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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Pecht, Friedrich: Die Münchener Ausstellungen von 1888, [1]: Einleitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0340

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Von Friedrich Pecht

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Zäsrlwrrll.rus am hvlländisclirn Lrtrandr. Aquarell von ksans Lartcls

Bild der deutschen Stammeseigentümlichkeiten, wie es anziehender nicht gedacht werden kann und daher den Reiz
des Ganzen unendlich vermehrt. So wüßte ich z. B. nichts Charakteristischeres für die beiderseitige Stammes-
art als die badische und die schwäbische Abteilung, die beide nebeneinander Hausen, und wo die letztere durch
die Gediegenheit ihrer Edelmetallarbeiten erfreut, wie sie Bruckmann in Heilbronn, Föhr, die Geißlinger Fabrik,
Ehrhardt in Gmünd bringen. Dafür personifiziert die erstere das Schlanke, Graziöse und Phantasievolle der
Badener überaus glänzend, besonders in den Werken des Direktors Götz, da sich in Karlsruhe eben eine meist
ans Landeskindern bestehende Kunstschule gebildet hat, so ganz der Landesart entsprechend, wie kaum eine zweite
in Deutschland existiert. Es wäre denn die Münchener selber, die wenigstens im Kunstgewerbe die bayrische
Art viel bestimmter ausspricht als z. B. in der Malerei. Hier muß man es aber auch entschieden rügen, daß
gerade die Münchener noch sehr im Rückstand sind, während sich Augsburg und besonders Nürnberg mit
tüchtigen Leistungen eingestellt. Das reiche Frankfurt hat dann im Juwelier Schürmann einen vortrefflichen
Vertreter und Hanaus Edelmetallindustrie zeigt nicht minder große Fortschritte. Norddeutschland ist mit
alleiniger Ausnahme des überaus charakteristisch, d. h. glatt, kühl und ein wenig bunt vertretenen Sachsens
sonst mit seinen Ausstellungen noch zu weit zurück, als daß man sich ein Urteil erlauben könnte, wie wir
denn diese vorläufige Skizze noch vielfach zu ergänzen haben werden, da ja kaum die Hälfte des Vorhandenen
zu sehen war, als dieser Bericht geschrieben werden mußte. Immerhin wird man, wie viel auch im einzelnen
auszusetzen, und wie groß der Schaden sei, der uns aus dem Uebergang eines Teils unsres Kunstgewerbes znm
Rokokostil erwächst, doch gestehen müssen, daß das Gebotene zwar alle unsere altererbten nationalen Fehler,
aber auch einige neue Tugenden erkennen lasse und trotz alledem durchaus hoffnungsvoll aussehe.

(Fortsetzung folgt)
 
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