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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0090

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Personal- und Ateliernachrichten — Denkmäler rc.

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uns in das Arbeitszimmer Richard WagnerS in der „Billa
Wahnsried", die Zeit ist das Jahr 1880, nach Vollendung de-;
„Parsifal". Franz Liszt, welcher den Rücken dem Fenster zuge-
mendet die anfgeschlagene Partitur auf dem Schosse hält, scheint
der Frau Cosima Wagner, sowie dem neben ibm sitzenden Hans
von Wolzogen eine Stelle zu erklären: der Meister selbst steht
in Gedanken versunken vor seinem Arbeitslisch. — Ferd. Brült
erfreute seine zahlreichen Verehrer durch ein neues Genrebild,
dem diesmal ein heiteres Motiv zu Grunde liegt: Der Geburts-
tag. Zu den Großeltern ist die Enkelin gekommen, um dein
Großpapa den Blumenstrauß zu überreichen und den Glück-
wunsch aufznsagen. Der kleine blondlockige Wildfang ist an der
freundlich lächelnden Großmutter vorübergestürmt und schmiegt
sich an Großpapas Knie, Helle Freude in den Augen. Der alle
Herr beugt sich, und sein faltiges Gesicht erscheint ordentlich ver-
jüngt, liebevoll zu der Kleinen herab. Das ist der Inhalt des
durch seine gesunde Auffassung und seine Charakteristik so bedeu-
tend wirkenden Bildes.

— München. Im Atelier des Baron von Sehdlitz,
dessen Bestrebungen, den japanischen Stil für moderne Luxusein-
richtungen zu verwerten bereits seit mehreren Jahren das Inter-
esse der Kuitstfreuitde erregen, sahen wir kürzlich einen sür Berlin
ausgeführten Salon, der des .Künstlers bisherige Arbeiten sowohl
an räumlicher Ausdehnung als an Pracht und technischer Durch-
bildung überlras. Ist einerseits nniimehr von dem vielseitigen
Künstler das gesamle Mobiliar einschließlich der Teppiche, ge-
webten Stoffe und Stickereien mit in den Bereich seiner Arbeit
eiubezogen, so hat auch andererseits die Technik v. Sehdlitz'
mannigfache Bereicherung erfahren.

ss Von geschätzter Hand empfangen wir nachstehende aus-
führlichere Notiz über das neue Kamps'sche Freskobild: „Die
Schlacht bei Leuthen", das wir bereits im vorigen Hefte kurz
erwähnt haben. Bei dem allgemeinen Interesse, welches der
junge Künstler bervorruft, glauben wir, ihm wohl einen breiteren
Raum einränmen zu können.

Wie seinerzeit in diesen Blättern berichtet, halte im Jahre
1886 die Akademie zu Düsseldorf die Frh. v. Biel'sche Stiftung
sür Freskomalerei zu vergeben. Nach den Bestimmungen der
Stiftung sollen bekanntlich Privatleute, die emen Jnneuraum
ihres Hauses mit einem Fresko geschmückt haben möchten, diesen
Wunsch mit näherer Angabe des darzustellenden Gegenstandes
schriftlich der betreffenden Akademie mitteilen, welche dann aus
den eingelaufenen Eingaben ein Bild durch einen ihrer Schüler
von den Zinsen der Stiftung ln Fresko malen läßt (vgl. „Kunst
für Alle", Jahrg. 1887, Heft 8).

So hatte die Düsseldorfer Akademie unter mehreren Ein-
gaben diejenige des Herrn Leopold Peill, Fabrikbesitzers in Düren,
Ausschmückung seines Speisesaals durch eine Darstellung auS
der neueren preußischen Geschichte zur Ausführung bestimmt und
zu diesem Zweck eine Konkurrenz unter ihren Schülern aus-
geschrieben. Der Maler Arthur Kampf aus Aachen schickte zwei
Skizzen ein: „Abendgebet nach der Schlacht von Leuthen" und
„Professor Steffens fordert zur Bildung von Freiwilligenkorps, aus
1813". Die erste Skizze wurde zur Ausführung in Fresko ge-
wählt, die zweite soll im Aufträge des Staates lebensgroß in rill
ausgeführt werden.

Der Name des Künstlers war den Besuchern der Berliner
Jubilttums-Ausstellung nicht unbekannt: den meisten war ein
Bild „Letzte Aussage" genannt, ausgefallen, mit lebensgroßen
Figuren, die in einer weißgetünchten Dachstube sich um einen
sterbenden Mann scharen. War das Bild weder durch Gegenstand
noch Farbe ansprechend zu nennen, so war doch die richtige
Zeichnung und die sichere Pinselsührnng daran sehr bemerkens-
wert. Fragte man nach dem Künstler, so war man erstaunt zu
hören, daß man die Erstlingsarbeit eines 22jährigen Künstlers
vor sich habe, was allerdings in einer leisen Übertreibung der
charakteristischen Wahrheit in Haltung und Ausdruck der Figuren
des Bildes Bestätigung fand.

Sehr gespannt konnte man daher auf da? Ergebnis sein,
als man erfuhr, derselbe Künstler werde das Abendgebet nach
der Schlacht von Leuthen für den Speisesaal des Herrn Peill in
Düren als Fresko ausführen. Das Direktorium der Akademie
hatte die beiden eingereichten Farbenskizzen als ganz hervor-
ragende künstlerische Leistungen bezeichnet, eine Aussage, welche
die Besichtigung des Bildes bei Herrn Peill vollkommen bestätigt.

