Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861(Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
August
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2815#0205

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
D 21>ü


Dienstag, 27. Äugust


Deut s chlan d.

c? Heidelberg, 2H. Zlugust. General-
versammlung dcs Nativnalverelns.
(Fortsetznilg.)' Zndcm lvir noch bemerken, daß
zu Vicepräsidenten die Herren Rechtsanwälte
Streit von Koburg und Fries von Weimar
ernannt worden waren, gehen wir über zn
dem Jnhalke des bereits angeregten Berichies
über die politischc Lage Deutschlands, sowie
die pvli'tische Thäti'gkeit des Vereins während
des letzten Jahres. Dieser von Dr. Brater
in Mnnchen (Redacteur der Süddeutschen Zei-
tung) init eben so anschaulicher Klarhei't, als
ausfiihrlicher Genaui'gkelt abgefaßtc Bericht
erwähnt im Detail sämmtliche zur Frage kom-
ineiiden Vcrhältniffc Deutschlands, sowie des-
sen eiuzelner Staaten. Was die Bestrebun-
gen zur Erzielung ciner gcmei'iisainen Gesetz-
gebung bctrifft, so macht der Bericht, in ähn-
licher Weise, wie schon frühcr eine Anzahl
liberalcr Zeitschriften, darauf aufmersam, daß
ein solcher hochwichtigcr Act nicht von dem
absoluten Landtagc ausgehen könne. An die-
sen könnten die einzelnen deutschen Landtage
ihr Gesetzgcbungsrecht nicht abtrcten, sondern
nur an ein deutsches Parlament, oder in einst
weiliger Ermangelung deffen, an einen aus
Abgevrdneten der verschiedenen Landtage zu-
sammengesetzten Ausschuß. Zu dem Ende sei
jedoch nothwcndig, daß nur nati'vnalgesinnte
Männer in die dcutsche Kamnier kvmmen.

Hierauf gesti'itzt war folgcndcr Antrag des
BereinSausschnffes: „Di'eGeneralversammlung
erklärt es im Angrsicht der gegenwärligeu in-
ncrn «nd änßern Lagc des Vaterlandcs für
dic dringciidstc Psiicht der Vereinsiiiitgliedcr,
bei dcn Wahlen zu den Volksvertretungen der
Einzelstaaten darauf -hiliziiwirken, daß nur
Abgeordnktc gewählt werdcn, welche für die
Herstellung ciner einheitlichen Centralgewalt
und eines deutschen Parlaments zu wirken
cntschloffen sind."

' Auch dic Begründung dieses Antrags ge-
schah dnrch das Ausschiißmitgllev Fries. Ei-
nige Amendcments warrn von einzclnen Mit-
gliedern vorgeschlagcn, fänden jedoch keine be-
sondere Unterstützung, so daß schließlich jener
Antrag mit emincnter Stimmcninchrhelt, welche
an Stimmenklnhelligkeit grenzte, von dtr Ver-
sammlnng angenommen wurde.

Die östcrreichische Frage wurde von Herrn
Pfciffer aus Siuttgart in Anregung ge-
bracht. Derselbe erblickt in dcm Zustande-
kommen der öÜerreichischcn Gesamnitstaalsvcr-
faffuiig eine Gesahr für Deutschland, eine Un-

mögli^keit für die Äeutfch-Ocsterreicher mit
Deutschland i'n Verbindung zu bleiben, und
selbst eine Verlctznng der Verträge von 1815,
indcin die damäls stlpulirtc unäuflösliche Vcr-
biiidüng der österreichlsch-deutschen Provinzen
niit Deutschland gelvckert wurde.

Herr Mencke aus Brenien stelltc und be-
gründetc auf dicfes hin einen Anträg dahin:
„daß die Reugestaltüng Oesterreichs auf Grund-
lage des October-Diploms und des Februar-
Pätents nicht vereinbar sei mit der bundes-
rcchtlichen Stellüng und den biindesrechtltchen
Pflichten Oesterreichs.

