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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Gehrts, Karl: Von damals bis heute, [1]: eine wortreiche Bilder-Selbstgeschichte
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Pettenkofer, Max von: Zur Bilderrestaurierung: aus einem Vortrage in der Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren zu München 23. Nov. 1887
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0142

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IN4 von damals bis beute, von Karl Gehrts — Zur Bilderrestaurierung, von Prof. vr. Mar von pettenkofer

Und so war's denn auch: von Baurs zweiundzwanzig
Schülern blieben kaum ein halbes Dutzend in Weimar.
Brütt, Kampendahl, mein Bruder u. a. folgten Baur
nach Düsseldorf; einige wie Henseler, Wilberg, Wichgraf
gingen nach Berlin, Cederström und der kürzlich ver-

storbene Konrad Ermisch nach München, die anderen
zerstreuten sich nach Dresden, Karlsruhe u. s. w.

Die Schauß'schen Schüler machten's ebenso. So war
denn diese schöne Zeit zerronnen, ich denke ihrer immer noch
mit Freuden. Jetzt hieß es: eingepackt, auf nach Düsseldorf!

(Schluß folgt im nächsten Hefte)

Zur Büderrestaurlrrung

Aus einem vortrage in der Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren zu München 23. Nov. f887

von Professor vr. War von Wttcnkofer')

ie jüngeren Mitglieder dieses zeitgemäßen Vereins für ratio-
nelle Maltechnik werden sich vielleicht wundern, wie ich als
Professor der Hygiene dazu komme, mich mit Bilderputzen zu be-
schäftigen. Viele halten mich in dieser Gesellschaft deshalb viel-
leicht für ebenso unpassend wie Saul unter den Propheten oder
so überflüssig wie Pontius Pilatus im Credo. Aber die alteren
Mitglieder erinnern sich wahrscheinlich noch, daß ich, wenn auch
vor mehr als 25 Jahren, mich auch mit etwas Bilderhygiene
abgegeben habe. Ich arbeitete damals das sogenannte Regene-
rationsverfahren aus, welches auf eine für mich überraschende
Weise entstand. Es war damals als Friedrich Pecht sein großes
Donnerwetter gegen die Konservierung und gegen die Konserva-
toren unserer damaligen Gemälde-Sammlungen eröffnete und so
lange fortdonnerte, bis auch von oben herab es donnerte und
blitzte und infolge davon eine Kommission zusammengesetzt wurde,
welche sich mit mehreren technischen Fangen zu beschäftigen hatte.
Man wollte hauptsächlich konstatieren, woher der Schimmel auf
den Bildern in den Galerien komme. Nun war ich aber sehr
erstaunt, obwohl die Bildergelehrten und Bilderärzte ganz be-
stimmt von dem Schimmel auf den Bildern sprachen von dem
gleichfalls in die Kommission berufenen Professor der Botanik
Radlkofer sofort zu vernehmen, daß nach seinen Untersuchungen
weder in der Schleißheimer Galerie, noch in der Münchener Pina-
kothek eine Spur von Schimmel zu finden sei. Es seien stoff-
liche Veränderungen, die die Oberfläche manchmal ganz trübe er-
scheinen lassen, so daß man nicht sehe, was darunter liege, aber
Schimmel und Schimmelpflanzen fänden sich absolut nicht auf
den Bildern. Also fragte man weiter, woher kommt die große
Veränderung, die man an den Gemälden sieht ? Und da versicher-
ten mich wiederum die Bilderärzte , ja das sei eben eine abge-
storbene Masse, es gebe da verschiedene Krankheiten, Ultramarin-
krankhciten und noch andere Farbenkrankheiten, und die müßten
eben kuriert werden. Es habe sich die Substanz der Farbstoffe
durch ungünstige Einflüsse der Witterung und der Lokale
verändert. Ich begann nun, diese abgestorbene Masse zu unter-
suchen. Es wurden mir Gemälde gegeben, die vollständig trübe

Wir haben den Vortrag der Aufgabe unserer Zeitschrift gemäß erheblich
gekürzt und nur das für unsere Leser Wesentliche gegeben. Einen wörtlichen
Abdruck beneiden bringen die Münchener „Technischen Mitteilungen für Malerei"
in der gleichzeitig mit diesem Heft erscheinenden Nummer. Anm. d. Red.

waren, die aussahen, als ob sie mit Sand besäet wären, und man
sagte mir, da sehen Sie so einen abgestorbenen Firnis, das ist
kein Firnis mehr, das ist eine ganz andere Substanz geworden.
Man hatte ziemlich viel Bilder damals zur Disposition in diesem
Zustande. Ich fing also an, dieselben abzuschaben und zu unter-
suchen, wie weit eine Substanzveränderung vor sich gegangen sei,
und war nun ebenso erstaunt wie Kollega Radlkofer, der ge-
funden hatte, daß keine Pilze auf den Bildern waren. Auch ich
konnte die Substanz nicht für abgestorben erklären, ich fand die
nämlichen Stoffe darin, wie man sie auch in guten Firnissen
findet. Woher rührt also diese Erscheinung? Es war die
Antwort' ziemlich einfach. Es konnten nur physikalische Ver-
änderungen, namentlich in den Firnissen, sein. Diese Firnisse
sind ja eine Schicht, die wir über die Gemälde ziehen und durch
die hindurch wir erst die Farben betrachten, und wenn sich in
dieser Decke, die über die Farbe kommt, eine Veränderung ein-
stellt, eine physikalische Veränderung, die nur optisch wirkt, so
kann das allein schon beträchtliche Veränderungen Hervorrufen.
Es gelang mir nun auch sehr leicht, bei allen Bildern, die mit
Harzfirnis versehen waren, diesen alten Firnis wieder klar zu
machen, und man sah sehr häufig, daß das Bild gar nichts
weiter brauchte, als daß dieser sandförmig aussehende Überzug,
der gar nicht mehr erkennen ließ, was darunter lag, wieder
durchsichtig gemacht werde. Darauf gründete sich das Regenerations-
verfahren, was wesentlich nur in der Anwendung einer weingeist-
halligen Luft besteht. Man brachte die Bilder unter Umstände,
wo sie einer Lust ausgesetzt wurden, die zu gleicher Zeit sich mit
Alkoholdämpfen gesättigt hatte, und da zogen die Harzfirnisse,
die über den Bildern lagen, soviel Weingeist aus der Luft an,
daß sie wieder etwas weich wurden und daß sich die einzelnen
Teilchen, die zuvor getrennt waren, wieder verbanden, und so
war das Bild wiederum klar geworden, und man konnte Wieder-
sehen, was auf dem Bilde mar. Man hat allerdings da manchmal
gesehen, daß auf dem Bilde viel verdorben ist, was durch das
Regenerationsverfahren nicht gehoben werden kann, aber in einer
großen Anzahl von Fällen hat sich ergeben, daß es weiter gar
nichts brauche, als das Bild auf diese einfache Weise wieder klar
zu machen. Es war also nur die Beseitigung einer optischen
Störung in dem Überzug, den man den Bildern gibt, notwendig,
um das Bild durch diesen Überzug wieder gut sehen zu können.
 
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