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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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Personal- nud Atelicrnachrichtcn — Denkmäler rc. — Zlusstellungen, Saininlungen :c.

gib! wenige Menschen, welche ihrem Berufe mit solcher Begeiste-
rung anhingen, wie dieser brave, tüchtige, liebenswürdige Ai an»
es gethan. Sein Verlust ist den» auch säst unersetzlich, obwohl
er mit jedem Jahr einige Maler in die Geheimnisse seiner Bilder-
heilkunde eiugeweiht und somit eine foitwirkende Tradition hinter-
lassen hat, ,Schellei»S Geheimnis bestand ui einer geradezu stutzen-
de» Gemäldekenntuis, einem ganz wunderbaren Auge für das,
was man gemeinhin die „Handschrift" eines Malers nennt. Er
hatte in allen europäischen Sammlungen lange, scharfe Bilder-
schau gehalten und sich mit seltenem Verständnis in die Eigenart
der alten und modernen Meister hineingeschaui. Sein Urteil war
denn auch ein ebenso begehrtes als sicheres. Obwohl selbst kein
Maler von Bedeutung, wußte er doch, wie kein zweiter, die Be-
deutung eines Meisters zu würdigen. Daher seine Pietät für
das Original und seine Abneigung gegen die gewöhnlichen van-
dalischen „Resiaurier-" oder besser Verderb - Methoden , welchen
schon so manches heilbedürstige Meisterstück zum Opfer gefallen
ist. Ein geborener Hallenser, kam Schellein mit 27 Jahren »ach
Wien, wo er für Anwendung seiner Bilderkuren zueist nur in
Privatsammluugeu Gelegenheit fand. Erst mit der Gründung
der Restaurierschule des Belvedere, welche eines der vielen Ver-
dienste des gewesenen Oberstkämmerers Grafen Crenneville um
die heimische Kunst bildet, sollte Schellen, ein ausgiebiges wür-
diges Feld für seine segensreiche, mühevolle Thäiigkeit finden.
Kein Arzt hat es je so liebevoll und ehrlich mit seinen Patienten
gemeint, wie Schellen, mit seinen kranken Bildern. Er konnte
in einen heiligen Zorn geraten, wenn er auf Spuren unheilvoller
Kurpfuscherei, schwindelhafter Übermalungen oder sonst zweifel-
hafter Restaurierexperimente stieß. Wenn es ihm jedoch gelungen
war, einen seiner luehrhundertjährigen Kranken wieder herzustellen,
daun gab es keinen glücklicheren Menschen als Karl Schellein.
Man,.mußte ihn beispielsweise die Geschichte von der Ablösung
und Übertragung auf eine neue Leinwand der Tiziansche» „Kir-
schenmadonna" erzählen hören, wie leuchteten da seine treuen,
lieben Augen! Es wäre eitles Beginnen, die Reihe der von
Schelleiu geretteten und restaurierten Kunstwerke aufzählen zu
wollen; es sind deren Hunderte. Rächst dem geuannlen Tizian
mögen indes Dürers Dreisaltigkeilsbitd, ein herilicher Christus
von Pordenone, zehn Schlachlenbüdcr von Snhders und süusund-
dreißig zumeist Jagdbilder von Hamilton aus ursprünglich
Schwarzenbergschem Besitze genannt werden. Letztere Arbeit war
eine der schwierigsten ihrer Art, weit viele der Bilder Blasen ge-
winsen hatten und die Farbenichicht bereits abgefallen war. Nun
hat dem Rastlosen ein noch Rastloserer, der Tod, Pinsel und
Spachtel aus der Hand genommen, und seine zahlreichen Freunde
haben ihn hinausgeleilet nach der großen Friedeusoase des toten
Wien, wo in ihm einer der besten Männer, tüchtig als Künstler,
hilfreich als Mensch, heiler und duldsam als Freund, der unver-
geßliche Großmeister der lustigen Genossen von der „grünen
Insel", Ruhe gefunden.

GvltorbLii: Felix Darleh, der hauptsächlich durch seine
zahlreichen Illustrationen zu den Werken von Irving, Cooper,
Longfelloiv, Dickens u. a. berühmt gewordene amerikanische Maler
und Zeichner, zu New-Uork im Alter von 00 Jahren. — Eugen
Felix in Lcivzig, bekannter Kunstfreund und Sammler, am
3l. März.— Theodore Fröre, geschätzter französischer Orienl-
maler, am 25. März in Pans. Seine meisten und besten Werke
behandelten das Volksleben in Äghplen und Kairo, in welch letzterer
Stadt er lange Jahre seiner Kunst gelebt hat.

Denkmäler etr.

* Die Stadt Dresden wird voraussichtlich als der ersten
eine dem Kaiser Wilhelm ein ganz eigenartiges, schönes
Denkmal errichten. Insbesondere soll es an den feierlichen Ein-
zug Kaiser Wilhelms in Dresden im Jahre 1884 erinnern.
Es wird aus zwei Fahnenmasten bestehen, die den Eingang der
damaligen Triumphstraße, der Hauptstraße in Neustadt-Dresden,
zieren werden. Dieser Platz ist außerordentlich gut zu gedachtem
Zwecke geeignet. Neustadt-Dresden ist nach dem großen Brande
des Jahres I70t von August dem Starken ganz planmäßig an-
gelegt worden. Die sehr breiie Hauptstraße, die mit einer schönen
Allee geschmückt ist, mündet der schöneren Perspektive wegen in
siumpscin Winkel aus die Haupt-Elbbrücke, in ihrer geraden Ver-
längerung verbreitert sie sich zum Neustädler Markt, aus dem Augusts
vergoldetes Reiierbitd ostwärts (gen Polen) gewandt auf hohem
Unterbau steht. Seme Hinterwaud bitdel die Hauptwache, die
ursprünglich nur als der Unterbau zu einem gewaltigen Obelisken

