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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0072

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Knnstlitteratur und Vervielfältigende Kunst — Vorn Kunstmarkt

ausführbar, wenn man die rechten Leute dafür hätte. Aber
„gelehrte Bildung bietet noch keine Unterlage für Kunstverständ-
nis". Weit eher das Gegenteil, darf man keck hinzufügen. Nicht
minder wahr ist, wenn er sagt: „Unsere gesamte Kunstpro-
duktion denkt noch immer viel zu wenig an den Markt in der
Heimat und viel zu sehr an den Export"... Noch besser ist:
„In unserer Zeit mit ihren internationalen Tendenzen können
wir nicht genug Wert darauf legen, daß die Heranwachsende
Generation ihre engere Heimat genau kennen und lieben lernt."
— Hier kann man dem Verfasser nur von Herzen beistimmen,
selbst wenn er auf dem kleinen Umweg über England zu diesem
Schluß kommt.

R. kt. R. Wey r. Zwickelfiguren an dem kunsthistorischen Hof-
Museum in Wien. Heck in Wien. Preis Mark 18. Diese Licht-
drucke machen uns mit Schöpfungen erst näher bekannt, die man
an Ort und Stelle ob der großen Entfernung nur sehr ungenügend
zu würdigen im stände ist. Sie sollen die Entwicklung der künst-
lerischen Kultur seit den ältesten Zeilen versinnlichen und thun
dies durch die Darstellung der mythischen Typen der ersten
Künstler, dann durch die Personifikation derjenigen Städte, welche
sich als Hauptkunststätten im Laufe der Geschichte erwiesen haben.
So sängt die Reihe denn mit David und Tubalkain an, um
mit München—Dresden, Wien—Berlin, Petersburg—Kopen-
hagen, Brüssel—Haag abzuschließen. Uber die Auswahl der
Persönlichkeiten und personifizierten Begriffe kann man ja streiten.
Um so einstimmiger aber wird man das hohe künstlerische Ver-
dienst der Ausführung anerkennen müssen, bei der Wehr eine
wahre Unerjchöpftichkeit anmutiger, wie selbst großartig macht-
voller Erfindung bethätrgt hat. Die Art, wie die einzelnen Städte
charakterisiert sind, ist immer pikant und oft von verjührerischer
Schönheit oder voll drolligen Humors. So z. B. wie er Berlin
und Wien als die sinnlich erregtere und die Verstandesschärfe
nebcneinanderstellt, oder Paris und London als die kokette und
die prüde charakterisiert. Die Sybillen sind dann ganz im Michel-
angelesken Geiste, die griechischer Mythe ungehörigen Figuren,
wie die Nereide und Najade, in leise zopfig antikem ausgeführt.
Dabei tragen die Figuren aber alle das leichte und fröhliche,
allem schweren Ernst abgeneigte Wiener Gepräge, kurz, sie sind
wahrhaft klassische Muster lebensvoller und heiterer Verzierung,
wie es nur dem glänzenden Talente dieses seit Donner echtesten
Wiener Künstlers möglich war. — Wehr ist deirn auch ein plastisches
Talent ersten Ranges, weil bei ihm sich Phantasiereichtum,
unerschöpfliche Gestaltungskraft und Schönheitssinn mit einem in
jedem Strich den Boden, auf dem er gewachsen, offenbarenden
Charakter vereinigen.

