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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Glücksmann, Heinrich: Géza von Mészöly
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0129

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Geza von NleszSly f. von Heinrich Glücksmann — Personal- und Ateliernachrichten

Y4

Geza von Msszöln 7

ungarische» Künstler trugen am 14. November
einen ihrer Besten zu Grabe, Geza Meszöly, den
Meister der magyarischen Landschaft, dessen Schöpfungen
ebenso charakteristisch die nationale Eigenart spiegelten, wie
die süß - schwärmerischen, schwermutsvollen Weisen der
Zigennerfidel oder die kecken Lieder Alexander Petösis.
Jedes seiner Bilder war ein herrliches Stückchen Erde
seines Vaterlandes, gesehen und gemalt mit der Liebe und
Begeisterung eines Patrioten und der Kunst eines begna-
deten Meisters. An diesem Grabe darf der Genius der
jungen ungarischen Kunst trauernd sitzen und klagen.

Das Jahr 1844 war ein glückliches für Ungarn;
es schenkte ihm drei seiner größten Künstler: Munkacsy,
Bencznr und Meszöly. Dieser verwahrte sich be-
scheiden dagegen, wenn man ihn neben den beiden andern
nannte, und doch stand er würdig neben ihnen, wenn sein
Ruhm auch nicht so weit hinausklang in die Welt. Daß
er minder berühmt war, daran trug seine Bescheidenheit,
sein Mangel an Ehrgeiz die Schuld; er zog das stille
Wirken im Vaterlande, wo er beliebt war, wie keiner
seiner Kunst-Fachgenossen, wo ihm die Bilder förmlich von
der Staffelei gerissen wurden, dem Schaffen im mächtigen
Getriebe eines großen ausländischen Knnstzenlrums vor.
Wo er jedoch in der Fremde erschien, ob in Wien, in
München oder in Paris, überall fand seine Kunst warme
Anerkennung.

Von seinem Vater, einem ungarischen Landrichter,
für die juridische Laufbahn bestimmt, konnte Meszöly erst
spät seinem Herzensdrange folgen und sich der Kunst zu-
wcnden. Als er in Budapest die Universität besuchte und
die dortigen Kunstsammlungen kennen lernte, erwachte die
Neigung, seine Seele in Farben zu hauchen, so gewaltig
in ihm, daß er seine Scharteken beiseite warf und,
angeleitet von dem Nestor der ungarischen Landschafter,
dem tüchtigen Anton Ligeti, zum Pinsel griff. Im
Jahre 1869 ging er mit einem Staatsstipendium an die
Wiener Akademie, wo Zimmer mann und Robert Ruß
seine Lehrer wurden. Die Aufnahme des jungen, die
deutsche Sprache kaum verstehenden Ungars geschah nicht
ohne Schwierigkeiten, allein sein kräftiges Talent schlug
sich bald durch, und schon im nächsten Jahre erhielt er-
den großen Preis der Akademie auf die besten Kompo-
sitionen zu Lenaus „Schilsliedern", wahrhaftigen Poesien
in Farben, den Dichtungen Lenaus kongenial, — und
bald darauf errang er im Turniere mit in der Kunst
weit älteren wieder einen Preis. 1872 ging der hoff-
nungsvolle Künstler nach München und errichtete sich
da ein Atelier, welches er zeitweilig verließ, um einige
Wochen in der Heimat zu verbringen und an den Ufern
des Plattensees oder der Theiß seine Skizzenbücher zu
füllen. In München fand der junge Ungar in dem be-
rühmten Illustrator Goethes, in Ramberg einen be-
geisterten Verehrer. Als er just seine für die Wiener
Weltausstellung gemalten Bilder in einer Münchener Kunst-
handlung ausgestellt hatte, saß er mit einigen jungen
Malern in einem Kaffeehause. Da trat an ihren Tisch
ein ältlicher Mann mit einem abgegriffenen, breiten Filz-
hute heran und fragte: „Saht ihr schon die Bilder dieses
Meszöly? Selten schöne Sachen das! Ich möchte die
ganze Welt hinschicken, sie anzuschauen." Meszöly wurde
purpurrot und noch röter, als er dem berühmten

Maler vorgestellt und von diesem herzlich umarmt wurde.
Später wurden die Beiden gute Freunde, und als Meszöly
München verließ, gab ihm Ramberg eine Reihe von Skizzen-
blättern seiner schönsten Kompositionen zur Erinnerung
mit in die Heimat.