gedacht war, der aber wie so viele andere Pläne Augusts un-
ausgeführt blieb. Die beiden Fahnenmasten schließen sich in
ihrem Stile an das Denkmal und die sonstige Umgebung an,
doch haben die Künstler — Bildhauer Epler, der Schöpfer
des Göbendenkmals, und Architekt Schubert — in der An-
wendung der Rokvkoformen ein feines Maß zu wahren gewußt.
Die Maße der beiden Fahnenhalier, die in Granit und Bronze
ausgeführt werden sollen, sind recht ansehnlich: der untere Durch-
messer ist auf 2,05 m, die Höhe bis zum Ansatz der Stange
aus 5,50 in berechnet. Der eine Fahnenhalter, für die deutsche
Flagge bestimmt, ist in seinem Hauptteile mit dem Bilde König
Alberts, der andere mit dem seines hohen Gastes, des Kaisers
Wilhelm, geschmückt; an den Mast schließt sich in elegantem
Schwünge eine Balustrade mit Bank und endigt in einem Kande-
laber für Gasseucr. Diese prächtigen Fahnenhalter, deren einer
in farbigem Modell eben fertig geworden ist, werden der genann-
te» Straße einen überaus wirkungsvollen Sckunuck verleihen.

— Stuttgart. Der Verein zur Förderung der Kunst lädt
die deutschen Künstler für das dem Dichter der Wacht am Rhein
Max Schncckenburger in seiner Heimatstadt Tuttlingen zu errich-
tende Denkmal zu einem Wettbewerbe ein, dessen nähere Be-
dingungen vom Schriftführer des Vereins, W. Spemann in
Stuiigart, zu beziehen sind. Als Einlieferungstermin ist der 15.
Juni d. I. festgesetzt. Zur Verfügung stehe» etwa 24,000 Mk.

Nusstrllungrn, Sammlungen etr.

b-f-ab. Zum crstenmale bei unS werden sich auf der
Münchener iniernationaleu Ausstellung von 1888 die Holländer
in ihrer Gesamtheit zeigen. Mau wird sich erinnern, daß
ihre neue Schule bisher nur vereinzelt auslrat, im Gegensatz zu
den Belgiern, denen z. B. 1883 in Wien eine geradezu glänzende
Exposition ihres Landes gelungen war, welche nicht weit hinter
der französischen Abteilung zurückblieb, während sie nicht so glänzend
in ihrem Saale auf der mleruationalen Ausstellung in Berlin
1880 erschienen. Sehr gespannt darf mau darauf sein, wie sie
sich in München dieses Mal zeige» werden, umsomehr, als zu-
gleich ihre Nachbarn und künstlerischen Antipoden, die Holländer,
eine Kollektivausstellung in München veranstalten und man
bei dieser Nebeneinanderschau die Gegensätze der beiden
Schulen wieder einmal deutlich bemerken wird; es sind merk-
würdigerweise noch immer, und trotz allem, was sich inzwischen
zutrug, dieselben Gegensätze, die einst am ausgesprochensten in
den beiden großen Genien der Länder, Reinbrandt und Rubens,
zu Tage getreten sind. Wir sind heute in der Lage, über die
holländische Beteiligung an der Ausstellung einiges mitzu-
teilen. — Der Vertreter der holländischen Künstler für die Aus-
stellung ist I. H. L. de Haas, der wohlbekannte Tiermaler. Er
hat es weder an Korrespondenzen fehlen lasten, noch Reisen ge-
scheut, und so ist die glücklichste Vertretung der neuen holländischen
Kunst gesichert. 75 Maler werden mit etwa 150 Bildern ver-
treten sein. Die Künstler, die in erster Reihe heivoirageii werden,
sind folgende: Jozef Israels — es versteht sich, daß er allen
voran genannt wird — mit zwei bis drei Schöpfungen; die drei
Brüder Maris, von denen jeder eine ähnliche Zahl senden wird.
Der soeben verstorbene Landschaftsmaler Mauve, von dessen
Küuitlerschaft die Leser in seinem Nekrologe gelesen haben, wird
durch die Güte einiger hervorragenden Amateure durch drei be-
deutende Bilder vertreten sein, die sein Talent für graue
Stimmungen aufs feinste bethäligen werden. Mesdag, der große
Marinemaler, schickt drei bedeutende Bilder; die gleiche Anzahl
de Haas, dessen Initiative die Teilnahme der holländischen
Künstler sür die Münchener Ausstellung zu verdanken ist. Roelofs
wird zwei, Gabriel wird drei seiner Bilder schicken; Klinkcnberg seine
Straßenansichten aus holländischen Städten. Von dem ver-
storbenen Bakkerkviff wird man holländische Interieurs aus der
Zcii des erste» Empire sehen; Jvjselin de Jong und MUe. Hubrechl
schicken Porträts, die letztere das des berühmten Augenarztes
Donders in Utrecht von großer Ähnlichkeit. Die Figurenmaler
Blommers, Artz und Henkes, die Brüder Ostens, NeuhuyS,
Offermans, Van de Velden, H. ten Kate werden vertreten sein.
Man wird die Bilder mit Tieren von Stortenbeker sehen, und
Landschaften von Künstlern wie Zücken, Tholen, Poggcubeck,
Bilders, du Ehatel, Apol, und von de Bock, der zuweilen ein so
empfindnngsvvller Nachfolger Coots ist. Militärszenen von Hvistinck
van Papendrechi, Blumen von Van de Sande, Bakstustzen und
Roosebom; Pastelle von MUe. Schwartze, Radierungen und
Stiche von Storni van Gravesande, Zücken und der nieder-
 
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