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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Lasser, Moritz Otto von: Das Haupt-Restaurant der Ausstellung München 1908: erbaut von Architekt Professor Emanuel von Seidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0323

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INNEN-DEKORATION

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dahinfluten ... es muß etwas von der nachlässigen
Schönheit eines wirren Perlengehänges haben . . . Pro-
fessor Fritz Erler schiene mir da, schon was die Zart-
heit des Tones anlangt, besser am Platze. Aber war
denn das Deckengemälde überhaupt nötig — hätte
nicht gerade unser Künstler, unser Architekt eine
pikantere Lösung finden können? Darauf muß vor allem
geantwortet werden, daß der Architekt gehalten war,
Malerei und Plastik möglichst bei seinem Bau heranzuziehen
— in München wollen einmal bei derartigen Anlässen
alle Künstler zu Worte kommen. Inhaltlich genommen
werden übrigens die dekorativen Malereien Herterichs
sicher Anklang finden . . . schaut man doch tanzende
Paare in einer barocken Gartenarchitektur und als
Pendant, eine Gruppe Münchner Künstler, die in einem
Garten Zusammenkunft halten und der Unterhaltung
pflegen; Professor und Präsident der Münchner Sezession,
Hugo Freiherr von Habermann, habe ich da oben ge-
sehen, Professor E. v. Seidl auch, der Gitarre spielt, und
andere Vertreter der bildenden Kunst. So soll wohl
das Ganze gleichsam ein Gedicht in Farben auf die
Stadt München, auf die Stadt der Künstler, des Froh-
sinns und der Lebenslust sein.

Doch, wie schon gesagt, der große Saal ist ja
selbst eine Dichtung, ein edel Kunstwerk, was Farbklänge
anlangt und das zarte Lila der Porzellanfliesen und
-Reliefs drängt einen wie gütige feinbehandschuhte
Frauenhände hinein in diese Wunderwelt von Tönen,
in diese lichte Welt »wo — nach der Münchner
Zeitung — die raffiniertesten Farben und Formen zu
einem unerhört festlichen Konzert zusammenklingen.«

PROFESSOR HERM. Kalksteingruppe: »Schönheit*.

HAHN— MÜNCHEN. vor dem Haupt - Restaurant.

BILDHAUER FRITZ Kalksteingruppe: * Kraft*

BEHN—MÜNCHEN. vor dem Haupt-Restaurant.

Deren vortrefflichem Referat erlaube ich mir auch noch
zu entnehmen, daß der »große Saal« 520 Quadratmeter
groß; man mag sich also den Schwung, den da schon
von vornherein alles atmen muß, selbst ein wenig aus-
malen. — Die beiden Seitensäle auch nur annähernd so
elegant hinzustellen, wie sie in Wahrheit sind, vermag
ich auch nicht. Oder ich könnt's nur auf großen Um-
wegen . . . Unter anderem sieht man auch da wunder-
schöne Bilder von verschiedenen Palettegewaltigen unserer
Stadt, sieht sonstige Schmuckmittel reizend, ach, in
wahrhaft hinreißender Weise verwendet — und sieht auch,
daß diese kleineren Säle intimere Anklänge nicht gänz-
lich auszuschalten bestrebt sind. Der große verschmäht
es stolz, derlei zage, zarte Saiten überhaupt nur an-
zuschlagen: nur Prunkraum, entzückt er das Auge,
wendet er sich an den Geist . . . allein der Mensch
des gewohnen, täglichen Lebens fühlt sich in seinen
Grenzen wohl auch stets als — Gast.

Und damit kommen wir zu einem Standpunkt, von
dem aus sehr wohl verschiedene Beurteilungen der
Seidischen Arbeit möglich. Der eine oder der andere
wird vielleicht sein Urteil folgendermaßen formen:
»Und doch . . . auch diese strahlende Leistung hat ihre
Schatten, wirft Schatten«. Mag sie auch in Zukunft ge-
feiert, studiert, nachgeahmt werden, sie hat deren. Wie
man jedes große Glück teuer erkauft, so ist es auch
Seidl gegangen. Sein Oratorium in Licht und Farben, sein
hohes Lied auf den Luxus, es hat ihn doch viel gekostet.
Zunächst einmal mußte da der »intime gemütvolle Seidl«
zurücktreten. Zweitens ist es wohl eine berechtigte Frage,
ob man im Profanbau, im Saale eines Restaurants! mit
 
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