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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Zernin, Eduard: Kaiser Wilhelm als Freund der Künste: ein Gedenkblatt
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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Kaiser Wilhelm als Freund der Künste.

Augen des Königs Friedrich Wilhelm HI. das Modell
zu diesem Grabdenkmal auszuführen; er kam dann wieder
im Winter 1814, nachdem inzwischen in Carrara und
Rom das Denkmal selbst vollendet worden war, nach
Berlin, um letzteres aufzustellen. Zu jener Zeit stand der
damalige Prinz Wilhelm allerdings erst in den Jünglings-
jahren, allein bei dem tiefen Eindruck, welchen der frühe
Tod der königlichen Mutter am 19. Juli 1810 in Hohen-
zieritz in ihm hinterlassen hatte, ist es leicht begreiflich,
daß das Meisterwerk des berühmten Künstlers zunächst
mit liebevoller Aufmerksamkeit und sodann mit wachsendem
Verständnis von dem Fürstensohn gewürdigt wurde, lind
als nun gerade in Berlin eine Meisterschöpfung nach der
andern aus der Werkstatt des ebenso fleißigen wie kunst-
begeisterten Schöpfers hervorging — 1822 entstanden
die Denkmäler von Scharnhorst und Bülow in Marmor
für Berlin, zwei von Blücher in Bronze für Berlin
und Breslau 1826 und 1827, das Grabdenkmal des
Königs Friedrich Wilhelm III. als Seitenstück für das
Mausoleum in Charlottenbnrg 1841, das prachtvolle
Rciterdenkmal König Friedrichs des Großen in Bronze
für Berlin 1851 —, da hatte sich in dem Prinzen
Wilhelm und dem späteren Prinzen von Preußen neben
dem wachsenden Interesse für bildhauerischen Schmuck ein
feines Verständnis und sicheres Urteil, zugleich aber auch
eine besondere Vorliebe für diesen Knnstzweig heraus-
gebildet, 'die in der Folge stets noch genährt und ver-
stärkt worden ist. Und was der frühere Prinz und
Prinz-Regent gethan, hat der König und Kaiser noch in
größerem Maße fortgesetzt, denn wir sehen gerade in der
glorreichen siebenundzwanzigjährigen Regierungszeit des
Monarchen eine große Zahl von hochbedeutenden Denk-
mälern entstehen, welche teilweise seiner eigenen Initiative,
teilweise seiner Anregung oder Unterstützung zu verdanken
sind.

Die hervorragendsten aus den letzten 17 Jahren
wollen wir anführen, indem wir noch bemerken, daß Kaiser-
Wilhelm stets persönlich bei ihrer feierlichen Enthüllung
gegenwärtig war und dadurch den Festen ihre eigentliche
Weihe gab. Am 16. Juni 1871 — dem Tage des Sieges-
einzuges der Truppen in Berlin — wohnte er der
Enthüllung des Reiterdenkmals für König Friedrich
Wilhelm III. im Lustgarten zu Berlin bei; am
9. Juli 1872 weihte er das Standbild des Ministers
Frhrn. v. Stein vor der Burgruine Stein bei Nassau ein ;
am 2. September 1873 übergab er das große Sieges-
denkmal vor dem Brandenburger Thor zu Berlin der
Öffentlichkeit; am 3. Oktober 1876 sah er das Sieges-
denkmal des 14. Armeekorps zu Freiburg in Baden aus
seiner Hülle hervorgehen; am 10. März 1880 war er
Zeuge, wie das Denkmal der Königin Luise im Tier-
garten zu Berlin hellleuchtend von seiner dunklen Umgebung
sich abhob; am 1. November 1880 ließ er das Stand-
bild des Feldmarschalls Grafen von Wrangel auf dem
Leipziger Platze zu Berlin für die Bevölkerung sichtbar
werden; am 28. September 1883 übergab er mit einer
eigenen Ansprache das Nationaldenkmal auf dem Nicder-
walde den dort versammelten Tausenden von Deutschen;
am 26. September 1884 erwies er. einem verstorbenen
hochverdienten General — von Goeben —- die Ehre,
Zeuge der Einweihung seines Denkmals in Koblenz zu
sein; am 19. August 1885 ließ er wieder mit einer
eigenen Ansprache das Denkmal des Königs Friedrich