v.kr. Statuarischer Schmuck des HofmuseumS in
Wien. Heck, Wien. Preis M. 22,50. Dieses in der Haupt-
sache die runden Figuren des Gebäudes ebenfalls in Lichtdruck
wiedergebende Heft ist, als die Arbeiten sehr verschiedener Künstler
enthaltend, natürlich auch weit entfernt den harmonischen Eindruck
zu hinterlassen, wie das vorige. Indes beginnt es wenigstens
mit den zwei unzweifelhaft besten Idealfiguren, die im neuen
Wien bis jetzt gelungen sind: der „Architektur" und „Kunst-
industrie" von Kundinann, die das Strenge der einen wie das
zierliche der anderen mit einem Adel aussprechen, den man schon
klassisch nennen kann, da auch er die Abstammung von der
Ställe Mozarts und Beethovens wie Grillparzers keinen Augen-
blick verleugnet, wenn er sie auch nicht so deutlich ausspricht, wie
die Arbeiten Weyrs. Von diesem ist dann die treffliche Porträt-
sigur Karl VI., wo jeder Zoll die Zeit der Allongeperücken
verrät. Auch Lautenhayn hat in Alexander dem Großen und
Augustus zwei treffliche Figuren geliefert, wie Benk gute Viktorien.
Eine Anomalie bilden dagegen die ganz modernen Gestalten des
Rauch, Cornelius, Führich und Schwind, von Tilgner, die obwohl
keineswegs ohne Verdienst, doch durch ihr Kostüm in zu schreiendem
Widerspruch zu allen anderen stehen. Um so reizender sind
dagegen Kundmanns die verschiedenen Kunsttechniken durch ihre
Erfinder darstellenden Mekopen-Reliefs am Mittelbau. Vergleicht
man nun die vier seit siebzig Jahren in Deutschland erbauten
Haupt-Museen von Berlin, München, Dresden und Wien mit-
einander, so kann es gar keine Frage sein, daß das letztere einen
ungeheueren Fortschritt unserer Baukunst wie selbst der Bildnerei
bezeichnet. Kann man von ihrer Verwendung in Berlin und
München kaum sprechen, da sie so ungeschickt als möglich ist, zur
Belebung wie Erklärung des Baues fast nichts beiträgt, so hat
die Pinakothek wenigstens daS Verdienst, einer sehr viel zweck-
mäßigeren Raumverteilung, ja sie kann sich rühmen, hier den Weg

Für die Redaktion verantwortlich: Fritz Schwach —

gezeigt zu haben. Mustergültig in Bezug auf Sinn und Zusammen-
hang der Gedanken, wie die so gediegene, überdies ganz dem
sächsischen Charakter und der Zeit entsprechende, ab und zu ein wenig
trockene Ausführung ist die plastische Verzierung am Dresdener
Museum. Nur hat sie der Architekt bei weitem nicht so geschickt
zur Belebung des Baues zu verwenden gewußt, als dies in Wien
geschehen ist, das überhaupt alle Fehler des Dresdener Museums
sehr glücklich vermeidet und nur seine Vorzüge mit neuen ver-
mehrt, so daß dieser Bau unzweifelhaft eine der glänzendsten
Schöpfungen unserer Zeit genannt werden muß und besser als
die meisten das Vorurteil widerlegt, daß dieselbe nichts klassi sches
zu schaffen vermöge, wenn auch an ihr bereits der nahende Über-
gang zum Zopf sich gerade in diesen Skulpturen leise aber doch
vernehmlich ankündigt.