Dr. Miquel aus Götkingcn bekampfte
di'esen Antrag unb die ihm fu Grunste l'iegen-
deii Änsichten iü kiarer trefflicher Rede auf
erfolgrciche Wcise. Durch Ocstcrrelchs neue
Bcrfaffung, erklärtc hcr Redner, würde Deutsch-
Oestcrrelch in keinein Faüe mehr von Deutsch-
land lösgeriffcn, als dicses vorher schon
durch dic Polikik der österreichischen Regicrung
geschehen sei. Er sei selbst in Oesterreich ge-
wesen und habe sich die Verhältiiiffc mit ei-
genen Augen äilgesehcn. Er habe gefunden,
daß die große Mäffe der Deutsch-Oesterreichcr,
nainentlich die gebildeten Klaffen, den öster-
reichischen Gesammtstaat auf frei-
h c i tlichenGrundlagen woüen. Zudcm
fchäffe die österreichische Verfafsung keine Cen-
traiifativn; sie laffe die einzelnen Landtage
bestchen und sei kcinc völlig eiiiheitsstaatliche,
sondern mehr eine bundcsstaatliche Berfaffung,
i« ähnlicher Weise sci das Wesen der Sache.
Durch scheinbar cntgegenstehenbc Worte, z. B.
des Ccntralstaates, wte ihn die Dcutschcn be-
gehren, im Gcgensaße zü deln Föderativstaat,
wie ihn die Czechen, Polen u. s. w. wollen,
dilrfe-.ma>i fich nicht irre machen laffcn.

Kämpfe dcr Näti'onälvcrci'n gcgcn vie ösier-
lllchischc Verfaffung, so kämpfe er nicht gegen
den Äbsvlütismüs, söndern g'egen die ltberalen
Dkütsch-Ocsterrcicher an, und würde zum
Bundesgenoffeii der Büreaukratcn, Ultramou-
tanen, Feudalen, der MagKarcn, Kroaten,
Czechen u. s. w. (bckanniermaßen sind in
Ocsterreich die Födcralisten und Absolutistcn
im Reichsrathe vcrcinigt). Diescn Lcßteren
dürfe man doch wahrlich nicht in die Hände
arbki'ten. Ein Föderalismus in Ocsterrcich
würde die Spreüguiig der Monarchie herbci-
führen. Dagegen fordcre eine liberale öster-
rcichische Politilf äuf der Grundlage der Volks-
intcreffen zügleich ein mächtiges und einiges
Leurichlank. Äus lctzierem die Oesterreicher
hinäuszuwerfen — wie man immer nvch so
häüstg höre — hieran denke män nicht. Aber

ganz Oesterreich könne nicht in Dentschland
eintreten, und i« einen compacten deutschen
Äundesstaat auch nicht ein einzelner Theil
Oesterreichs. Also sei nur das Verhältiiiß des
Stäatenbundes möglich (wie ein solches ;ur
Zeit auch zwischea säinmtlichen deutschen Staa-
ren a«f Grnndlage der Bundesacte eristirt).
Wenii die Deütschen den demschcn Bundcsstaat
(vorerst) schaffen, so werden die deutfchen
Oefterreicher an diesem einen mächtigen Rück-
ha!t haben und zugleich ihren höhen Beruf,
deutsche Cultur nach Osten zu tragen, nun-
mehr erfüllcn können. — Die zutreffendc schla-
gende Äündigkeit dieses Vortrages, der von
großem Beifall begle>tet war, wurde allgeinel'n
ancrkaunt. Der Menke'sche Antrag erhielt
auf dieseS hin nur einige wcnige Stlminen,
war svmit als entschieden abgelehnt zu be-
trachten.

Nach der Tagesordnung kam nun dic k n r-
hessische Angelcgenhcit zur Verhaudlung.
Der Vereinsausschuß hatte seinen darauf hin-
zielendcn Antrag in befonderem Abdrucke ver-
theilen laffen. Derselbe lautet:

1) Die Versammlung spricht dem kurhes-
sischen Volke wicderholt ihre volle Anerken-
nung aus für den Muth,- die Ausdauer unb
die Aufopfcrung, welche daffelbe in dem fort-
gescßten Kampfc fär sein Recht bcthäkigt hat.

2) Die Versammlung begrüßt mit freudi-
ger Zustimmung den von der Grvßh. Bad.
Regierung bei dcr Bundesversammlung un-
ter dem 4. Juli v. I. gestcllten Antrag in
der kurhcssischen Verfaffungsfrage und dcffcn
Motivirung, als den wahren Ausdrnck deffen,
was die öffentliche Stimme zur Sühne ees
durch die Borgänge in Heffen schwer gekränk-
tcn Rechtsbcwußtfeins der ganzen Ration ge-
bieterisch fordert.

3) Die Bersammlung spricht die Uebcrzeu-
gung aus, daß nur aus der Garantie fester
Rechtszustände den Regierungen die Kraft
erwachsen kann, Hanb in Hand mit ihren
Völkern den schweren äußercn Verwi'cklungen,
die unser Vaterland bedrohen, vollkommen
gerüstet cntgegen zu treten.

Dieser Antrag wurde von Dr. Ladenburg
aus Mannheim näher.bcgründet. Hierauf er-
griff Hr. Geh. Rath Welcker das Wvrt,
schlug eini'ge Veränderungen in der Redaklion
dicseS Antrags vor, sctzte sodann die slaats-
rcchtliche Se>te-der kurhefsischen Frage aus-
einander und sprach sich mit großer Enkrüstung
über das von Seiken der legitimen Geivalten
hierbei eingehaltene Berfahren aus, welches

Unvrrhofft.