Hier fand er, was ihn befriedigte und beglückte: all-
gemeine Anerkennung und liebe Freunde. Die Bestellungen
kamen ihm so massenhaft ins Atelier, daß er ihnen trotz
seiner fabelhaften Fruchtbarkeit nicht genügen konnte. Seine
Bilder wurden „pschütt" in Ungarn: jedes aristokratische
Haus mußte eines oder mehrere seiner Werke besitzen,
wenn es für vollwertig erkannt werden sollte. Überdies
ging auch ein großer Teil seiner Gemälde nach England
und Amerika, nachdem seine Kollektivausstellungen in Wien
und Paris großes Aufsehen gemacht, und sein Plattensee-
Bild in der Münchener internationalen Kunstausstellung
von 1883 die goldene Medaille, später noch den großen
Preis des ungarischen Landeskunstvereins erhalten hatte
und vom Kaiser von Österreich angekauft worden war.

Jung starb er, jung, aber lange schon leidend, lange
schon auf den Tod gefaßt. In seinen Schränken müssen
sich Hunderte von reizenden Skizzen finden, welche er mir
erst kürzlich mit dem Ausdrucke schmerzlichen Bedauerns
zeigte, sie nicht mehr ausführen zn können. Ich tröstete
ihn und wies auf seine Jugend, auf seine Schaffenskraft,
seine Produktivität hin. „Ich arbeite, wie ein Lungen-
kranker atmet, wenn es mit ihm zu Ende geht", ant-
wortete er mit wehmütigem Lächeln; „ein paar Atem-
züge bringe ich noch fertig, rasch denn, rasch d'ranf los
geatmet!"

Leider behielt er recht.

Wien Heinrich Glücksmann

Personal- und AlrlirrnSchluchten

ff Brüssel. Louis Gallait, der Hauptbegründer der
gegenwärtigen belgischen Historienmalerei, ist gestorben. Am 10.
März 1810 zn Tournai geboren, widmete er sich zuerst der Juris-
prudenz und trat dann, einem inneren Drange folgend, in die
Akademie seiner Vaterstadt. In Antwerpen und Paris weiter-
gebildet, stellte er sich mit der im Auftrag der belgischen Re-
gierung 1841 gemalten Abdankung Karl V. mit eineinmale an
die Spitze der ganzen belgischen Historienmalerei. Mit Biefves
„Kompromiß der Edeln von Burgund" bielt jenes Bild einen
Triumphzug durch halb Europa und wirkte besonders nachhaltig
auf die Münchener Schule, weniger wegen der dramatischen Kraft
der Komposition, als wegen der glänzenden Technik und des
leuchtenden Kolorits. Gallaits zweites Hauptbild „Egmonts letzte
Stunde" besitzt die Nationalgalerie in Berlin: sein drittes edel
ä'oeuvre „die Brüsseler Schntzengilde erweist Egmont und Hoorn
die letzten Ehren", das 1851 aus der Brüsseler Ausstellung er-
schien, ist im Museum zu Tonruai. Nun folgten noch mehrere
Genrebilder und Porträts, doch erreichte er die in jenen drei Ge-
mälden zum Ausdruck gelangte Höhe nicht wieder. Seine „Pest
in Tournai" fand sogar vielen Widerspruch. Gallait war u. a.
Ritter des preußischen Ordens paar le inerile und seit 1843
Mitglied der Akademie der Künste zn Berlin, die den Toten
durch einen Lorbeerkranz ehrte, mit dessen Mederlegung ihr Mit-
glied Edmond de Schampheleer in Brüssel betraut wurde.

— München. Karl Gampenrieder hat den ehren-
vollen Auftrag erhalten, den Erzherzog Ludwig Viktor von Öster-
reich zu porträtieren. Schon jetzt läßt die Leinwand erkennen,
daß der talentvolle junge Künstler, der durch seine Porträts der
Herzogin Jsabella von Genua und der Prinzessin Elvira von
Bayern sich auch als Bildnismaler einen guten Ruf erworben,
seiner Aufgabe vollkommen gewachsen ist. Eine Nachbildung der
Prinzessin Elvira ist im achten Heft des ersten Jahrgangs der
„Kunst für Alle" enthalten.
 
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