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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 46.1935

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: König Jedermanns Paläste
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https://doi.org/10.11588/diglit.10947#0375

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INNEN-DEKO RATION

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ABSCHLUSS DES SPEISESAALS WANDBILD : F. P. BLUM-BERLIN

länder mußten mit den Erfindungen ihrer besten leuchtet man die Hotelgemächer, die Speisesäle und
Köpfe beisteuern, um ihn ins letzte mit allem, was Festräume - o unerhörtes Wunder - schier märchen-
angenehm und bequem ist, zu erfüllen. haft - mit Gas. Die von der älteren Generation ent-
in Deutschland erscheint das Wort Hotel für Gast- sinnen sich genau noch der eisernen Röhrenarme mit
haus erst im 19. Jahrhundert. Das Dampfroß ist er- den singenden und rötlich flackernden Gasflammen,
funden, ein Netz von Schienenwegen ist über die deren peinlich technischer Mißgeruch ein Hotel Royal
Länder gesponnen, der Postkutschenzauber ist in die bis in den letzten Winkel mit einem durchaus nicht
Rumpelkammer gewandert, der Verkehr hat sich königlichen Duft erfüllte. Und doch - wie modern,
modernisiert, er ist sicher und schnell geworden, an wie fortschrittlich wirkte gerade dieser Duft, wenn
die Stelle der altmodischen biedermeierlichen Post- man von der Provinz nach langer Bahnfahrt in die
haltereien sind stattliche Bahnhöfe getreten, was geschweifte rotsamtene Pracht der Mahagoni-Roko-
Wunder, daß dem fortschrittlichen Stolz der neuen komöbel versank.

Zeit das Wörtchen Gasthaus abgegriffen und propa- Und noch mehr des Luxus: Badezimmer werden

gandistisch reizlos erscheint. So greift man zu dem eingerichtet, man öffnet zwei Hähne, und kaltes und

Fremdwort Hotel, das den uralten Gasthausbegriff heißes Wasser strömt in die Wannen. Wo hatte es

weltmännisch übergoldet. Bahnhofhotels, Hotel Con- das je gegeben ? Wenn der greise Kaiser Wilhelm

tinentals und Royais oder gar Europäische Höfe wer- baden wollte, dann ließ er sich eine Badewanne aus

den erbaut und bilden die vielgenannten Marksteine dem Hotel de Rome leihen, denn selbst im könig-

des neuen Reiseverkehrs, während die alten zoologi- liehen Schloß gab es noch keine Badestube,

sehen Gasthäuser Stern um Stern in den Reisehand- An Stelle der gemütlichen Wirte mit Schürze und

büchern verlieren. Denn die Technik gibt den Groß= Zipfelmütze, wie sie sich von Chodowieckis Tagen

stadthotels immer neue Bereicherungen: Es werden bis zu denen eines Schwind und Spitzweg und darüber

Zentralheizungen eingerichtet, die alle Räume gleich- hinaus noch auf dem Lande und in der Kleinstadt

mäßig erwärmen, es verschwindet aller altväterlicher erhalten hatten, ist der elegante Hotelier getreten mit

Lampen- und Kerzenzauber, und statt seiner be- seinem als Admiral gekleideten Portier, dem nerven-
 
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