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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Claros, B. L.: Ein Künstlerheim im Schwarzwald
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Aus einem Künstlerbriefe
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0322

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2H8

Lin Künstlerheim im Schwarzwald, von B. L. Llaros — Aus einem Künstlerbriefe

Zeit jedoch ist gemessen und — unser Zweck erfüllt. — Die Antwort auf die Frage von gestern abend, was den
Malern den Gutacher Aufenthalt so angenehm nnd nutzbringend macht, hat uns dieser Sonntag Morgen gegeben.

Wilhelm Hasemann hat mit seiner Gutacher Banernmalerei eine gute Wahl getroffen, es ist ihm sehr ernst
damit und wir können zu allem nur Glück wünschen. — Da sind wir wieder beim Bachbauer und jetzt am Bahn-
hof; — der Zug schnaubt von Hausach her und in zwei Minuten fahren wir an der Dorfkirche und an all den
Höfen vorbei, — weiter in den Schwarzwald hinein.

Aus Wilhelm ksasemanns Skizzenbuch

Aus einem Rünstlerbkiese

„Über große in sich vollendete Meisterwerke einver-
standen zu sein, hat nichts Auffälliges, wenn die Empfäng-
lichkeit dafür vorhanden ist; dieselben sind aber nur höchst
selten in dem Grade, wie es bei dem Rumpf des Jlioneus
der Fall ist, vorhanden, weil die schöpferische Kraft nicht
ausreicht während der langen schweren Arbeit das innere
Leben in der unbeseelten Masse zu erhalten, und selbst
den größten Künstlern gelingen sie nur vereinzelt in
solchem Maße, wie etwa Tizian beim Zinsgroschen; das
Auseinandergehen des Urteils beginnt also erst bei dem
Mangel, der eintritt, wenn dem Künstler der Spiritus
ausgeht. Da sind nur zwei Fälle möglich: entweder er
begnügt sich mit dem Erreichten, oder er sucht durch seine
künstlerische Einsicht, Mühe und Studien das Defizit zu
decken. Im ersteren, auf den sich Lenbach meisterhaft ver-
steht, bleibt Frische und Lebendigkeit erhalten, aber man
muß allerlei Unfertiges und Skizzenhaftes sich gefallen
lassen; im zweiten wird eine sogenannte tüchtige Durch-
führung erreicht, aber der größte Reiz des Kunstwerks,
scheinbare Mühelosigkeit geht verloren und muß dem Ein-
druck der Mühseligkeit weichen; das Leben erstarrt, die
Gestalten werden zu Wachsfiguren, woran selbst der
Napoleon eines Delaroche im Leipziger Museum erinnert.
Wie sich nun kunstverständige Beschauer im einzelnen
Falle mit der Leistung abfinden, dadurch entstehen die
abweichenden Urteile, und so ist es auch zwischen uns.
— Bei Cornelius und seiner Schule z. B. hört für mich
der Spiritus auf, wo die Malerei anfängt, deshalb sehe
ich ganz von derselben ab und halte mich bloß an die
Kartons, beziehungsweise die Kupferstiche, wobei für mich

Ansprechenderes übrig bleibt, als Dir die Gemälde bieten,
bei welchen Du den Ärger über die schlechte Malerei
nicht los wirst. Im anderen Falle bin ich der Belämmerte,
da mir die beste Malerei nnd prachtvollste Bildwirkung
verleidet wird, wenn sie mich nebenbei an den Atelier-
plunder erinnert, wenn ich die Modellgesichtcr moderner
Menschen in idealen Gewändern von gleichen Stoffen sehe,
oder Schauspielergesten in Theaterkostümen von historischer
Treue, wie die Meininger. Was will eine Kunst über-
haupt sagen, wenn sie nicht der Ausdruck einer geistig
oder gemütlich anziehenden Persönlichkeit ist? Kann sie
aber wirklich darauf Änspruch machen, dann ist es ziem-
lich gleichgültig, ob sie glatt oder rauh, gezeichnet oder
gemalt, gekratzt oder gehaucht, gehauen oder gestochen ist,
ob der Künstler ein Cornelius oder Delacroix, ein Adolf
Menzel oder Wilhelm Busch ist. Ohne diesen geistigen
oder idealen Inhalt ist alles Können nicht mehr oder
weniger wie jede andere Geschicklichkeit, und wenn der
Aufwand desselben die innere Bedeutung so weit über-
wiegt, wie z. B. bei den Niederländer Kleinmalern ö In
Mieris, fängt es für mich schon an, unerträglich zu
werden, die Behandlung muß dann wenigstens geistreich
und leicht sein, wie bei Terburg, am erfreulichsten aber
ist die flott geniale eines Brower oder Teniers. Glücklicher-
weise gibt es aber doch keine allzu geringe Zahl von
Bildern, auf welchen sich alles in einem taktvollen, ver-
gleichsweise meisterhaften Gleichgewicht befindet, wie z. B-
bei A. Menzel oder auch W. Dietz, die fleißig studieren,
aber frei schaffen, wobei man eine gemeinsame Genug-
thuung empfindet".
 
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