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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Fitger, Arthur: Raffael: Dichtung; aufgeführt im Bremer Künstlerverein am 6. April 1883
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Vincenti, Carl Ferdinand von: Das Maria-Theresia-Denkmal in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0327

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2^,2 Raffael. Dichtung von Arthur Fitgcr — Das Maria-Theresia-Dcnknial in Wien. Don Aar! von vinccnti

Die sechste Stunde war's, die Sonne sank,

Da herrlich nahte eine andere Sonne,

Mich über allemaßeu zu beglücken.

Doch trunken von den Gluten, die ich trank,

Quält heute mich Erinn'rung jener Wonne,

Und Pein und Elend ward all mein Entzücken."

Zum drittcnmale! Tauscht michs wiederum?

(Ein Portal des Klosters erhellt sich nach und nach; man sicht
daS Gemälde der Madonna von San Sisto in strahlender Be-
leuchtung wie eine Tranmerscheinung auftnuchen.)

Chor der Mönche,

Du solatiuin et retuchuiv,

Vir§o, inater Maria!
tzuickguick optaiuus,

Der te speramus:

Ora, ora pro nobis

Raffael (ist langsam in die Kniee gesunken).

Wer bin ich, hochgebeuedeite Jungfrau,

Daß du mich würdigest, mir zu erscheinen?

Chor der Mönche.

lücce debiles, pei-Huam debiles,

Lalvu. nos, o Naria!

I'olle lan^uores,
b'elle dolores,

Ora, ora pro nobis!

Raffael.

Entsage deiner Erdcnglut, o Herz;

Die höchste Schönheit führt mich himmelwärts,
Und was hier gehasst und hier geliebt,

Auf meinem Weg wie dürre Spreu zerstiebt;

O, weile nach du göttlich Traumgesicht,
Durchsvuue mir mit deinem civ'geu Licht
Mein irdisch Aug' und weihe meine Hände,

Das; ich, Vollendete, dein Bild vollende.

Chor der Mönche.

Virß;o respice, Maler acküpice,

^ucki nos o Maria,

Mater ckivina,

Loeti re§ina,

Ora, ora pro nodis.

(Das Bild verdunkelt sich. Der Vorhang fällt.)

Das Marla-Ktzeresm-Denlrmat in Wien

von Karl von vinccnti

as Denkmal der großen Kaiserin, dessen Enthüllung
für den 13. Mai anberaumt ist, erhebt sich auf
dem prächtigen Schmuckplatze zwischen den beiden Hof-
mnsecn, angesichts der Kaiserbnrg. Eines der weitaus
großartigsten Epochal-Monnmentc, verkörpert es die there-
sianische Zeit in nicht weniger als 29 Erzgestaltcn, wenn
man die beinahe vier Meter hohen Hochrelief - Figuren
dazu rechnet. Kaspar von Zumbuschs Werk ist in drei-
zehn Jahren ausgeführt worden, wovon elf Jahre auf
die Herstellung der Figuren kommen. Sein großer Vor-
zug ist die starke Einheitlichkeit, die volle harmonische
Gesamtwirkung; alle Teile des Denkmalcs sind fest zu-
sammengehalten und gelangen doch in der Architektur zu
frei sich unterordnender Geltung. Das Plateau, auf wel-
chem sich der gewaltige, an den Ecken mit bronzcvcrzierten
Sänlenpaaren aus Sterzinger Serpentin verstärkte Sockel-
aufbau aus rosig schimmerndem böhmischen Granit erhebt,
besteht aus grauem Mauthausener Granit und mißt fast
30 Meter im Durchmesser. Hoch oben, wie von den
Herrschertugenden und der Liebe des Volkes emporge-
tragen, sitzt Maria Theresia als sechs Meter hohe Kolossal-
gestalt in der Vollkraft des Lebens dargestellt, doppelgcbietend,
als Kaiserin und Frau; die Rechte ist mit hoheitsvollcr Gc-
berde ausgestrcckt, in der Linken ruht das Reichsszeptcr; die
Meytensschen Bildnisse und Donners Büste haben dem Bild-
hauer als besondere Vorbilder für die Erscheinung der
Kaiserin gedient. Auf den Stufen des im reichen deko-
rativen Zeitstil gehaltenen Thrones, sitzen an den vier Ecken
die allegorischen Gestalten der Kraft, Weisheit, Gerechtigkeit
und Milde; sie messen etwa dritthalb Meter in der Höhe.

Außer der Kaiserin wird acht bedeutenden Zeitge-
nossen, welche in erster Linie den theresianischen Staats-
bau nach außen beschirmt und nach innen befestigt haben,
eine aus dem Ganzen herauswachsende, bevorzugte Stellung
eingeräumt. Es siud dies die Fcldmarschälle Daun,
Laudon, Traun und Khevcnhüller, welche als über vier
zwei fünftel Meter hohe Rcitcrgestalten auf hohen Sockeln

übereck ansspringcn und die Staatsmänner Kaunitz und
Hangwitz, sowie Van Swieten, als Träger der Wissen-
schaft und Feldmarschall Wenzel Liechtenstein als Refor-
mator des Kriegswesens, welche als vierthalb Meter hohe
Standfiguren auf ansspringenden Sockeln vor de» Fronten
des Sockelanfbanes erscheinen. Mit diesen Freifiguren
stehen die vier großen Reliefgruppeu der Rundbogen-
nischcn in engstem Zusammenhänge. Sv sehen wir hinter
dem Staatskanzler Kaunitz seine nächsten Vertrauens-
männer und diplomatischen Helfer: Mcrch, Starheinberg
und Bartenslein; hinter Haugwitz dessen Mitarbeiter ans
dem Gebiete der Justiz und Verwaltung: Sonnenfels und
Martini, Brückenthal, Ricgger und Grassalkovitsch; als
künstlerische und wissenschaslliche Autoritäten folgen den,
großen Mediziner Van Swieten: Mozart, Haydn und
Gluck, der Hsttm'i>.'R'c>ph Pray, der Archüolog und
Münzkundige Eckhcl; im Kricgsdepartcment endlich treten
dein Feldmarschall Liechtenstein die drei Feldmarschällc
Lacy, Hadik und Nadasdy zur Seite.

Die Gesamthöhe des mächtigen Deukmales erreicht
beinahe 20 Meter; ans der Stirnseite, der Ringstraße
zu, lesen wir den Namen der Kaiserin, auf der Rückseite
die schlichte Inschrift: „Errichtet von Kaiser Franz
Joseph 1." Weiterer Erzschrift bedarfs nicht, das Werk
selbst ist beredt genug. Die dekorative Behandlung des
Aufbaues, sowie die kostümliche der Figuren entspricht
bei schöner malerischer Freiheit durchaus der thcrcsiani-
schcu Spätrenaissauee. Über dem Gebälk, welches den
Thronsockel trägt, zieht sich ein Fries ans Lorbeerwülsteu
herum, Friedens- und Kriegstrophäcn, Adler und Kränze
vervollständigen die Svckclzicr. Eine Umfriedung aus
zwischen Pilastern gezogenen Bronzekettcn umgibt das weite
Plateau. Die Erzwirkung der Gestalten ist eine über-
raschende; vermittelst eines eigentümlichen Frotticrnngs-
Vcrfahrcns hat man den Kanten und Umrissen starke
Lichter aufgesetzt, welche eine» wohligen edlen Schimmer
über das Ganze verbreiten.
 
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