Von Hermann Schmid.

(Fortschung).

Jede Dorfschaft rühmtc fich, unter threr männ-
lrchen Jugend die rüstigstcn und stärkstcn Burschc,
die besten TLnzer, Sänger und Cikherspiclcr zu
bcsitzcn. Wo sich bie Parteicn trafen, begann das
Ncckcn, und die auS dem Stcgreife gedlchtetcn Trutz-
lteder flogcn «ic ein Hummelschwarm summend
und näch allen Sciten stechend hin und her.

So erging cs auch diesmal. Die Rcimc von Fisch-
bachau «urdcn bald herausfordcrnd und spitzig,
und die von Birkenstein bedachten sich keinen Au-
genblick, das Gefccht anzunehmen, «enn sic aüch
schon mchrmals bei solchen Anläffcn den Kürzcrn
gczogen hatten. Hcute aber schien sich das Blätt-
chcn wendcn zu wollcn, dcnn die Birkenstcincr hät-
tcn eincn Bundesgcnoffen bci sich, der keine Ant-
wort schuldig blieb und es so recht darauf abgcschen
zu haben schicn, dcnen von Fischbachau und ihrcm
stattlichen Anführer den Kranz des Sieges zu ent-
reißen.

Dcr das thät, war cine ganz ändere Srscheinung
alS Tvn(, der Holzknccht auS dcr Fälcp, ünd aüf
den erstcn AMick'nicht darnach ängcthan, sich mit
ihm mcffcn zu könncn. Wie sencr übcr das Mäß
gcwöhiilichcr Winnergröße hinaüsgewachsen, war
cr wcit üntcrdiesem zurückgeblieben, und dcm kräf-
tigcn Körper dcsselben hattc cr nur eincn zwar
durchäus ebcnmäßigcü, äher fcinen und schwächti-
chen Gliedcrbau entgcgen zu stellen. Dcmüngcächtet
hätte cr für cinen saubern Burschcn gelten könüen,
hättc thn nicht ein ansehnlrcher Höcker entstellt, der
den Rücken hätzlich vcrkrümmte und auch die Brust
zu ctwas unregclmäßiger Wölbung üerschoben hatte.
Dagegen konnte ihm dcr Vorzüg nicht cntgehn,
weün man die Köpfe und Gesichtcr verglich, und
wer dem Kleinen in die feinen blaffen Züge und
in das sinnvollc draune Auge sah, mochtc leicht dcn
Höcker darüber vergeffcn.

.Franz — so hicß dcr Buckelige — trug zwar die
gewöhnliche Tracht dcr Gebirgsbewohner, aher mit

eiwas stgbtifch verandertem Schnitt; auch dic zartc
Haui dcr schwiclenlosen HLnde verrieth, daß ihr
Besitzer sich nicht dcn Pstug oder die Hackc crwählt
hätte. K« seinem ganzen Wesen w«r unverkennbar,

daß cr längere Zeit vom Lande cntfernt gelebt haben
mußte, und doch war er ihm iiicht cntfrcmdet, pcnn
er war mit allen Beziehuiigen vertraut und wußtc
jede Anspielung mit ciiicr noch treffcndcrn Wcn-
dung abzuwehren. Äuch vor ihn wär eiiie Cithcr
hingestellt worden, und sö sehr sich Toni bemühte,
»cue Wcisen zn bringen und so rccht zierlich vorzu-
tragen, scin Nebenbuhter «ußte immcr noch schönere
entgegenzusctzcn und sie auf cine Art zu spiclcn,
daß sich batd cin Kreis »on Zuhörern bildctc, dcffen
Äufmcrksamkeit ausfchlietzend dem neuen Künftler
zugewendet wär. Auch im Singen hatte er bald
deu Vorrang; denn obwohl kuüstloS, sang cr mit
sehr angenehmer und wohlgeübter Stinime, gegen
welche der baurischc Vortrag des Edlingcr Toni
bcdcutend zurückblicb. Der wurde dädurch unwirsch,
und je hitziger cr sich wicder Hinaufzuarbcitcn suchtc,
dcsto spitzigcr wurdeü scine Reime. Äber cr hatte
hcute entschiedencs Unglück, denn drr Bucklige hlieb
thm üichts schuldig, sondern gab ihm jedeömal dop-
pelt zurück. Wcnn er im trotzig heraüsfordernden
Tone begann:

„Und die Fischbacher Burjchen

San (sind) allweil' alleri,
 
Annotationen