardinal, der
dem Papste nach Gaeta nachgefolgt war, er-
ließ alsbald, nachdem er jeden Versuch zur
Aussöhnling zwischen dem Papste und dem
Volke zurückgewiesen, an die katholischen Höfe
ei« Circularschreiben, in welchem er dicselben
im Jntcresseder Kirche und der Religion
zum Einschreiten aufforderte. Seine Hoffnung
war dabei vor Aüem auf Oesterrcich gerichtet,
von dem er »ie gründlichstc Restauration ves
Alten unv die entschiedenste Unterdrückung der
politischen Reformbestrebungen erwarten durfic.
Doch kam die französische Regierung, dic An-
tonelli gern fcrne gehalten hätte, den geheimen
Maßnahmen deS Cardinals zuvor, und er
mußt« es geschehen lassen, daß ein franzö-
sisches Heer bi« Unrerwerfung dcr Römer
besorgte. Nach der Uebergabe ker Stadl setzte
der französische General die päpstliche Gewalt
in allcr Form wieder ein, und der Präsident
Louis Napoleon licß es sogar zu, daß Anto-
nevi unter dem Schutzc der republikauischen
Waffen nicht nur dic Rcstauration, sondcrn
einc surchtbare und zerstörenbe Reaction vvr-
nehmen durftc. Eine merkwürdige Verkettung
der Dinge beganu. Der Cardinal und scine
gcistlichcn Genoffcn wnthcten gcgen das Vvlk
und dessen biüigste Wünsche, und um so siche-
rer knüpften sich zugleich die Bande, in wel-
chen fortan der Beschützer den Beschützten bis
zur heuti'gcn Stunde gefangen hiclt. Es steüte
sich bald deutiich hcraus, wic gcdrückt sich der
römische Hof in den Händen seines gehaßtcn
und gefürchteten Beschüxers fühlte. Aber
wqr es nicht die blinde Reactionswuth des
Cardinals, welche deo Papst in dicse Feffel
Selbst im Schooßc des Cardinalcollegiums
zeigten sich bisweilen die Folgen von der Po-
litik, wie sie damals Antvnelli betrieb. Den-
noch ^rat keine Veräuderung ein, weil der
Cardinal seine wahrhaft dämonische Gewalt
über dcn schwacheu Kirchenfürstkll zu behaup-
tcn wußte. Auch iu dcr kirchlrchen Politik
nach außen brachte Antvnclli als Cardinal,
wic als Staatssecretär dic schroffste Richtung
zur Geltung. AlS im Frühjahr 185S dem
Papste vom Pariser Cabinet Mäßigung im
Verhalten gegen das der Allianz der Westmächlc
beigetretcne Sardinien empfohlea wurde, kam
rS zwischen de« heil. Vater und Antsnelli zo
«inem Cvnflikt, von dem man hoffte, er würde
den Sturz des allmächtigen Ministers uud
Rathgeber« »ach sich ziehen. Autonelli wußte
jedoch auch diesmal die Gefahr zu bescitigen,
und setzte sich nur um so mehr im Bertraurn
seineS Herrn fest.
Ohne Zweifel hätte sich Ankvnelli beim AuS-
bruche des italienischen Kriegs gern Oester-
reich in die Arme geworfen. Aber Napo-
leon IH. saß im zu stark auf dem Nacken und
täuschte den schlauen Priester durch das Vcr-
sprcchcn, daS Gebiet des Papstes svlle im
„Kampfe" respeciirr werden. Auch jetzt
wieder erklärte sich Antonelli entschiede» gegen
alle Reformpläne, die „von außen" kommen
würdcn. Als die Oesterreicher ihre Truppen
aus dem Kirchenstaaie zurückgezogen, erhob
sich in aücn größer« Stävien die Bevölkcrung
und die Romagna steüte fich unler die Dicta-
tur Victvr Euiaauels. Antoneüi licß durch
seine Schweizer die aufgestanbeae Städt Pe-
rugia übersallen, wo die fremde Soldateska
eine furchtbare Metzelei selbst unter den fricd-
lichen Bewohnern anrichtete. Dieses Wülhrn
der päpstlichen Waffcn fachtc den Haß der
Bevölkerung gegeu die päpstliche Rcgierung
unb namentlich gcgc» den Cardinal AuloiikUi
aufs äußerste au und bestärkte zumal bie Ro-
magnolen, sich um jeden PreiS dem sardini-
schen Staate einzuverleiben.
