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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Schulze, Otto: Das Schmiedeeisen in der angewandten Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0200

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INN EN-DEKORATION

der Charakter des Werkstückes hervor, der unter dem
Hammer die mannigfaltigste Abstufung erfährt. Ein
im Feuer mißlungenes Stück ist in diesem Sinne
charakterlos, denn jedes Übermaß an Nacharbeit setzt
seinen Wert herab.

Bei der großen Meisterschaft, deren sich unsere
Schmiedekunst rühmen darf, ist es bedauerlich, daß
ihr im großen ganzen bescheidene Aufgaben zufallen.
Die Nüchternheit unserer Straßen- und Friedhofgitter,
unserer Lichtträger und anderer Eisenkonstruktionen
im Straßenbilde ist häufig betrübend. Die großen An-
strengungen, die gemacht worden sind, um das lang-
weilige Massenprodukt des Gußeisens von jenen Stellen
zu beseitigen, ließen es gerechtfertigt erscheinen, der
Schmiedekunst lohnende Aufträge zu geben. Es muß
hierbei rühmend anerkannt werden, daß bei öffentlichen
Bauten neben den Kunstgewerblern im Bauhandwerke,
wie Schreinern, Malern, Kunstverglasern und anderen,
auch der Kunstschlosser zu seinem Recht kommt.
Gerade im letzten Jahrzehnt sind für Monumentalbauten
Kunstschmiedearbeiten entstanden, die überwiegend als
Meisterwerke bezeichnet werden müssen. Es handelt
sich um Schöpfungen, die zumeist nicht nur der Größe
nach, sondern vor allem nach Inhalt, Formgebung und
Technik unsere Bewunderung herausfordern. Noch
immer steht der deutsche Kunstschmied und Kunst-
schlosser in seinem Fache an erster Stelle in der
Welt; er ist gerade eine im Auslande gern gesehene
Arbeitskraft.

Doch der Profanbau des Bürgers entbehrt noch
vielfach der Werke des Kunstschmieds; darin wird
noch immer gespart; auch auf den Friedhöfen ist

Mangel an guten Einfriedigungen, schmiedeeisernen
Kreuzen und dergleichen. Recht erfreulich ist es, daß
die meisten unserer Kunstschlosser, der in meiner
Auslegung eben mit dem Kunstschmied eine Person
ist, auch in zeichnerischer Hinsicht hinter ihrem
Können nicht zurück sind und damit sehr gut befähigt,
sich mit ihren Bestellern schon durch die Anfertigung
von Entwürfen zu Gunsten einer Auftragserteilung an
sie als Urheber des Entwurfs verständigen zu können.
Hier gilt keine Anklage für den Niedergang des
Handwerks und Kunstgewerbes, auch nicht in wirt-
schaftlicher Beziehung. Materialwiderstände zeitigen
energische und intelligente Arbeitskräfte, während die
Bildfähigkeit des überaus edlen Stoffes, den die Arbeit
um ein Vielfaches adelt und wertet, sie stark ästhetisch
beeinflußt. Die Kunstschmiede Deutschlands werden
nach wie vor dafür sorgen, daß ihre Werke in voller
Ubereinstimmung mit den Forderungen der Zeit bleiben.
Wenn irgend jemand, so haben sie es in der Hand,
den deutschen Charakter darin zum Ausdruck zu
bringen, und zwar auch in jenen Dingen, die dem
Innern des Hauses, der Raumkunst angehören. Hier
sind der Möglichkeiten so viele für Kleingerät und
Beschläge, daß auch die am deutschen Eisenwerk
so oft gerühmte Feinarbeit vollauf zu ihrem Recht
kommen kann. Zu unserm großzügig und werkmäßig
gestalteten Mobiliar paßt so bearbeitetes Eisen durch-
aus. Auch darin ist in neuen Formen bereits
Mustergiltiges geleistet worden. Und somit können
wir bester Zuversicht sein für das Wohlergehen der
deutschen Schmiedekunst und Kunstschlosserei in der
Zukunft auf allen Gebieten. — otto schulze—Elberfeld.

entwurf von architekt georg appel—münchen.
 
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