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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Das Wiener Mozart-Denkmal
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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^2 Das Wiener Mozart-Denkmal, von Karl von

bewiesen. Als für das Maria Theresia-Monument in
beschränkter Konkurrenz nur Zumbusch, Kundmann und
Beull berufen wurden, arbeitete Wagner mit Silbernagl
und Costenoble einen „Gegenentwurf" aus, der unleug-
bare Vorzüge bot. Es war freilich eine unfruchtbare
Demonstration, aber sie machte den drei Unzufriedenen
doch Ehre. Von späteren Arbeiten Wagners fanden
insbesondere sein „Michelangelo" vor dem Künstlerhause
und seine phantasievolle Gruppe „Afrika" am Natur-
historischen Museum Beifall. Als sein Name als erster
Preis der Mozart - Denkmalkonkurreuz genannt wurde,
war niemand sonderlich überrascht mit Ausnahme freilich
jener Personen, welche Weyrs Entwurf mit der herrlichen
Mozartgestalt gesehen hatten. Diese Leute schüttelten die
Köpfe. Wie? Das sollte unser Mozart sein? Der
gichtbrüchige, alternde, finstere Mann im Lehnsessel, der
da oben, über allem Mögliche und Unmöglichen, nur
nicht über der höchsten Befreiung der Musik von allen
Zunftfesseln brütend saß? Nein, das ist nicht unser
Mozart, sagten sie. Und sie hatten recht. Rätsellösend
umstanden Kunstfreunde und -laien die erstgekrönte Skizze.
Behagte ihnen der Mozart nicht, so waren ihnen die Sockel-
Allegorien rätseldunkel. Rechts von der Mittelfigur das
Fabeltier, die Sphinx, links das Wappentier, der Löwe.
Was sollte diese monumentale Tierschau? Sie mußten
doch etwas bedeuten diese beiden Tiere, welche von weib-
lichen Gestalten begleitet, nach beiden Seiten ausschritten
und mit dieser Bewegung das Ganze auseinanderrissen.
Man hatte die Erklärung von sinnbildlichen Geleitetieren
hier der andächtig erhebenden, dort der mit ihrem geheimnis-
vollen Zauber bestrickenden heiter anmutigen Tonkunst
des Meisters ausgegeben. Das imponierte, weil es
niemand verstand. Gewiß hat dies auch der Jury impo-
niert. Bestritten mag dabei nicht sein, daß die be-
treffenden weiblichen Allegorien edel und rhythmisch bewegte
Gestalten sind, welche rein monumental genommen, mit
ihren Tieren als eigenartige Gruppen wirken, wie denn
in allgemeinen eine gewisse Originalität dem Wagner'schen
Entwürfe nicht abgesprochen werden kann. Wenn eben
nur der. Mozart nicht wäre.

Wie ganz anders ist der Weyr'sche! Das ist unser
Mozart. Wählte man diesen, gewiß Meister Weyr, eines
unserer fruchtbarsten, reichsten Talente, wäre um eine
andere Sockelaulage, als die gebotene, etwas schwächliche,
schwerlich verlegen gewesen. Welch' sinniger Reiz wohnt
dieser jugendherrlichen Gestalt inne! Sie ist ganz genialer
Schwung, seelische Wahrheit und begnadete Eingebung!
So mochte sich Mozart geistig verklären, wenn ihn die
Muse auf Stirn, Augen und Mund küßte. Anmut,
Jugendkraft und Sicherheit des Genies, eine edle, liebens-
würdige Seele voll heiteren Glanzes verkörpert sich in
diesem Mozart, welcher unserem Ideale so menschlich
wahr und monumental glücklich entspricht. Mag sein,
daß Weyrs Skizze noch weniger vor die Opernfront
hinpaßte, als die Wagner'sche, aber was verschlug dies?
Sind denn die Juroren so gewiß, daß unser Mozart
absolut den gewählten schlechten Platz bekommen muß?
Rathauskys Entwurf kann uns kaum beschäftigen; die
Hauptfigur kommt nicht in Betracht und was den Aufbau des
Denkmales anbelangt, so macht eine gute Figur, wie beispiels-
weise die Muse als Geigenspielerin, noch kein Monument.