Aber auch die Marken, auch Umbrien gru-
gen verloren. Dies AlleS kann mit größkem
Rechte das Resultat jeuer blutigen, volkSfcinv-
lichcn und starren Politik des Cardinals An«
tonelli, wclche scit 1849 die Geschicke des rb-
mischcn Staals beherrscht, genannt werden.
Und wenn der römische Hof auch bis zn die-
sem Momcnte jeden Vorschlag zu einer Ber-
söhnung mit Jtalien zurückweist, uub so lie-
der Nlles verlieren, als EtwäS noch
retten will, so ist auch Dies ebenso daS
Werk des allmächtigen MinisterS und Car-
dinals,
Deutschlamd
KarlSruhe, g. »«g. Se. K. H. der Gr-ßh-rzog
habea Sich g-jdigst bervogen geinndea, mtuelst hichster
Entschließung »om 1S. Znot d. A. de» Sto-tSmiotste«
Frcihero Rüdt ». Eoilcnbcrg »on dcm »on thm
scilher bellcidcien Posten eine« grvßh. außerordcoMchen
G-sandtcn und be»oUmächtiglca Wintstcrs -m l. r. »stere.
Hose abzurufc» uod ontcr Ancrkcnollng seioer langjahrtgrn
lreogeletstcteu ond ersxricßlichcu Dtenste to dc» Sinhestaot
zo »ersctzcuj dcu Kammerherrn Frhrn. Ludmig v. EdelS-
hetm, «olcr Bcrlethung »c« Dteastiangs als Miatstertal-
rath, zu Hschstihrem Ministerrestdeutea am t. l. «stcrreich.
Der Geigerritt.
Eine VolkSgcschichte von Feodor Wehl.
(Fortfttzung).
Jetzt muß er an der kletncn Lichtung sein, wo
der Weg nach dem Dorf ubgeht, mcinte sie, und nach
einer klcincn Weilc, nun am Tannenhügel; in
zwci Minuten muß er um dic Ecke bicgen, bis zu
der das Holz ftei ist; tn zwet Minuten, tn zwci
Minuten!
Abcr die zwei Minuten vergingen und kein Rcitrr
zeigte sich. DaS Pferdcgetrapp jedoch daucrte fort
und kam nähcr und näher, ja, sie konnte fich nicht
täuschen, sie vernahm es ganz deutlich: trabtrab,
trabtrab! erst noch fern untcr den BLnmen her,
dann auf dem fteien GraSplatze, wo eS gedämpfter
klang, und cndlich ganz nah untcr dem Fenstcr,
wo es aufhörte.
Elisabeth rieb sich die Augen, nm fich zu über-
jeugen, od sie denn auch wach sei. Sie hattc ge-
hvrt, daß Elers heran geritten gekommen war, sie
hatt« den zurückgelegten Weg Schritt für Schrttt
his zum Hause verfvlgen können und nun war vvr
drm Hause im hcllstcn Mondschein doch gar NichtS,
durchaus gar Nichts z« sehen.
Gar Nichts? Nein, eS war allcrdings etwas zu
sehcn und zwar etwas, was die arme, geängstete
Krru obeu am Fenster mit vcrdoppcltem Entsetzen
erfilltr. Sie grwahrte nämlich Pluto, den Lieb-
lingshund deS Körstcrs, mit zerriffener Kette kläf-
fend herancilen und an der Stcllc, wo Elers svnst
immer mit dem Pferde zu halten psiegte, so in die
Höhc springe», als begrüßc er seinen ebcn hetm-
gekommenen Herrn.
