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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Pettenkofer, Max von: Zur Bilderrestaurierung: aus einem Vortrage in der Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren zu München 23. Nov. 1887
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0144

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Zur Bilderrestaurierung, von Prof. vr. Klar von Pettenkofer

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Es war damals sehr auffallend, daß die Gemälde in der Pina-
kothek hier sich wesentlich besser konservierten als in der Schleißheimer
Galerie, daß dort in der Schleißheimer Galerie die Veränderungen
viel größer und gewaltiger waren, und daS führte allmählich anch
aus die Erkenntnis der wesentlichsten Ursache von dieser Trübung
der Harzfirnisse. Es sind das die atmosphärischen Einwirkungen
ans Bilder und namentlich die Wasserkondensationen aus der
Atmosphäre. Unter gewissen Umständen schlägt sich auf die
Bilder, wenn sie kälter sind als die Luft ihrer Umgebung,
Wasser nieder in ganz feinen Tröpfchen, die unter Umständen
auch zu große« Tropfen werden. Ich habe Bilder in der Schleiß-
heimer Galerie gesehen und selbst in unserer alten Pinakothek,
über welche das Wasser geradezu herunterlief, ja sogar so, daß
sich manchmal Eiskrusten gebildet haben, und wenn nun dieses
Wasser wieder verdunstet, so erzielt das eine gewisse Molekular-
verändernng in den Firnissen, und sie verlieren allmählich mehr
und mehr ihren Zusammenhang. Wenn mau dieses Beschlagen
mit Wasser und dieses Verdunsten von Wasser aus dem Bilde,
das mit einem Harzfirnis versehen ist, oft wiederholt, so gelingt
eS in verhältnismäßig kurzer Zeit immer, das Bild ganz trübe
zu machen und selbst ein neues Bild so aussehend zu machen,
als hätte es schon ein Jahrhundert in Schleißheim gehangen.
Mit diesen optischen Veränderungen in dem Medium, durch wel-
ches wir die Farbe eigentlich sehen, hängen oft auch Verände-
rungen an dem Farbkörper selbst zusammen, das sind Rück-
wirkungen von der optischen Wirkung des Firnisses auf die tiefere!.
Schichten. Es kam hier z. B. bei den Landschaften von van der
Velde vor, daß die Bäume blau geworden waren, und da hieß
es, offenbar ist da die Farbe zerstört, die Bäume müssen einsach
frisch übermalt werden, und doch ist es durch das Regenerations-
verfahren gelungen, die grüne Farbe wieder vollständig her-
zustellen.

Der Nutzen des ganzen Regenerationsverfahrens also ist,
diese Harzüberzüge, die wir über unsere Bilder machen, immer
durchsichtig zu erhalten. Es ist daS ein sehr einfaches Prinzip
und es will durchaus nicht mehr, und ich habe auch nie mehr
beansprucht für diese Methode. Es ist also kein Universalmittel,
keine Panacee für alle Schäden, die wir an Bildern erblicken,
aber es ist ein sehr gutes Mittel für die ungeheuer große An-
zahl von Fällen die wir haben, wo wirklich Ölgemälde mit Harz-
firnis überzogen sind. Ebenso häufig als dieses geschieht, ebenso
nützlich ist das Verfahren.

Wir haben hier in München einige große Belege dafür.
Ich erinnere z. B. nur an das jüngste Gericht von Rubens, das
von Herrn Konservator Hauser vollständig regeneriert worden ist
und dadurch sehr bedeutend an Wirkung gewonnen hat. Es ist
nichts zu dem Bilde hinzngekommen, es ist nichts davon wegge-
kommen, es sind nur die Trübungen in der Firnismasse, die auf
dem Bilde waren, weggenominen. — Das Regenerationsverfabren
kann sich indes nur bei Bildern, welche Harzfirnis haben, ivirk-
am erweisen; wenn Bilder mit Ölfirnis überzogen sind, ist es
auch ohne jede Wirkung.

Es ist aber, wenn ein Ölfirnis undurchsichtig und trübe
oder schwarz und rauchig geworden ist, natürlich ebenso
wünschenswert, diesen entweder wieder vollständig klar zu machen
oder ihn zu entfernen, lind da bin ich nun in neuester Zeit
durch einen Zufall auch auf ein Mittel aufmerksam geworden,
um solchen schwer zu entfernenden, ganz trüben, undurchsichtigen
Ölfirnis zu beseitigen. Es schickte mir mein hochverehrter Kollege,
der berühmte Physiologe du Bois-Reymond in Berlin, ein Bild,
das er um ein paar Lire in Tremosine am Gardasee bei einem
Tändler erworben hatte. Ich versuchte sofort, ob das Regene-
rationsverfahren darauf anwendbar sei, und fand zu meiner
großen Enttäuschung, daß da . damit gar nichts zu machen sei.
Es war ein alter, verhärteter Ölfirnis, der über dem Bilde war,
fast ganz undurchsichtig. Ich fiel nun auf den Gedanken, ein
Mittel, von dem ich ohnehin schon bei der Farbentechnik gute Er-
folge gesehen hatte, in Anwendung zu bringen, .nämlich den
Copaivabalsam, der allerdings für sich allein den Ölfirnis nicht
anzugreifen vermag; aber ich dachte, vielleicht thut er dies in
einer anderen Verbindung. Ich wußte, daß Copaivabalsam mit
Ätzammoniak eine Verbindung eingeht, sozusagen eine Seife bildet,
eine Ammoniak-Seife, und stellte mir nun diese Verbindung her,
versuchte sie dann auf das Bild anzuwenden, und das Experi-
ment gelang auch sofort.

Man hatte an dem ganzen Bilde sehr wenig mehr gesehen.
Ich fing an, die Köpfe zu putzen, und war sehr erfreut, daß da eine
ziemlich deutliche Malerei zum Vorschein kam. Es stellt das auf
Holz gemalte Bild einer heiligen Familie dar, auf dem sich die

1. Zkadium der Restaurierung

2. Zkadium der Restaurierung
 
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