ft Friedrich Pecht, Geschichte der Münchener Kunst im
neunzehnten Jahrhundert. Lfrg. 1/6. (Vollständig in 15 Lfrgn.
zu je 1 M.) München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissen-
schaft, vormals Friedrich Bruckmann. Verfasser und Verleger des
obigen Werkes sind mit dem Herausgeber d. Bl.resp. dessen Verleger
identisch. Die Redaktion d. Bl. beschränkt sich also darauf, aus einer
Kritik, welche Franz v. Reber in der Münchener (früher Augs-
burger) Allgemeinen Zeitung veröffentlicht hat, einiges hier wieder
zum Abdruck zu bringen: „Pecht ist", so schreibt F. v. Reber über die
ersten die Cornelianische Zeit behandelnden Lieferungen, der einzige
kunstschriftstellerische Zeitgenosse dieser jedenfalls hochbedeutenden
Epoche, der in die Lage kam, sie um ein halbes Jahrhundert zu über-
leben und unter fortgesetzter kundiger Beobachtung der weiteren
Entwicklung auf ihren Wert zu prüfen. Sein Bericht wird also
den Wert von Memoiren nach Erlebtem haben, erhöht durch all'
die Klärung, welche eine so lange kritische Beschäftigung im Ge-
biete der zeitgenössischen Kunst mit sich bringen muß. Diesen
Vorteilen steht eine seltene und auch von seinen entschiedensten
Gegnern nie in Abrede gezogene Darstellungsfähigkeit zur Seite,
welche, durch prickelnde Frische und fesselnde Schönheit an sich
schon anziehend genug, durch den Freimut des unabhängigen und
äußeren Erfolgen gegenüber resignierten Mannes noch weiteren
Wert erhält. Der berühmte und rastlose Kritiker wird in dem
Werke die Frucht vieljähriger Detailarbeit darbieleu, und mau darf
daher von dem Buche, das auch ein bedeutendes zusammenfassen-
des Talent verrät, etwas bleibend Bedeutendes erwarten. Die
Brauchbarkeit der Arbeit wird auch durch eine reiche und ori-
ginelle Jllusirationsausstattung aufs zweckmäßigste unterstützt."

Vom Kunstmarkt

Versteigerungin. Die Firma I. M. Heberle in Köln
veranstaltet Ende Oktober mehrere wichtige Knnstauklivuen: 24.
und 25. Oktober Sammlung Grassalkowitz von Gyavak (Skulp-
tnrcn, Porzellan, Edelmetall-Arbeiten, Bronzen rc.). 26 —28.
Oktober: Sammlungen Culemann, Grote, Weyer (Kunsttöpferei,
Porzellan, Gläser, Waffen rc.). 28. und 20. Oktober: Samm-
lungen Münchhausen, Reichardt und Weyer sGemälde des 14. bis
18. Jahrhunderts), 3l. Oktober; Kupferstiche und Handzeichnungen
der Sammlung Münchhausen. Die Kataloge sind mit Lichtdrucken
opulent ausgestattet, leider aber wird diese Anzeige den meisten
unserer Lesern zu spät zu Gesicht kommen. — Am l. November
versteigert die altrenommierte Kunsthandlung von C. G. Börner in
Leipzig eine Sammlung Kupferstiche, darunter vortreffliche Blätter
von Ridinger und W. v Kobell. Katalog auf Verlangen. —
Endlich versteigert der Kunstexpert C. Maurer in München am
3. November den künstlerischen Nachlaß des Architekturmalers
I. A. Weiß, darunter Gemälde »euerer Meister, sowie ein Rubens,
ferner am 15. November die Sammlung Aretin, darunter treff-
liche Gemälde alter italienischer und deutscher Meister und wert-
volle Waffen. Kataloge auf Verlangen.

ff Der von der Hamburger Kunsthalle erworbene Knaus-
sche Starost ist mit 60,000 M. bezahlt worden. Die z. Zt.
aus der Berliner Ausstellung befindliche Caritas wurde sür
75,000 M. verkauft.

Zlcdaklionslchluk: IS. Hktober — Ausgabe: S9. Hlitobcr

--Inhalt des dritten bestes: Lcrt: Tie Nutzbarmachung nnscrer Museen

— Heinrich Lang. Ter Vorabend einer Schlacht — Dar Washingtondenkmal
sür Amerika — Fr. Pecht. Unsere Bilder — Orientalische Kunstakademie —
Kunstnotizen rc. — Mldcrbeilagcn: C. G. Hellgvist. Sanolit SiinpU-
eitas — George v. Hößlin. Poiträt — Adolf Ditschcincr. Berg-
sturz in Tirol — L. C. Müller. Straße in Kairo.

Druck der Bruckmann'schoii Buchdruckcrei in München
 
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