Diescr Austritt trieb Elsi alles Blut auS Lcm
Hcrzrn und machte thr Haar sich sträuhen. Ohne
fich zu besinnen, ohnc sich umzusehen oder irgend
ctwaS umzunehmen, eilte sie baarfuß, nur «it
Hemd und Unterrock beklcidct, aus dem Zimmer
chinaus emf dic HauSsiur, und von da auf dcn Platz,
a» die Seite deS HundcS, der noch immer wie an
dcn Beinen eineS PferdeS hinauffprang.
Und rtchüg, wie Elfi herzultef, hörtr fie da nicht,
wie das Pfcrd, als ob cS nngeduldig fti, in den
Boden fcharrte? Und fühtte sie danu nicht, wie
diesc aufgcwühlte Erdc btS über ihre nackten Küße
hergcsivgen ka« ? — Zu der That, sie HLrte u»h
fühlte daS so dcutlich, s» genau, daß fi« in di« Lust
hinein nach dem Kopf und Aügcl des PferdeS grtff,
abcr wunderbar, cS war Richts zu crfaffen, Richts
alS Luft. Ehe fic indeß über diesen Borgaug noch
recht inS Kiar« gckomme», vernahm flr anch schon
«ieder daS gespensterhafte Trabtrab und dic darauS
merkb« werdendc Entfernuug de« Pfrrde«, »em,
im Sande schnüffelnd, Plut» folgtc.
Eineu Augenblick stand EUsabcth blrich unb »rr-
strinert «ie etnc Bildsäul, da und sttertr dem getster-
haste» Geräusche nach; dann, »ls eS fich «eiter und
weiter entftrnte, überkam sir eine so entfttzkich« Angst
und einc so trauervvllk Bangigkeit, daß sie ßch stlbst
und AlleS, waS sie umgad, »ergesscnd, tn sieber-
haster Eift dem unfichtdar dahin kvttenden Roffe
zu folge» begann.
Es dauert« nicht langc, so hatte fie daSftlbe ein-
geholt und licf nun mit dem Hu«dr um bi« Wette
dem spukhafte» Trabtrab zur Seite.
Ein« geraumc Zrit ging e« den hell vom Mendc
beschienknrn Waldwcg hinauf, dann links ab in
den Korst hinein, «o ans MooS und Blättrrn, »te
noch oom vorigen Herbst dalagen, der Trttt d«S
Pferdes wenigcr deMich, aber doch immek noch
N» 188. Dienstag, 18. August 18H1»
L Autonelli u«d di« römifche
Reuetion
Wenn man auS Anlaß der bekannten neue-
sten VvrgLnge in Rom den päpstlichen Kriegs-
mniister Merode nicht nnr als das Haupt
der ganzen dortigen Reaction, sondern sogar
alS den Mann bezeichnet hat, der dem hci'l.
Vater und Antonelli' gleichsehr zu trotzen wgge,
so ist di'es eiitschl'edcn ungenau. Deng nicht
Mervde, sondcrn Antvnelli i'st dcr Aüge-
waltige ,'n Rom; Antonelli ist es, der den
Papst bcherrscht nnd der ganzen päpstlichen
Pvlitik dcn Charactcr ausdrnckt. Dies Alles
ergibt sich wohl am bcste», wenn wir auf
die gesammtc Wi'rksaiiikcit di'escs verlrautcsten
RathgcbcrS PluS IX. cl'lien kurzen Blick
werfcn.
Antonelli war schon unter der Negie-
rung deS vorigcn Papstes der eifrigste Vcr-
treter dcs geistlichen und weltlichen Despotis-
mus gcwcsen und hatte damit sein Glück ge-
macht. Als aber Pius IX. den päpstlichen
Stuhl bestieg, geselltc sich Antoneüi dcn Libe-
ralen und Reformern zu, und crwarb sich durch
diese Wandelung auch dic Gunst des neuen
Hcrrn. Durch dic Geschmcidigkeit, hinter
welcher er seinen energischen Character zn
verbergcn wußte, gewann er alsbald einen
Einfluß auf das Gemüth dcs Papstes, der
sich allmählig zu einer wirklichen Beherrschung
steigerte. Als Anfang März 1848 die Bil-
duiig cineS gemischtcn Mlnisteriums erfolgte,
das aus sechö bürgerlichen und drei geistlichcn
Mitgliedern bestand, übernahm cr darin den
Vorsitz. Der klnge Cardinal hielt cs damals
für gcrathen, mit dem Strom zu schwimmen.
