Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Die Münchener Ausstellungen von 1888, [2]: die deutsche Malerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0358

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Von Friedrich pecht

28l

nach der malerischen Seite hin bezeichnet, seit seinem großen Kurfürsten. — Vogel gehört zu jenen Historien-
malern, als deren ältesten Typus man Paul Veronese oder in neuerer Zeit Delaroche bezeichnen kann, die
außer dem scharfen Eindringen in den Charakter ihrer Personen auch noch eine gewisse Freude am Prunk,
an Samt und Seide wie Farbenlnst aller Art nicht verleugnen. Ja, die große koloristische Begabung ist
hier durchaus vorherrschend, wie vortrefflich die Individualisierung und der Ausdruck der Figuren auch gelungen
seien und das Bild zum reiz-
vollsten seiner Gattung auf der
Ausstellung machen. Mehr als
Vogel hier gethan hat, dürfte
er aber nicht wagen, ohne dem
Ernst der Geschichtserzählung
zu schaden. Vornehmen Per-
sonen ist ohnehin die Selbst-
beherrschung und das gemessene
Wesen im öffentlichen Auf
treten so anerzogen, daß sie es
dem Künstler dadurch sehr er-
schweren, zu schildern was in
ihnen vorgeht, ohne theatralisch
zu werden. Dies ist denn auch
wohl ein Hauptgrund, weshalb
die Maler die Schilderung des
Volkes und der Kinder meist
so sehr bevorzugen, weil diese
naiveren Wesen ihren Empfin-
dungen viel freieren Lauf zu
lassen Pflegen, also plastischer
werden. Es ist das ja dieselbe
Ursache, die uns auch die Tiere
oft so interessant macht, weil
sie wie die Kinder allemal so
ganz dabei sind bei dem, was
sie gerade thun, so gar keine
Hintergedanken haben, wie die
erwachsenen Menschen, so daß
sie gerade dadurch außerordent-
lich ausdrucksvoll in ihren Be-
wegungen, und damit also auch
fesselnd werden.

Ganz im direktesten
Gegensatz zu Vogel befindet sich
bei der Auffassung historischer
Vorgänge Hellqnist, der eben-
so durch eine oft bis zur Häß-
lichkeit gehende Schlichtheit und
Ehrlichkeit zu wirken sucht, wie
Vogel durch malerischen Reiz.

Bei seinem zum Tode gehenden

Huß (Abb. s. Heft 3) hat er indes nach dieser Seite hin fast zu viel gethan und ist ab und zu Haltungslos und nüchtern
dadurch geworden, obwohl man auch hier die Kraft, die in solcher Entsagung liegt, nicht verkennen kann. Durchaus
selbständig und nicht ohne tiefe Empfindung erscheint die heilige Elisabeth, welche Arme speist, von Wilhelm Volz in
Karlsruhe, von dem auch eine direkt an Paul Veronese erinnernde Personifikation des Schmuckes voll Talenr und
üchter Gestaltungskraft unseren Lesern schon durch die Abbildung bekannt geworden. (S.S.257.) Hermann Kaul-
bachs Friedrich II. am Sarge der heiligen Elisabeth ist durch die Photographie, wie die Ausstellungen schon
so bekannt geworden, daß ich mir die Beschreibung dieses malerisch reizvollen Bildes erlassen kann. (Abb. s. S. 263.)
Jetzt bringt der Meister eine junge Christin in den Katakomben, die frühzeitig Wittwe geworden, die da aus-
gestellte Büste ihres geliebten Toten küßt.

Pause, von August Hol mb erg

Münchener )ubil.-Ausstellung
 
Annotationen