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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Z6,

Hachsschener in larrn. von M. Lieb ermann

Aus

Von

enn bei uns Deutschen der Teufel hungrig ist,
frisst er Fliegen."

Und wir sagen dazu: „Wohl bekomm's!" — Wer
in aller Welt wäre auch so genügsam, außer so ein un-
beholfener armer Teufel von einem deutschen Idealisten?

Und wer im stände, ja wem fiele es überhauvt
nur ein, solch Stück uruatioualer Tragikomik bildlich zu
veranschaulichen, wo nicht dieses selben philosophischen
armen Teufels Doppelgänger ... der deutsche bildende
Künstler? Mit welchem Behagen diese jüngste Eingebung
einer unverwüstlichen Laune unser:» Laudsmaune August
Sommer in seinem Kunsttempel auf dem tarpejischen Felsen
gelungen ist, — das muß man mit ansehen!

In cirka zwcidrittel Meter Größe, vorerst in braun-
rotem Wachs modelliert und des Bronzcgusses erst noch
gewärtig, steht der wetterfeste alte Gesell, von zwei gewal-
tigen Fledermausflügcln überschattet, spitternackr auf ödem
abschüssigem Gestein, dem nur hohe Disteln entwachsen.
Krampfhaft stemmt er die ungeschickten Füße einwärts
an den Boden, um beileibe nicht das Gleichgewicht und
mit ihm die erhoffte Beute zu verlieren, die seine hageren
Beine umsummt. Halb vorgeneigt hascht er behutsam
nach ihr mit der wuchtig gerundeten Rechten; die mächtige
Linke umschließt bereits einen ansehnlichen Vorrat fürs
leckere Mahl, indes ihr Arm den langen Ningelschwcif
possierlich an sich zieht und ihn wie eine beim Gehen
hinderliche Schleppe kurzweg schlingt. — Schlau lächelt
das phantastische, gutmütige alle Gesicht von Entbehrungen

durchfurcht, zu dem gelungenen Fange. dieweil

der kahle Scheitel, von zwei zierlichen Hörnchen bewacht,

Nom

sich zu einem richtigen höllischen Hahnenkamme znspitzt! —
Ein technisches Kabinettsstück! Und wie wurzelt dieser
unbezahlbare Füegcnjäger auf dem festen Boden der Natur!

Kein Muskel, keine Sehne, keine Falten, die nicht
dem ungeschlachten hageren Körper entsprächen und durch
ihre künstlerische Durchbildung dem phantastischen Ent-
würfe eine Lebendigkeit verliehen, welche wiederum den
eigentümlichen Humor der Lage drastisch erhöht; denn,
siehe! Tatzen und Pratzen, Schweif, Hörner und Flügel, —
nichts fehlt vom höllischen Beiwerk, alles hält sich nebenbei
im schönsten Gleichgewicht der Linien .... der arme
Teufel nur steht, durch seine Unbeholfenheit, hilflos und
— ergibt sich dem — Fliegcnfang!

Ohne auf die Jubiläumsausstellung im Vatikan mit
ihrer buchstäblich endlosen Fülle weiter einzugehen, womit
das Oberhaupt der katholischen Welt förmlich erstickt wird —
wie in einen: Kuchenberge kann ich mich einer freudig-
stolzen Regung angesichts des verhältnismäßig guten Ge-
schmackes in der deutschen Abteilung nicht erwehren. —
Kennzeichnet dies angenehme Merkmal die einfachsten Gaben,
die bescheidensten Linnen-Ornamente und Meßgewänder
(mit geringen Ausnahmen), so steigert es sich zu künstlerischem
Eindrücke bei solchen Prachtproben, wie er z. B. dem Ein-
tretenden von weitem schon mit dem Altäre entgegenleuchtet
der — als Gabe von Regcnsburg bekannt — die dortige
obcrhirtliche Frömmigkeit in geschmeidiger Seidenstickerei
verkörpert. — Ist an der heiligen Jungfrau und ihrem
Kinde, als Mittelstück des Altarbildes, etwa das allzu
starke Überwiegen der hellblauen Töne in der Gewandung
auszusetzen, was auf die Gestalten unruhig wirkt, so sind
 
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