Während der Papst am 14. März ein wirk-
liches Staatsgrundgesctz proclamirte, schmei-
chelte seiil Minister der nationalen Stimmung
und schickte, ohne bestimmte Znstruction, die
10,000 Mann starkc päpstliche Armee an die
nvrdlichr Gränze, wo das Corps zur Unter-
stützung der Piemontesen in die Lvmbardei
einrücktc. Dic Entwicklung dcr Dinge brachte
den Minister Äntonelli alsbald sreilich in har-
ten Widerspruch mik der herkvmmlichen Poli-
tik drr röliilschen Curie, und er sah nnn den
ersten Augcnblick ab, um wicder in die alten
Glcise einlenkeii zu können. Der Papst mußte
auf sein Andringen das Verdammungsurtheil
über den Krieg aussprechen und betheuern,
daß er seine Truppen keinenfalls zur Bekäm-
pfung der Ocsterreicher abgesandl habe. Der
Unwille des Papstes über diesen Abfall vvn
dcr nationalen Sache äußerte sich in Rom so
drohend, daß Antonelli und setue Collegea
das Fcld räumen wußten. DaS unmittelbar
Darauffolgende ist bekannt.
Mit der Flucht des Paxstes nach Gaeka,
dit vorzüglich Antonelli's Werk war, wurdc
dcr Bruch zwischen Pius IX. und dcm römi-
schen Bvlke entschiedcn. Der Cardinal, der
dem Papste nach Gaeta nachgefolgt war, er-
ließ alsbald, nachdem er jeden Versuch zur
Aussöhnling zwischen dem Papste und dem
Volke zurückgewiesen, an die katholischen Höfe
ei« Circularschreiben, in welchem er dicselben
im Jntcresseder Kirche und der Religion
zum Einschreiten aufforderte. Seine Hoffnung
war dabei vor Aüem auf Oesterrcich gerichtet,
von dem er »ie gründlichstc Restauration ves
Alten unv die entschiedenste Unterdrückung der
politischen Reformbestrebungen erwarten durfic.
Doch kam die französische Regierung, dic An-
tonelli gern fcrne gehalten hätte, den geheimen
Maßnahmen deS Cardinals zuvor, und er
mußt« es geschehen lassen, daß ein franzö-
sisches Heer bi« Unrerwerfung dcr Römer
besorgte. Nach der Uebergabe ker Stadl setzte
der französische General die päpstliche Gewalt
in allcr Form wieder ein, und der Präsident
Louis Napoleon licß es sogar zu, daß Anto-
nevi unter dem Schutzc der republikauischen
Waffen nicht nur dic Rcstauration, sondcrn
einc surchtbare und zerstörenbe Reaction vvr-
nehmen durftc. Eine merkwürdige Verkettung
der Dinge beganu. Der Cardinal und scine
gcistlichcn Genoffcn wnthcten gcgen das Vvlk
und dessen biüigste Wünsche, und um so siche-
rer knüpften sich zugleich die Bande, in wel-
chen fortan der Beschützer den Beschützten bis
zur heuti'gcn Stunde gefangen hiclt. Es steüte
sich bald deutiich hcraus, wic gcdrückt sich der
römische Hof in den Händen seines gehaßtcn
und gefürchteten Beschüxers fühlte. Aber
wqr es nicht die blinde Reactionswuth des
Cardinals, welche deo Papst in dicse Feffel
Selbst im Schooßc des Cardinalcollegiums
zeigten sich bisweilen die Folgen von der Po-
litik, wie sie damals Antvnelli betrieb. Den-
noch ^rat keine Veräuderung ein, weil der
Cardinal seine wahrhaft dämonische Gewalt
über dcn schwacheu Kirchenfürstkll zu behaup-
tcn wußte. Auch iu dcr kirchlrchen Politik
nach außen brachte Antvnclli als Cardinal,
wic als Staatssecretär dic schroffste Richtung
zur Geltung. AlS im Frühjahr 185S dem
Papste vom Pariser Cabinet Mäßigung im
Verhalten gegen das der Allianz der Westmächlc
beigetretcne Sardinien empfohlea wurde, kam
rS zwischen de« heil. Vater und Antsnelli zo
«inem Cvnflikt, von dem man hoffte, er würde
den Sturz des allmächtigen Ministers uud
Rathgeber« »ach sich ziehen. Autonelli wußte
jedoch auch diesmal die Gefahr zu bescitigen,
und setzte sich nur um so mehr im Bertraurn
seineS Herrn fest.
