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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die erste Münchener Jahres-Ausstellung 1889, [8.1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0041

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von Friedrich pecht

2,


Energie festhalten. Brandt, ihr Führer, gibt einen „Aufbruch zur Jagd" in schneebedeckter polnischer Dorfgasse mit
gewohnter sprühender Lebendigkeit und fast patronenartig festem Vortrag, Kowalsky-Wierusz ein köstlich fein
abgetöntes „Aschheimer Moos" (Abb. s. Jahrg. IV, 345) und Kozackiewicz die kleine Perle eines „Markttages in
Polen". Die schöne Treue, mit der die Polen an ihrem unglücklichen Vaterlande hängen, spricht sich aber
noch ergreifender in zwei Bildern Malczewskis aus Krakau aus, wohl einem Schüler Matejkos, der hart,
färb- und tonlos, aber tief empfunden und energisch, verbannte Polen in den sibirischen Bergwerken und dann
den Tod einer schönen mit ihrem Gatten dorthin exilierten oder ihm freiwillig nachgefolgten Frau schildert,
die da dem Elend erlegen. Das ist trotz
alles Ungeschicks doch so wahr und er-
greifend gegeben, daß man es auf persön-
liche Erinnerungen zurückzuführen geneigt
wird. Jedenfalls beweist es, wie man selbst
trotz geringer technischer Gewandtheit zu
rühren ja zu erschüttern vermag, während
oft der größten Bravour weder das eine
noch das andre gelingt. Kossak in Krakau
führt uns dann als einziges Schlachtbild
der Ausstellung Napoleon vor, welcher in
der Schlacht von Smolensk einen Grafen
Tyckiewicz dekoriert. Ist das nicht ganz
wie vor fünfzig Jahren, wo man an allen
Kunstläden nur Kupferstiche mit französi-
schen Heldenthaten und über uns erfochte-
nen Siegen, aber nie etwas von unseren
eigenen Triumphen sah? Es ist nur gut,
daß wir dank unsrer unverbesserlichen Thor-
heit bald wieder so weit sein werden, be-
stehen doch bereits die Auslagen unsrer
Kunsthändler wiederum zur größeren Hälfte
aus fremden Bildern!
Den Russen und Polen wären
hier gleich noch die Czechen anzuschließen,
die sich ja sehr viel mehr nach der russi-
schen Herrschaft sehnen sollen, als jene.
Von ihnen hat Zenisek eine sehr anmutig
und eigenartig erfundene „heilige Nacht" ge-
bracht, die auch ebenso liebenswürdig aus-
geführt ist, aber wie so vieles andre Gute vor
der Hängekommission wenig Gnade fand, da
Zenisek weder in Impressionismus, noch in
Spinat macht, sondern entschieden Stilgefühl
hat. Besser erging es Jakeschs heiliger
Theodosia (Abb. s. Jahrg. VI, 332), die
in sehr mangelhafter Kleidung, wohl von FrirdensgrISulr. von Karl Schultheiß
der Flut dahin gespült, tot am Meeres- manchen« zal>r°-.A-.st°llung iss,
strande liegt, und immerhin ein stimmungs-
volles Bild ist. — Da ich nun schon einmal unter die biblischen Damen gelangt bin, kann ich wohl noch die Hagar
des Akademieschülers Schmutz-Baudiß (Abb. s. Jahrg. IV, 359) nachtragen, der mit ihr ein ganz hoffnunsvolles,
wenn auch noch etwas zu süßes Bild geliefert hat, in welchem sich aber jedenfalls frühe Selbstständigkeit ausspricht.
Nachdem wir die Ungarn als sämtlich hier gebildet schon vorweg genommen, so kann ich zum Schluß
gleich noch zu ewigen Skandinaviern übergehen, so zu Sindings im Hardangerfjord fröhlich badenden Jungen
(Abb. s. Jahrg. IV, 310), die man ohne ihre Flachsköpfe freilich auch in der kleinen Marine in Capri herum-
plätschernd glauben könnte, so sonnig sieht die Landschaft des heiteren Bildes aus. Der Düsseldorfer Schwede
Nordenberg gab dann eine Damenspielerin, womit wir denn die Besprechung der Nordländer an unsrer
Ausstellung schließen wollen, um zu den lang ersehnten und endlich eingetroffenen Franzosen überzugehen.
(Die Fortsetzung im nächsten Hefte)
 
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