Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

DOI Artikel:
Voss, Georg: Die Berliner Kunstausstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0442

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
346

Die Berliner Kunstausstellung. von Georg voß — Aphorismen, von I. I. Mohr

Königin Luise ist in zwei großen Werken gefeiert. Das
eine ist eine sitzende Statue der Königin von Hund-
rieser, ein Werk, dem die runde Formenfülle des
Enckcschcn Standbildes im Tiergarten zum Vorbilde ge-
dient hat. Das andre ist eine zierlich bewegte Rokoko-
gruppe von Eberlein, welche die Königin mit ihrem
zweiten Söhnchen, dem nachmaligen Kaiser Wilhelm I.,
darstellt. Eberlein ist hier, wie in der Darstellung histo-

yoss uno Harro Magnussen,
beide Schüler von Reinhold Begas,
sind auf diesem Gebiete mit guten
Arbeiten vertreten. Unter den
wenigen von auswärts eingesendeten
Bildwerken befindet sich Donn-
dorfs überlebensgroße Marmor-
büste Bismarcks. Der Kanzler ist
im Gegensatz zu Begas' Büste
außerordentlich ruhig dargestellt.
Doch auch in dieser Ruhe tritt die
Bedeutung des Staatsmannes mäch-
tig hervor. Begas hat uns den
Kanzler in einem besonders bewegten
Augenblick der innern geistigen Ar-
beit dargestellt, Donndorfs Büste
hält sich treuer an die Erscheinung
des Kanzlers, so wie er sich in
dem ruhigen Ernst des Lebens gibt.
Beide Werke ergänzen einander.

Die Anordnung der ganzen
Ausstellung, namentlich die Auf-
hängung der Bilder, die meist uur
in einer Reihe an den Wänden des
weiten Gebäudes angebracht sind,
wirkt überaus gefällig. Bei der
feierlichen Eröffnung am 15. Juli
war die Ausstellung bis in die
kleinsten Teile hinein durchaus voll-
endet. Im Gegensatz zu der lang-
samen Fertigstellung der gegen-
wärtigen Münchener Ausstellungen
sei dies ganz besonders hervor-
gehoben.

Aphorismen, von ll. ll.Nobr

Allerdings ist das sittliche Ele-
ment von größerer Bedeutung als das
künstlerische: jenes ist das Leben,
dieses der Schmuck der Menschheit.

erinnert. Ein paar maßvoll und fein bemalte Porträt-
büsten desselben Künstlers sind mit einer Büste von Max
Klein die einzigen farbigen Bildwerke der Ausstellung.
Außergewöhnlich zahlreich sind diesmal einige in ganz
schwachem Relief ansgeführte Porträtmedaillons, von denen
einige kaum das Relief einer Münze besitzen, ohne daß
dadurch der Ausdruck der Köpfe irgend etwas an charak-
teristischer Wirkung eingebüßt hätte. Rein hold Felder-

Hrrbstlied. von vr. Ernst Stückelbe

rischer Charaktere überhaupt, nicht in seinem rechten Ele-
mente. Doch der Künstler, von dessen erstaunlicher
Schaffenskraft die jetzige Münchener Ausstellung eine be-
redte Probe ablegt, weiß uns auch hier durch ein fein
beseeltes Werk zu entschädigen: Einen Amor, nachdenklich
die Spitze eines Pfeils prüfend, der wohl nicht der Liebe
Lust, sondern nur der Liebe Schmerzen in das Herz eines
armen Menschenkindes zu tragen bestimmt ist. Ebenfalls
in den graziösen Linien des Rokokostils bewegt sich
v. Üchtritz in einem Venusbrunnen, dessen lächelnde
Liebesgöttin an die Gruppen des Parks von Sanssouci

Lin Kunstwerk muß seine Zeit
^ erklären, und nicht umgekehrt die Zeit

das lvcrk.

Ls gibt nur eine einzige Majestätsbeleidigung, und das
ist die an der Natur verübte.

lvem es vergönnt ist, an dein Tisch der Götter zu sitzen,
der sollte eigentlich gar nicht darnach fragen, was das kleine,
mißgünstige Ding, genannt Publikum, dazu sagt.

Ein Kunstwerk soll auch darin der Natur gleichen, daß
es uns wie diese zu sehen, zu genießen und zu denke» gibt,
und nicht blos eines von diesen.

Der Künstler soll auch das Leichte nicht leicht nehmen.
 
Annotationen