Ohne Zweifel hätte sich Ankvnelli beim AuS-
bruche des italienischen Kriegs gern Oester-
reich in die Arme geworfen. Aber Napo-
leon IH. saß im zu stark auf dem Nacken und
täuschte den schlauen Priester durch das Vcr-
sprcchcn, daS Gebiet des Papstes svlle im
„Kampfe" respeciirr werden. Auch jetzt
wieder erklärte sich Antonelli entschiede» gegen
alle Reformpläne, die „von außen" kommen
würdcn. Als die Oesterreicher ihre Truppen
aus dem Kirchenstaaie zurückgezogen, erhob
sich in aücn größer« Stävien die Bevölkcrung
und die Romagna steüte fich unler die Dicta-
tur Victvr Euiaauels. Antoneüi licß durch
seine Schweizer die aufgestanbeae Städt Pe-
rugia übersallen, wo die fremde Soldateska
eine furchtbare Metzelei selbst unter den fricd-
lichen Bewohnern anrichtete. Dieses Wülhrn
der päpstlichen Waffcn fachtc den Haß der
Bevölkerung gegeu die päpstliche Rcgierung
unb namentlich gcgc» den Cardinal AuloiikUi
aufs äußerste au und bestärkte zumal bie Ro-
magnolen, sich um jeden PreiS dem sardini-
schen Staate einzuverleiben.
Aber auch die Marken, auch Umbrien gru-
gen verloren. Dies AlleS kann mit größkem
Rechte das Resultat jeuer blutigen, volkSfcinv-
lichcn und starren Politik des Cardinals An«
tonelli, wclche scit 1849 die Geschicke des rb-
mischcn Staals beherrscht, genannt werden.
Und wenn der römische Hof auch bis zn die-
sem Momcnte jeden Vorschlag zu einer Ber-
söhnung mit Jtalien zurückweist, uub so lie-
der Nlles verlieren, als EtwäS noch
retten will, so ist auch Dies ebenso daS
Werk des allmächtigen MinisterS und Car-
dinals,
Deutschlamd
KarlSruhe, g. »«g. Se. K. H. der Gr-ßh-rzog
habea Sich g-jdigst bervogen geinndea, mtuelst hichster
Entschließung »om 1S. Znot d. A. de» Sto-tSmiotste«
Frcihero Rüdt ». Eoilcnbcrg »on dcm »on thm
scilher bellcidcien Posten eine« grvßh. außerordcoMchen
G-sandtcn und be»oUmächtiglca Wintstcrs -m l. r. »stere.
Hose abzurufc» uod ontcr Ancrkcnollng seioer langjahrtgrn
lreogeletstcteu ond ersxricßlichcu Dtenste to dc» Sinhestaot
zo »ersctzcuj dcu Kammerherrn Frhrn. Ludmig v. EdelS-
hetm, «olcr Bcrlethung »c« Dteastiangs als Miatstertal-
rath, zu Hschstihrem Ministerrestdeutea am t. l. «stcrreich.
Der Geigerritt.
Eine VolkSgcschichte von Feodor Wehl.
(Fortfttzung).
Jetzt muß er an der kletncn Lichtung sein, wo
der Weg nach dem Dorf ubgeht, mcinte sie, und nach
einer klcincn Weilc, nun am Tannenhügel; in
zwci Minuten muß er um dic Ecke bicgen, bis zu
der das Holz ftei ist; tn zwet Minuten, tn zwci
Minuten!
