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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Daelen, Eduard: Die Weltausstellung zu Düsseldorf
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Unsre Bilder
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108 Die Weltausstellung zu Düsseldorf, von L. Daelen -

Blumenkelche als Töpfchen, in denen sie ihr feinstes
Aroma ablagern. Daß Böcklin wieder zu zahlreichen
Parodien hat herhalten müssen, ist so gut wie selbst-
verständlich; kostbar ist ein „Spiel der Wellen" (von
Roch oll), worauf die Unschuld badender Wäscherinnen
. von alten Jungfern mit Sonnenschirmen beschützt wird,
ferner ein prächtiger Meergrcis (von B o s ch) mit plastischem
Bart und Kopfhaar, ein grausiger Zentaurenkampf n. a. m.
Ein weibliches Porträt von Lehmbach ist von frappanter
Ähnlichkeit, ebenso ein Almatademädchen, ein Lotsenboot
(von Aiv ers offsky) re. So ist in den 70 und mehr
Nummern ein wahrer Sprühregen phantastischer Komik
mit unerschöpflichem Erfindungsreichtnm entwickelt worden.
Gleiches Ergötzen erregte eine zahlreiche gefälschte Ge-
mäldegalerie, die bei einer früheren Ausstellung (1873)
noch für echt gehalten, nach den neuesten lichtvollen Er-
mittelungen des Prof. Th. Lewin jetzt aber als total
gefälscht erkannt worden ist.

Eine bedeutende Anzahl von Geschenken in Gemälden,
Aquarellen, Handzeichnungen re. war für die Verlosung
eingelaufen und da unter den Gebern die berühmtesten
Namen, wie Janssen, Knaus, Sohn, Kontier, Achenbach,
Gebhardt, Hünten, Gehrts, Crola, Rocholl, Dahl n.a. waren,
so fanden die Lose, welche außerdem die günstigsten Chancen
boten, natürlich bedeutenden Absatz. Gleicher Gunst er-
freute sich das Küustleralbum, welches Aug. Bagel (in
2000 Exemplaren) zum Geschenk machte. Die Generosität
hat sich hier überhaupt in glänzendstem Lichte gezeigt.
Nicht nur von Düsseldorf, auch aus den Nachbarstädten
ist niit einer Uneigennützigkeit sonder gleichen, die nicht
hoch genug angeschlagen werden kann, zu der guten Sache
beigesteuert worden, ein beredtes und wohlthuendes
Zeichen, welcher Sympathien sich die Düsseldorfer Kunst
und ihre Vertreter zu erfreuen haben.

Aber auch wohl noch selten ist von letzteren ein
Fest in so harmonischem Zusammenwirken ausgeführt
worden. Wenngleich manche sich ganz besonders hcrvor-
gethan haben — so die Professoren Schill (der Schöpfer
der prächtigen Kuppelhalle) und Janssen, Gebrüder Röbcr,
A. Schweitzer (der eigentliche Vater der Festidee), Kröner,
Ad. Schmitz, Gehrts (Wandermaler), Seyppel (Zukunfts-
inaschinen), Bosch, Rethel, Leisten, Jcrnberg, Lins und
von Volkmann (Aquarium), Order und Volkhardt, Erd-
inann, Prcmierleutnant Hoher (Kindergarten und Kvch-
knnstausstellung), der Verein der Akademiker „Lätitia"
(wilde Völkerschaften) und viele andere — so ist doch
keiner zurückgeblieben und von den drei Vereinen Mal-
kasten, Unterstützungsverein und Kunstgenossenschaft ist in
ganz selbstlosem Schaffen für die gemeinsame Sache ge-
arbeitet worden. Möge das großartige Werk, welches
auf diese Weise so wohlgelungen erzielt wurde, als ein
leuchtendes Wahrzeichen in der Erinnerung bleiben und
somit für die Zukunft die schönsten Früchte der Eintracht
zeitigen helfen. E. Daelen

Aphorismen

Sie Antike bekleidet den menschlichen Körper mit Scham
und Hoheit; die moderne französische Kunst entkleidet selbst
öas Hackte. Sie ist schamlos simpuctchue) und zuweilen unver-
schämt (iiupuäeiitj. — Athen goß die Seele über das Fleisch
aus, Paris gießt das Fleisch über die Seele. Die griechische
Statue errötet, die französische inacht erröten.

