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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Lasser, Moritz Otto von: Das Haupt-Restaurant der Ausstellung München 1908: erbaut von Architekt Professor Emanuel von Seidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0322

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304

INNEN-DEKORATION

BILDHAUER KARL Kalksteingruppe: »Phantasie«.

EBBINGHAUS—MÜNCHEN. vor dem Hatipt - Restaurant.

Wir möchten nun den Leser ins Innere des
Restaurants geleiten, darin herumführen — wahrlich
keine leichte Aufgabe! Nicht etwa deshalb, weil eine
unabsehbare Fülle an Detail an uns herandrängt —
dies ist nicht der Fall — sondern weil der Architekt
gerade im Inneren seines Bauwerks schier übermensch-
liches geleistet hat. Jeden Vergleich gibt man ange-
sichts dieser Interieurs alsbald als gänzlich nichtssagend
auf; die Kritik verstummt, da vor etwas ungeahnt
neuem stehend; alle Maßstäbe lassen im Stiche und
mit kühlem Verstände einem derartig wagemutigen
Schaffen nachzugehen, gibt man auch alsbald und gerne
auf. So wie Seidl im Festsaal und den Nebensälen
diesmal verworfen hat, was wir Leute des Wortes mit
Satzlehre, Satzgefüge, Interpunktion benennen, um ganz
willkürlich und nur seinem Geschmack vertrauend, zu
schalten und zu walten.

Man muß also diesen Interieurs mit den Augen
der Liebe und der Güte nahen, ein anderes Rezept
weiß ich nicht. Und man muß hier wieder vom
grandiosen Orchester reden. Denn Seidl sammelt es
da wieder um sich, um besonders in dem großen Fest-
saale mit wahrhaft dramatischem Schwünge ein Weihe-
festspiel aufzuführen. Diese leichte und großartige
Geste des Befehlens war sonst nur Makart eigen, aber
bei aller Knappheit solch unerhörter Glanz — das ist
Seidls spezielle Tat! Anmut ist hier zu einem
monumentalen Ereignis geworden.

Doch kann von uns nicht verlangt werden, die
Interieurs in einer erschöpfenden Würdigung zu geben,
dazu würde nur die Form einer Monographie ausreichen.

Zudem lassen bekanntlich Worte der Farbe gegenüber
vollkommen im Stiche; der große Festsaal aber sowohl
als wie die Nebensäle bauen ihre Wirkung zum großen
Teile auf der raffiniert verwendeten Farbe auf. Denn
war Seidl stets ein aparter Farbenzauberer: hier hat
er alle seine Leistungen weit überboten und handhabt
Nuance und vollen, leuchtenden Wert mit einer Sicher-
heit, die einen wahrhaft berauscht. Die dunklen Sesseln,
die schönen Holzflächen, die weißen Wände, die aparten,
ja ganz fremd tuenden Farben der Wandfluchten des
einen Nebensaales, die zarten Bilder, die kostbar ge-
deckten Tische, der Beleuchtungskörper glitzernd Ge-
riesel, die herrliche Teilung großer Abmessungen durch
streng gerade Linien, die nettesten Blumen-Arrangements
auf den weißen Tischen, dazu die reichgekleideten
fremden Frauen, die sich im Festsaal und Nebenräumen
behaglich fühlen — das müßte alles in einem gar er-
lesenen Deutsch, als Skizze oder Plauderei, gegeben
werden, und nicht in der trockenen Weise eines Referats.
Wie prachtvoll und prachtschön nur die Portale allein
schon dastehen, zeigen immerhin einigermaßen unsere
Bilder; von der Eleganz der Interieurs geben sie wohl
auch einen Begriff, und wohl auch einen von den ge-
waltigen Dimensionen des Festsaales, Das Decken-
gemälde dieses Saales hat Professor Ludwig Herterich
geschaffen. Ich erwähne es in diesem Zusammenhang
nur kurz; vielleicht lag es an dem trüben Tag, an
dem ich das Restaurant zum letzten Male sah, daß
es mir in der Farbe trocken und viel zu schwer er-
schien , überhaupt zu viel Staffeleibild und zu wenig
Schmuck . . . Ein Fresko, das muß leicht und spielerisch

BILDHAUER BERNHARD Kalksteingruppe: »Reichtum«

BLEECKER — MÜNCHEN. vor dem Haupt - Restaurant.
 
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