Abcr die zwei Minuten vergingen und kein Rcitrr
zeigte sich. DaS Pferdcgetrapp jedoch daucrte fort
und kam nähcr und näher, ja, sie konnte fich nicht
täuschen, sie vernahm es ganz deutlich: trabtrab,
trabtrab! erst noch fern untcr den BLnmen her,
dann auf dem fteien GraSplatze, wo eS gedämpfter
klang, und cndlich ganz nah untcr dem Fenstcr,
wo es aufhörte.
Elisabeth rieb sich die Augen, nm fich zu über-
jeugen, od sie denn auch wach sei. Sie hattc ge-
hvrt, daß Elers heran geritten gekommen war, sie
hatt« den zurückgelegten Weg Schritt für Schrttt
his zum Hause verfvlgen können und nun war vvr
drm Hause im hcllstcn Mondschein doch gar NichtS,
durchaus gar Nichts z« sehen.
Gar Nichts? Nein, eS war allcrdings etwas zu
sehcn und zwar etwas, was die arme, geängstete
Krru obeu am Fenster mit vcrdoppcltem Entsetzen
erfilltr. Sie grwahrte nämlich Pluto, den Lieb-
lingshund deS Körstcrs, mit zerriffener Kette kläf-
fend herancilen und an der Stcllc, wo Elers svnst
immer mit dem Pferde zu halten psiegte, so in die
Höhc springe», als begrüßc er seinen ebcn hetm-
gekommenen Herrn.
Diescr Austritt trieb Elsi alles Blut auS Lcm
Hcrzrn und machte thr Haar sich sträuhen. Ohne
fich zu besinnen, ohnc sich umzusehen oder irgend
ctwaS umzunehmen, eilte sie baarfuß, nur «it
Hemd und Unterrock beklcidct, aus dem Zimmer
chinaus emf dic HauSsiur, und von da auf dcn Platz,
a» die Seite deS HundcS, der noch immer wie an
dcn Beinen eineS PferdeS hinauffprang.
Und rtchüg, wie Elfi herzultef, hörtr fie da nicht,
wie das Pfcrd, als ob cS nngeduldig fti, in den
Boden fcharrte? Und fühtte sie danu nicht, wie
diesc aufgcwühlte Erdc btS über ihre nackten Küße
hergcsivgen ka« ? — Zu der That, sie HLrte u»h
fühlte daS so dcutlich, s» genau, daß fi« in di« Lust
hinein nach dem Kopf und Aügcl des PferdeS grtff,
abcr wunderbar, cS war Richts zu crfaffen, Richts
alS Luft. Ehe fic indeß über diesen Borgaug noch
recht inS Kiar« gckomme», vernahm flr anch schon
«ieder daS gespensterhafte Trabtrab und dic darauS
merkb« werdendc Entfernuug de« Pfrrde«, »em,
im Sande schnüffelnd, Plut» folgtc.
Eineu Augenblick stand EUsabcth blrich unb »rr-
strinert «ie etnc Bildsäul, da und sttertr dem getster-
haste» Geräusche nach; dann, »ls eS fich «eiter und
weiter entftrnte, überkam sir eine so entfttzkich« Angst
und einc so trauervvllk Bangigkeit, daß sie ßch stlbst
und AlleS, waS sie umgad, »ergesscnd, tn sieber-
haster Eift dem unfichtdar dahin kvttenden Roffe
zu folge» begann.
Es dauert« nicht langc, so hatte fie daSftlbe ein-
geholt und licf nun mit dem Hu«dr um bi« Wette
dem spukhafte» Trabtrab zur Seite.
Ein« geraumc Zrit ging e« den hell vom Mendc
beschienknrn Waldwcg hinauf, dann links ab in
den Korst hinein, «o ans MooS und Blättrrn, »te
noch oom vorigen Herbst dalagen, der Trttt d«S
Pferdes wenigcr deMich, aber doch immek noch