Aus Abbe Roux' „pensees."

Aphorismen — Unsere Bilder, vom Herausgeber

Llnsere Bilder

vom Herausgeber

Man hat unserer klassizistischen Kunst oft mit Recht
den Vorwurf gemacht, daß ihr Verfahren viel zu inflektiert
und ausgeklügelt sei, um jemals naive und unbefangen
natürliche Figuren Hervorbringen zu können, daß man im
Gegenteil immer die Berechnung oder die Reminiszenz an
denselben gewahre, wie sie dem Rhythmus der Linie nur
zu ojt die Wahrheit des Ausdrucks opfere. Ohne Zweifel
halten diese Vorwürfe eine gewisse Berechtigung. In Versen
zu sprechen und doch frisch und unbefangen zu bleiben,
gelingt eben sehr viel schwerer als in Prosa. Ist cS aber
enicm Goethe und selbst Heine doch gelungen, so findet
man dergleichen auch bei Führich, Schwind und Richter.
Nicht minder erfreut cs an der Biadonna mit dem Kinde,
die wir heute von dem verspätete» Klassizisten Theodor-
Grosse bringen, wo er durch das Pflücken der wilde»
Rose ein überaus anmutiges und sinnvolles Motiv der
Bewegnng für Mutter und Sohn gesunde» und n»t großem
Geschick ansgenützt hat. — Man muß schon eine ganz
besondere Freude an jener Atmosphäre von haupfftädtiscyer
Unsauberkert und innerlicher Fäulniß haben, sie allein
„pikant" finden, wenn man sich nicht mehr an einer so
reinen und edlen Schöpfung, wie dieser, soll erfreuen können!
Und wer wollte es leugnen, daß es auch in unserer Kunst
eine ziemlich verbreitete Geschmacks-Richtung gibt, die nur
das Lüsterne und Unreine schön, nur de» Schmutz poetisch
findet? Zu was hätten wir denn unsere Hoftheater, als
um dieselbe mit dem Abhub der Pariser Küche täglich zu
pflegen? —

Ohne Zweifel hat auch die Sinnlichkeit ihr 'Recht in
der Kunst so gut wie in der Natur. Dann aber muß sie
bei den Schöpfungen der elfteren mit der Anmut als
Freundin oder mit dem Humor als Begleiter auftrcteu,
wenn sie nicht alsbald widerwärtig werde» soll. Dem
Schalk verzeiht man am ersten allerhand Freiheiten, er-
läßt uns ein Auge zudrücken, während uns das Herz auf-
geht über seinen Scherzen. Das gerade versteht nun Meistcr
Gehrts in Düsseldorf unvergleichlich, sich der Gesellschaft
jener beiden zu versichern; ergötzlich, phantasievoll, drollig,
überall, verläßt ihn doch nie die heitere Anmut auch bei
seinen tollsten Einfällen. Einen neuen reizenden Beweis
davon gibt er bei dem Kinderfries mit den vier Bildern
der Kunst und Wissenschaft, des Handels und der In-
dustrie, mit denen er das „Cafe Central" — eS spiegelt
sich schon in der Wahl des Namens die unermeßliche
Fadheit unserer Gastwirte und Kaffeesieder — in Düssel-
dorf verziert hat.

Ist es da nicht eine wahre Lust, diesen Kaufmann
zu sehen, der den beiden vornehm koketten Damen sein
Tigerfell anbietet? Oder gar die Wissenschaft, die lorbeer-
geschmückt, aber schlecht frisiert und gewaschen zwischen einein
Globus und dem Vogel der Weisheit sitzt, die Löffelgans
als Souffleur hinter sich, um den jungen Damen und
Herren Vorlesungen zu halten. Endlich die „Kunst", wo
ein junger Schiller mit Schreibheft und Tintenfaß an,
Rücken sich entsetzlich streckt, um die riesige Büste Dürers
krönen zu können, während die Architektur der Bildhauerei
und Malerei ihre Plätze anweist und auf der letzter» der
Naturalismus als mit Palette und Malstock bcwafsneter
Affe hinten draufsitzt. — Das ist aber alles mit so viel
Stilgefühl, Witz, Grazie und köstlich malerischem Talent
 
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