Als nach langem blutigen Ringen der Tag sich geneigt und
der Sieg Preußen zugefallen war, zieht in einem Regiment ein
alter Grenadier sein Gesangbuch hervor, stimmt das Lied „Nun

danket alle Gott" an, und das ganze Regiment fällt mit ein. So
der Vorgang, den Kampf meisterlich darstellt. Er gibt keine
straiuiii-militärische Front, aber auch keine unerlaubt aufgelöste
Gruppen. Die Gestalt des alten Grenadiers, das Geivehr im
Arm, das Gesangbuch in der Hand etwas vor der Front vor-
treten, deckt diese teilweise, bis am Ende derselben zwei Offiziere
davor stehen: vom Grenadier bis zum Zuschauer liegt das vordere
Glied auf den Knieen, die Luft ist ein dämmernder Abendhimmel
nach unten zu gerötet, der Boden schneebedeckt, zeigt aber keine
widerlichen Spuren des heißen Kampfes. Die Gesnmistiinmnng
des Bildes ist eine wohllhnend ernste und feierliche, mit für ein
Fresko großer Farbenliefe.

Zum Einzelnen übergehend, so fällt zunächst auf, daß diese
Soldaten obschon sie alle dasselbe thnn und zwar singen, an und
für sich keine leicht zu lösende Aufgabe, doch nirgends ihre
Stellung wiederholen und dadurch langweilig werden; sie haben
sich auch scheinbar ganz absichtslos so gestellt. Ferner sind es
die Soldaten Friedrich des Großen, obgleich eine Besichtigung der
Studien im Atelier deS Künstlers den Beweis liefert, daß sie
alle heutigen Tags in Düsseldorf hernmlaufen, endlich daß, wenn
selbst ihre Hände »ach Naturstudien gemalt sind, dieses gewissen-
hafte Eingehen auf die Einzelheiten der Natur, die künstlerische
Gesamtwirknng, und diese ist eine sehr große, nirgends beein-
trächtigt. Auch kann man wirklich sagen, diese handvoll Soldaten
stellt die Armee Friedrich des Großen dar.

Soll man nun tadeln, und ohne Tadel könnte das Lob
übertrieben erscheinen, so ist dem Künstler die Ausschmückung der
Wand durch sein Bild nicht recht geglückt; die Auffassung, das
Hauptbild mit seiner Umrahmung von Krieg und Frieden in
allegorischer Darstellung, als straff gespannten Gobelin sich zu
denken, hat etwas Steifes, welches andernteils der Künstler in der
Ausstellung seiner Soldaten im Hauptbild so glücklich vermieden
hat. Bedenkt mau aber, wie wenig Gelegenheit der junge Künstler
gehabt, eine geniale Ausschmückung, wie sie Rom, Mantua und
Neapel bieten, kennen zu lernen, so ist dieser Fehler zu ent-
schuldigen. Immerhin müssen wir seine Genie anerkennen, das
ihn leitete, einfache Menschen lebenswahr und nicht häßlich und
verzerrt darzustellen, auch ihnen keine schönen Posen zu geben,
noch sie unwahr zu gruppieren, und schließlich hat es ilm vor dem
Fehler der klassischen Schule bewahrt: die Darstellung wesentlich
notwendiger Nebendinge mehr einzuschränken als unsere Kenntnisse
einer vergangenen Zeit gestatten.

So wünschen wir dem begabten Künstler alles Gute für
seine weitere Entwicklung, sonne der Düsseldorfer Akademie Glück
zur Ausbildung eines so vielversprechenden Schülers.

Gestorben: Historienmaler James Bertrnud, 1825
in Lyon geboren und Schüler Perms, in Orsah — Giuliv
Carliui am 21. Lkl., 60 Jahre alt. Sein Hauptwerk „Amadeus
IV. v. Savoyen beim Friedensschluß von Turin" befand sich aus
der letzthin geschlossenen Venezianischen Ausstellung — Julien
Henard Pariser Stadlarchitekt.und Erbauer des Hotels de
Paris im 76. Lebensjahr. Im Architekturfach ein Schüler Huyots
und Lebas', lieferte er auch für Denkmäler ausgezeichnete Ent-
würfe, so besonders den für das Denkmal.der Verteidigung
von Paris i. I. 1814 — Maler Th. Metzkvpp in München,
33 Jahre alt — Der Wiener Landschaftsmaler Karl Schwe-
niuger am 13. Oktober, 69 Jahre alt. Seine überaus zahl-
reichen Landschaften, welche meist auf Stimmung den Haupt-
accent legen, sind stets wirkungsvoll gemalt und ermangeln
nur infolge gar zu großer Produktivität jeweilig der wünschens-
werten Durchbildung in den Details.

Denkmäler etc.

— Berlin. Reinhold Begas' Marmorgruppe, welche
die Berührung der beiden Pole des elektrischen Lichtes
unter dem Symbole eines sich umarmenden Liebespaares dar-
stellt und im Gipsabguß aus der vergangenen Akademischen Aus-
stellung wegen ihrer genialen aber durchaus malerischen Aus-
führung viel besprochen wurde, ist nunmehr dreimal in Marmor
bestellt worden. Zwei dieser Exemplare werden für Amerika
ausgeführt.

— In Preßburg ist das Hummeldenkmal feierlich enthüllt
worden. Bei dem Festbankett gelangte u. a. auch ein Schreiben
I. M. der Kaiserin Augusta zur Verlesung, in welchem die hohe
Frau ihrer Freude darüber Ausdruck gibt, den Lehrer ihrer
Jugend durch ein Denkinal geehrt zu sehen.
 
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