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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 46.1935

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Herrmann, Trude: Ein Wunschtraum ist erfüllt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10947#0269

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INNEN-DEKORATION

257

Beginnen Sie einzusehen,
daß dieser Schrank wirklich
ein Wunderwerk ist, das
einen bezaubern muß ? -
Oh, Sie kennen ihn erst zur
genauen Hälfte!

Denn nun folgt erst die
Kombination von Schuh-
und Hutabteil. Auf schwenk-
baren Ständern thronen vor-
nehm und zugleich devot
die Gebilde aus Stroh, Stoff
und Filz. Auf herauszieh-
baren Rosten harren unter-
tänig die Stiefelchen und
Sandaletten in Reih und
Glied, und da zum Schuh
nun einmal unmittelbar der
Strumpf gehört und man
kaum eines ohne das an-
dere anzieht, bietet der
Schrank gleich darüber ein
paar englische Züge für
Strümpfe dar. Und den Ab-
schluß des Ganzen bildet
endlich der Raum für die
Kleider. Da der traditio-
nelle »Hutboden« oberhalb
wegfällt, bietet er genug
Tiefe auch für knöchellange
Abendroben, und die unter-
sten fünfundzwanzig Zenti-
meter brauchen nicht auf

h. zweigenthal »offene schrankwand« rechte hälfte: hüte, schuhe, kleider ^em Boden ein zerknülltes

Dasein zu fristen. Die Bügel
hängen auch nicht quer
der Breite an einer Metall-
steckblumen, Waschblüschen, alles liegt manierlich stange, sondern werden, mit dem »Gesicht« der Klei-
und griffbereit getrennt. Daneben, fast ein bißchen der nach vorn vorgezogen. Drei Reihen neben-
unwirklich und märchenhaft in der vollendeten Ge- einander erleichtern Wahl und Griff,
staltung: der eingebaute Toilettentisch. Eine gläserne Man kann sich an diesem Möbel von Kopf bis Fuß
Tischplatte wird heruntergeklappt, der Hintergrund anziehen und zurechtmachen, ohne kaum einige
ist mit Spiegel ausgelegt, mit seiner Hilfe steigert sich Schritte zu tun. Und wenn man nicht gerade ein zur
die eingebaute Röhrenlampe zu doppeltem Effekt, Ordnungsliebe völlig untaugliches Objekt ist, so muß
und an der Seite klettern Glasbrettchen hoch und man ganz einfach unter der Schutzherrschaft dieses
schaffen Cremebüchschen, Fläschchen, Tuben, Käst- Schrankes vor jedem Verräumen und Nichtfinden-
chen und Rollen, Zerstäuber und Bürsten, kurz: jenem können verschont sein und bleiben. Sechs Meter
Vielerlei, das dem Toilettentisch der Frau den persön- lassen sich denn doch nicht so rasch überfüllen,
liehen Reiz gibt, einen ebenso sauberen wie wirkungs- *

vollen Rahmen. Puderwatte und Abschminkpapier Das größte Geheimnis dieses idealen Möbels aber

verschwinden in dem Papierkorb, den man mit einem ist, daß man ihm seine wirkliche Größe äußerlich

Türgriff herausschwenkt. Er nimmt auch den ange- kaum anmerkt, daß es bei geschlossenen Türen weder

fangenen und wieder zerrissenen Brief auf, den die plump noch schwer wirkt, sondern durchaus den Stil

Dame am benachbarten Schreibabteil abfaßte. Sie eines Damenzimmers rechtfertigt (Abb. S. 255). Er

rindet in der bequemen Fächereinteilung rasch einen blickt ruhig, glatt und bescheiden und läßt nur ahnen,

neuen Bogen, und die Lampe mit Blendschirm spen- welche Fülle sich hinter seinen Türen verbirgt, so als

det ihr Licht. Darüber Züge, darunter Schubladen, wenn er sich immer wieder jene Überraschung sichern

zum Kramen und Wühlen, ihr Inhalt darf ungestraft wollte, die wir bei der ersten Begegnung mit ihm

unermeßlich sein: Photos, Bilder, Briefe, Tagebücher. empfanden. — trude herrmann-berlin

1935. viii. 2
 
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