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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Pecht, Friedrich: Die Münchener Ausstellungen von 1888, [5]: die Tiermalerei
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Ruhemann, Alfred: Die nordische Kunstausstellung in Kopenhagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0423

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Die Münchener Ausstellungen v. 1888. von Fr. Pecht — Die »ord. Runstausstellung in Ropenhagen. von A. R»yeinann Z2g

neben trieb die Romantik in A. von Bayer eine überraschend schone Blüte. Den römischen Einflüssen sollten
bald französische in noch viel größerem Maße folgen. Kurz, der relativen Freiheit der Zopfmaler und selbst
der Naturalisten folgt eine merkwürdig unfreie Periode, genau wie in der Politik. Denn selbst die ganz von
Rottmann beherrschte Landschaftsmalerei bleibt schwer, lichtlos und unbehilflich. Erquicklich wirkt in unsrer
Kunst neben Neureuther fast nur Schwind, dessen „Ritter Kurt" und „Aschenbrödel" in ihrer Verbin-
dung altdeutscher mit „antikischer Art" indes auch nichts weniger als frei von Konvention oder selbst Manier
bleibt. Ja, das Theatralische bildet sowohl mit Kaulbach als Hauptvertreter, dann mit Kreling, Flüggen
im Sittenbild, Heinlein in der Landschaft eine förmliche Gattung in unsrer Malerei. Dazu hat man noch
den Genellischen Klassizismus zu rechnen, der vor allem auch posierte. — Dennoch tauchen in den vierziger
Jahren allmählich bereits eine Anzahl vollständig freier und unbeeinflußter Künstler auf, die gleich den Heß,
Bürckel, Wagenbauer bloß die Natur als Lehrmeisterin anerkennen. So die Landschafter Kaiser und
Morgenstern, dann der unvergleichliche Enhuber, bis heute als Schilderer oberbayrischen Volkslebens
unübertroffen; die Humoristen Spitzweg und Dyk, der Porträtmaler Bernhardt. Nach 1848 werden
dann die Einflüsse französischer und belgischer Kunst eine Zeit lang wiederum vorherrschend, wie man sie an
Karl Schorn, Karl von Piloty, aber auch an Gräfle, Feodor Dietz u. a. wahrnehmen kann, mit ihrer
geborgten und darum unwahren Freiheit, die des nationalen wie persönlichen Charakters gar zu sehr entbehrt.
Weit eigenartiger und mit ausgesprochenem koloristischen Talent gepaart tritt dieser Einfluß bei Viktor Müller
auf, der leider in unsrer Pinakothek noch immer fehlt, während seine drei Bilder aus Shakespeare zum besten
zählen, was die Schule damals hervorbrachte.

Die spezifisch deutsche Kunst findet daneben ihre Vertreter in Eugen Neureuther, Rainberg, Horschelt
und Franz Adam, in der Landschaft durch Neher und bald darauf durch Schleich, ganz zuletzt aber durch Lier.
Eine schöne Auferstehung feiert dann die Romantik neben Viktor Müller in dem eben auftretenden Makart,
dessen frühestes Bild hier zu finden, wo er, wie Müller, au die französischen Romantiker erinnert.

Es kann nun gar keine Frage sein, daß diese ganze Knnstentwickelung ein Ringen von der ärgsten
Philisterei und Gebundenheit zur Unabhängigkeit und Freiheit, von grauer Dumpfheit zu Farbe und Licht dar-
stellt, genau wie die politische Geschichte der Nation auch, und ziemlich entsprechend deren verschiedenen Stufen.
Dieselben werden dann im einzelnen durch die mehr oder weniger gemütliche Pfuscherei ausgefüllt und ver-
bunden, die ja in unsrer Kunst von jeher einen so breiten Platz einnahm, ganz gleichviel, ob die gerade
herrschende Richtung naturalistisch, romantisch, antikisierend oder französierend war. — Denn die Abneigung
der Deutschen gegen alle strenge Schulung, der ihren litterarischen Ursprung nie verleugnende dilettantische Zug
in unsrer modernen Kunst, der niemals das Handwerk recht lernen will, sie bleiben sich unter allen jeweils
herrschenden Systemen gleich und ziehen sich auch durch unsre historische Ausstellung wie ein roter Faden
durch. Sie ändern immer bloß den Namen; man nannte sie früher romantische Richtung, wie heute „Im-
pressionismus", erwartete aber in beiden Fällen ganz gleichmäßig alles das von der Inspiration, was man
ordentlich zu lernen versäumt hatte. (Fortsetzung im nächsten Hefte)

Die nordische Kunftau^stellunp in Kopenhagen

von Alfred Ruhemann

k^Letritt man die zahlreichen kleinen Säle und Ab-
teilungen, welche innerhalb der großen nordischen
Ausstellung in Kopenhagen den Erzeugnissen der Mal-
knust Vorbehalten sind, so verblüfft den Beschauer zu-
nächst die unübersehbare Fülle von Bildern, die sich ihm
darbietet. Es überläuft uns ein leiser Schauer bei
dem Gedanken, alles das könnte innerhalb eines oder
selbst zweier Jahre gemalt sein. Doch ist dem, gottlob,
nicht so. Man ist an leitender Stelle von der Ansicht
ausgegangen, von jedem Maler möglichst mehr als ein Bild
auszuhängen, gleichsam um den Entwickelungsgang desselben
an sichtbaren Beispielen vorzuführen. Daher die Fülle
der Erscheinungen. Aus diesem Meere bunter Farben
nun tauchen sehr wenige Punkte auf, welche diese etwas
stagnierende See nordischer Kunst beherrschen, und keine,
welche der Flut eine gewisse charakteristische Richtung zu
geben im stände sind. So ist es für die Kunst in den
nordischen Reichen bezeichnend, daß das Porträtfach nur
in ganz geringem Umfange gepflegt wird; auch mit der
Geschichtsmalerei in großen Zügen ist es nur schwach
bestellt. Vorherrschend ist das Genre, und relativ am

besten gelingen den nordischen Künstlern Landschaften.
Eine ausgesprochene nordische Schule gibt es weder in
Dänemark, noch in Schweden und Norwegen. Die An-
lehnung an fremdländische Schulen, zunächst die fran-
zösische, ist unverkennbar und findet ihre Begründung in
dem Umstande, daß viele nordische Künstler ihr stetes
Heim in der Hauptstadt an der Seine aufgeschlagen haben.
Mir wollte es scheinen, als ob die in Paris lebenden
schwedischen und norwegischen Künstler verhältnismäßig
Ivenige Vorteile für die Aufopferung ihrer Selbständigkeit
eingetauscht haben und daß es für ihren Ruhm vielleicht
besser gewesen wäre, sie hätten mehr im kleinen Kreise
zu gunsten größerer eigner Originalität gewirkt.

Es gibt herzlich wenig nordische Künstler, denen
es geglückt ist, das Raffinement der französischen Schule
dem eignen charakterischen Können anzueignen. Obenan
steht der einzige geniale Porträtmaler des Nordens, der
Finne Alexander Graf Edelfeldt. Sein großes
Porträt von Pasteur (Kniestück) hält nicht nur den Ver-
gleich mit dem berühmten Bilde Bonnards aus, sondern
überragt es an Kunstwert noch um ein Bedeutendes.
 
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