Lin Gedenkblatt von Gebhard Jernin 22t

Wilhelm I. im Lustgarten zu Potsdam enthüllen, und
am 10. Juni 1886 war er Zeuge, als das Reiterstand-
bild König Friedrich Wilhelms IV. auf der Frei-
treppe der National-Galerie zu Berlin von der Hülle be-
freit wurde. Alle diese und noch manche andere Denk-
mäler hat Kaiser Wilhelm auf dem Wege des Ent-
wurfs ihrer Zeichnung bis zu ihrer letzten Herstellung,
fast könnte man sagen schrittweise entstehen sehen; sein
weiser Rat und namentlich seine große Wahrheitsliebe
und ausgebreitete Kenntnis vieler Thatsachen hat beson-
ders in der Ausführung manche Unrichtigkeit und Un-
natürlichkeit verhindert, und es ist nur eine wohlver-
diente Anerkennung, welche dem kaiserlichen Mäcen von
vielen Künstlern gezollt wird, wenn man zugibt, daß gerade
er bei manchen Werken der Bildhauerkunst Mithelfer und
geistiger Vater gewesen sei. In solcher Weise hat der
Kaiser bei keiner anderen Kunstgattung — mit alleiniger
Ausnahme der Malerei, auf die wir später zurückkommen
werden — eine Mitwirkung eintreten lassen.

Hiefür können wir ein schlagendes Beispiel anführen.
Das große, am 2. September 1873 eingeweihte Sieges-
denkmal auf dem Königsplatz zu Berlin zeigt bekanntlich
eine offene Halle, welche den Sockel der Säule umgibt,
und am Schaft der letzteren ist ein Mosaikgemälde von
Anton von Werner angebracht (ausgeführt von Sal-
viati in Venedig), welches in halb allegorischer Weise
die Siege von 1870/71 und die Wiederaufrichtung des
Deutschen Kaiserreichs verherrlicht. Als Direktor von
Werner die Ausführung dieses Frieses übernahm, hatte
er manche Schwierigkeiten zu überwinden, bevor er den
Gegenstand seines Gemäldes feststellte. Er macht dar-
über dem Schreiber dieser Zeilen vor einigen Jahren
folgende interessante Mitteilungen: „. . . Hier hatte ich
das herausfordernde Frankreich symbolisiert durch eine
römische Jmperatorengestalt, welche die napoleonischen
Züge E. v. Girardins trägt, weil Se. Majestät (der
Kaiser Wilhelm) ausdrücklich die Darstellung Napo-
leons III. in dieser Figur verboten hatte. Eine zweite,
sehr wesentliche Veränderung meines ersten Entwurfs
war dadurch herbeigeführt, daß Se. Majestät nicht selbst
dargestellt sein wollte, wie er die deutsche Reichskrone
annimmt, sondern eine weibliche allegorische Figur dafür
zu setzen befahl, wie jetzt zu sehen ist. Ich half mir
über das künstlerisch Unlogische damit fort, daß ich unter
der Figur anbrachte: loco impernioris, denn ich wußte
in der That nicht, was die Figur eigentlich darstellen
sollte: eine Verkörperung des Hohenzollernschen Hauses,
des Königreiches Preußen oder des neuen Deutschen
Reiches? Ich machte dies Sr. Majestät auch bemerklich,
als ich Allerhöchstdemselben bei der Enthüllung des
Mosaikbildes die nötigen Erläuterungen gab. — Er hat
sehr viele und hochinteressante Äußerungen gethan, als er
das Bild in der Akademie behufs der nötigen Korrekturen
nach seinem Wunsche mit mir besichtigte, aber diese
passen nicht für die Öffentlichkeit. Daß auf seinen Be-
fehl nachträglich noch Generalfeldmarschall Freiherr von
Manteuffel angebracht wurde, ist Ihnen vielleicht be-
kannt; Se. Majestät motivierte dies mir gegenüber mit
den Worten: „General von Manteuffel hat in Nord
und Süd zwei Armeen zum Siege geführt, ein Fall, der
in unserer Geschichte kaum vorgekommen."

Bei solchen Gesinnungen des Kaisers Wilhelm,
welche ein Hervortreten seiner eigenen Persönlichkeit auf

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