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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Franz Lenbachs zeitgenössische Bildnisse
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Brachvogel, Carry: "Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!": eine Weihnachtsgeschichte aus dem Künstlerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0118

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Franz Lenbachs zeitgenössische Bildnisse — Ehre sei Gott in der Höhe rc. von Earrr Brachvogel

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den Frauen, die dasselbe so oft eher zu verstecken suchen,
ist das nicht der Fall, deshalb werde» uns seine Damen-
bildnisse auch selten so fesseln, während er bei Kindern oft
wieder überraschend wahr ist.

Das vorliegende Werk hat aber auch als bloße Re-
produktion ein außerordentliches Interesse, denn die Helio-
gravüren desselben geben die Originale in solcher Voll-
kommenheit wieder, entwickeln speziell eine Kraft und Klar-
heit des Helldunkels, wie wir sie noch nirgends gefunden
zu haben uns erinnern. Hier hat Or. Albert etwas
erreicht, in dem er geradezu unübertroffen dasteht, so daß
mau diese Publikation Sammlern schon deshalb
als etwas Einziges empfehlen kann. Man sieht
die ganze Handschrift des Malers, ja jeden Pinsel-
strich und hat doch wiederum die vollendetste
Wirkung und Abtönung im Ganzen, während sonst
gerade Heliogravüre und Photogravüre leicht
schwarz und schwer werden. Die teils politisch,
teils gesellschaftlich hohe Stellung der meisten
Dargestellten verleiht dem Werke einen ganz be-
sonderen Reiz. Unter den Bildnissen finden
sich u. a. diejenigen folgender Persönlichkeiten:

Der deutsche Kaiser, der deutsche Kronprinz, die
deutsche Kronprinzessin, König Ludwig I. von
Bayern, Prinz Ludwig von Bayern nebst Familie,

Königin Margherita von Italien, Viktoria, Sophie
und Margarethe, Prinzessinnen von Preußen,

Papst Leo XIII., Fürst Bismarck, Graf Moltke,

Gladstone, Döllinger, Minghetti, Richard Wagner,

Franz Liszt, Paul Heyse, Franz von Seitz,
Selbstporträt des Künstlers, Wilhelm Busch,

Fürst Rudolf Liechtenstein, Komtesse Moltke, zwei
Töchter Richard Wagners.

„Lhre sei Gott in der Löhe und
Frieden aus Lrden!"

Eine Weihnachtsgeschichte aus dem Künstlerleben
von ßarry Arachvoget

/Ti^s war Mitte Dezember und ziemlich kalt;

schwer hing der graue Winterhimmel über
Berlin, Regen, mit vereinzelten Schneeflocken ver-
mischt, rieselte melancholisch hernieder, es war
abscheuliches Wetter. Das mittelgroße Zimmer,
welches meine beiden Freunde im fünften Stock
eines palastartigen Hauses im Tiergartenviertel
bewohnten, war schlecht geheizt, die Fenster schlossen
vielleicht auch nicht, der Wind heulte draußen und zu-
weilen spürte ich den Luftzug ganz deutlich; im Raume
herrschte Dämmerung — alles war recht ungemütlich,
und dazu die sonderbare Einrichtung und die Unordnung
ringsumher. Die beiden waren Maler, ihr Atelier lag
auf der anderen Seite des Bodenraumes nach Norden;
sie hatten von ihren Studienreisen eine Menge wertvoller
Sachen, Teppiche, Waffen u. dgl. mitgebracht, aber das
Gemach sah doch kahl aus, denn die schönen Teppiche
lagen ans einem Haufen in einer Ecke, und es war, als
wäre die Einrichtung durch irgend etwas unterbrochen
worden, und nun wirkte diese Unfertigkeit doppelt peinlich.

Wir hatten nach fast halbjähriger Pause wieder ein-
mal miteinander musiziert. Der blonde Rolf saß auf
dem Rande seines Bettes und spielte jetzt allein, er war

ein Genie, als Maler trotz seiner Jugend schon zu einem
gewissen Namen gelangt, seine Begabung beschränkte sich
nicht auf die Kunst des heil. Lukas allein, auch auf der Vio-
line war er Meister — aber das heute war sonderbar ver-
worrenes Zeug, so daß ich verwundert lauschte und auch
Erich, der am Fenster vor dem Notenständer saß, hörte
auf sein Cello gestützt, erstaunt zu; es war eine seltsam
zerrissene Weise, fremdartig, wie Zigeunermusik, und Rolf
hatte sie vielleicht auf seiner letzten Reise im Balkan
irgendwo aufgelesen: das wirbelte wirr durcheinander,
bald klagend Ivie der Gesang der Aeolsharfe, bald wild

Graf Woltkr. Von Franz von Lenbach

und leidenschaftlich wie Sturm, jetzt wieder sanft — da
plötzlich brach er ab, sprang auf, warf die Geige mit
einem tiefen Seufzer auf das Bett und trat an das noch
freie Fenster, um den immer dichter fallenden Schnee-
flocken nachzustarren.

„Was war das denn?" fragte Erich, aber Rolf
hörte nicht. „Du", rief der andere lauter, „was hast
du denn?"

„dich", meinte Rolf und wandte sich mit gefurchter
Stirne um, „ich bin dieses Lebens satt!"

„Das heißt, du willst wieder vernünftig werden?"
fragte Erich rücksichtslos, während ich erschrocken auffuhr,
denn seit er es uns wütend verboten, hatten wir über
die Veränderung in seinen: Wesen nicht mehr gesprochen,
und das war mehrere Monate her.

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