Die übrigen Skizzen und Motti schließlich noch zu ent-
rätseln, bietet angesichts des erfolgten Kunstspruches einer

Vincent! — Personal- und Ateliernachrichten

hohen Jury eine undankbare Aufgabe. Im einzelnen viel
Gutes, hier und dort einen prächtigen Einfall, eine schöne
Gruppe, eine originelle plastische Wendung, dies findet
der Beschauer vor. Gewiß, die Konkurrenz wird auch
den, Kunstgewerbe zugute kommen und dies ist ihr
schlimmstes Ergebnis nicht. Zur hohen Kunst freilich
steuert sie nur mäßig bei; allerdings darf dabei nicht
übersehen werden, daß ein bloßer Entwurf als solcher sich
allemal dürftig darbietct und schwerer verständlich macht;
er stammelt nur, während das ausgeführte Denkmal
spricht und beredt sprechen kann. Mancher — und es
sind große Leute unter den stillgebliebcnen Wettbewer-
bern —- mag dies mit einiger Berechtigung denken und
daraus einigen Trost schöpfen.

Personal- und Atrliernachrichten

— In dem großen Schwab in ger Panoramen atelier
bei München stehen wiederum drei Kvlossalgemälde versandlbereit.
Sie sind für den Glaspalast in Leipzig bestimmt und bringen,
als Dioramen ausgeführt, eine Fernsicht auf Konstantinopel von
Skutari aus, einen Blick auf das heutige Jerusalem vom Ölberge
herab und „Nero beim Brande Roms" zur Darstellung. Be-
sonders die beiden ersteren Bilder sind landschaftliche Meisterstücke
Edmund Berningers, für daS letztere hatte er sich mit Her-
mann Schneider verbunden, welcher das Figürliche und die
Architektur übernommen und den schaurigen Vorgang in packend
dramatischer Weife zu gestalten gewußt hat.

— Im neuen Wiener Hofburgtheater geht jetzt die innere
Ausschmückung mit Riesenschritten ihrer Vollendung entgegen.
Nach dem Eingang der Charlemont'schen Deckengemälde hat neuer-
dings Professor August Eisenmenger die Gemälde abgeliesert,
welche er für den Treppenraum der Hoffestloge ausgeführt hat.
Die ganze Komposition bringt in allegorischen Figuren und an-
mutigen Kindergruppen das Wesen der Tragödie und Komödie
zur Anschauung.

** Berlin. Der talentvolle Tier- und Landschaftsmaler
Oskar Fr e nz e l, Meisterschüler an der Berliner Akademie, hat das
Stipendium der Menzel-Stiftung im Betrage von 800 M. erhalten.

Berlin. Der durch seine Aquarelle aus Spanien und
Italien bekannt gewordene Maler Müller-Koburg hat das
Stipendium der Ginsberg-Stiftung im Betrag von2000 M.
erhalten.

— Maler Ludwig Hofmann-Zeitz hat vom Groß-
herzog von Hessen-Darmstadt die große goldene Medaille für
Kunst und Wissenschaft erhalten. Als Inspektor des großherzogl.
Museums war er der intellektuelle Urheber der vielbewunderten
Restaurierung der Holbein'schen Madonna durch Alois Hauser.

— Otto Brausewetter hat sein großes Historienbild,
den „Aufruf Forts an die ostpreußischen Stände" für die ost-
preußische Ritterschaft, vollendet.

— Professor A. von Liezenmayer in München, sowie
die Maler G. Ritter von Masse! und Joseph Weiser haben den
Verdienstorden vom hl. Michael erhalten.

— Albert Keller in München, der Schöpfer der „Auf-
erweckung von Jairi Töchterlein", welche auf der Berliner
Jubiläumsausstellung die kleine goldene Medaille erhielt, ist zum
kgl. Professor ernannt worden.

Gestorben: B. Amend'ola, der Bildner der berühmten
Kain-Statue, in Neapel. — Der französische Tiermaler Josef
Palizzi, ein geborener Italiener aus Lanciauo in den Abruzzen,
am 1. Januar in Paris. — Adolf Sir et, der langjährige
und verdiente Herausgeber des Journal des Beaux-Arts in Ant-
werpen, am 6. Januar, nahe an 70 Jahre alt.

* In Niederlößnitz bei Dresden ist am 12. Januar
nachmittag 5 Uhr nach lange» Leiden Prof. Oskar Pietsch
schnell und unerwartet gestorben. Die Kunde wird in weitesten
Kreisen Deutschlands Teilnahme erwecken, ist doch der Zeichner
der Kinderwelt, wie man ihn kurz nennen kann, bekannt, so weit
die deutsche Zunge klingt. Wer kennte sie nicht, die herzigen,
gemütvollen, aus voller Kenntnis und Freude am Krnderleben
quellenden Zeichnungen, die seit mehr als zwei Jahrzehnten
alljährlich das Weihnachlsfest verschönern halfen! Seine prächtigen
Jllustrationswerke: Die Kinderstube, Kleines Volk, Schnick-Schnack,
 
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