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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Voss, Georg: Die Berliner akademische Kunstausstellung
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. -- Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0072

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Die Berliner akademische Kunstausstellung, von Georg voß — Personal- und Ateliernachrichten

Vom Kaiser erworben. — Die Landschaftsmalerei der
jüngern Berliner Schule ist im ganzen gut vertreten.
Aus den Künstlern, die sich um Gude gruppieren, ragen
Müller-Kurzwelly, Leistikow und Wentscher her-
vor, unter den Bracht-Schülern besonders der Kuhmaler
Frenzel, ferner mit Flachlandschaften von großer Natur-
wahrheit Wilh. Feldmann, Georg Schwitzen, von
Eckardstein, Wachenhusen und Müller-Kämpff.
Die Realisten in der Darstellung des modernen
Volkslebens, welche auf den Ausstellungen der letzten
Jahre in München und Berlin mit ihren Hellmalereien
allergrößten Maßstabes sonst das meiste Aufsehen er-
regten, sind diesmal hier fast ganz fern geblieben.
Skarbina bringt die figurenreiche Darstellung eines
Kupferwalzwerkes, ein Bild, das sich in seiner grauen
Farbenstimmung und mit seinen mißmutigen Arbeiter-
physiognomien noch ernster und trübseliger als seine
sonstigen Darstellungen des Volkes bei der Arbeit aus-
nimmt. Ungemein ansprechende Lebensfrische zeichnet da-
gegen Schlabitz' „Kirchenchor in Tirol" aus. Der
Maler hat hier in den freundlichen Zügen des ländlichen
Sängerchors und der Musiker, ebenso wie in der lichten
Farbenstimmung des hellbunt ausgemalten Kirchenraumes
den rechten Ton für die Darstellung des Sonntags-
friedens in der Abgeschiedenheit des ländlichen Lebens
getroffen. — Fritz von Uhde bringt seinen bekannten
vielumstrittenen Flügelaltar „Die heilige Nacht". Mit
Darstellungen des modernen gesellschaftlichen Lebens, die
von der heutigen deutschen Kunst so gut wie ganz ver-
nachlässigt werden, zeichnet sich Friedrich Stahl aus
Berlin aus.
Der Bericht könnte noch manches brav gemalte Bild
erwähnen. Doch die dabei in Betracht kommenden Maler
haben uns fast ausnahmslos auf unsren früheren großen
Ausstellungen an so wesentlich Bedeutenderes gewöhnt,
daß wir es unterlassen müssen, ihr malerisches Schaffen
auf Grund der hier ausgestellten nur für den Bilder-
markt bestimmten Werke zu charakterisieren.

Personal- und Ateliernachrichlrn
Tb. V. Sr. Budapest. Die neueren Gebäude der sich stetig
verschönernden ungarischen Hauptstadt beginnen sich auch schon
in Bezug auf künstlerische Ausschmückung vorteilhaft von den
kasernenartigen großen Häusern des alten Pesth zu unterscheiden.
Die in der Andrässystraße und aus dem Theresienringe sich erheben-
den Paläste bieten an mehr als einer Stelle dem an künstlerische
Ausschmückung gewohnten Auge einen angenehmen Anblick. Das
Palais des Ludwig v. Krauß zeichnete sich auch bisher durch
seinen bildhauerischen Schmuck aus; sein künstlerischer Wert wird
in Zukunft durch die Brunnenstatue noch erhöht werden, welche
der bekannte Bildhauer Julius Donath entworfen hat. Diese
Brunnenstatue, welche die dem Palasteingange gegenüber be-
findliche Wand schmückt, ist ein hohes Relief mit lebensgroßen
Gestalten. Wir sehen auf demselben ein reizendes junges Mäd-
chen, das eben im Begriffe ist, vom Brunnen zu gehen, als ein
junger Page, im cmguecento-Kostüm, sie zärtlich umarmt und
ihr süße Worte ins Ohr flüstert. Die Bewegung, mit welcher
sich das Mädchen den Armen des Pagen entwinden will, indem
sie das Köpfchen leicht zurück wirft, läßt bereits erraten, daß ihr
Widerstand nicht allzulange währen wird, und daß die Worte
des Pagen sich den Weg zu ihrem Herzen gebahnt haben. Die
ausgegossene Wasserkanne, und der auf der Erde kauernde kleine
Amor, der sich eben bemüht, des Mädchens Füße zu fesseln, er-
klären die Situation zur Genüge. Die anmutsreiche Idee ist von
Julius Donath mit großer Virtuosität ausgeführt. Die Be-
wegung der Hauptfiguren ist graziös und natürlich; der Aus-
druck der Gesichter charakteristisch und sprechend. Der Bronze-

guß des Werkes wird in der Turbainschen Erzgießerei zu Buda-
pest ausgeführt werden. — Julius Agghäzy kehrte dieser Tage
aus der Plattensee-Gegend zurück, von wo er eine ganze Reihe
neuer Farbenskizzen mit sich brachte. Dieselben nehmen zumeist
ihren Vorwurf von den sumpfigen Ufergeländen des Plattensees;
doch gibt es darunter Dort- und Weilermotive, welche uns das
ungarische Volk in seiner Tagesarbeit begriffen vorführen. Der
fleißige Künstler hat einen Teil dieser Skizzen auch schon aus-
gearbeitet. Unter seinen vollendeten Bildern ragt besonders
eine Morgenlandschaft hervor, in welcher eine in den Fluten des
Platensees herumwatende Kuhherde sichtbar ist. Ein stimmungs-
volles, schönes Gemälde ist auch das von der Arbeit heimkehrende
Bauernmädchen im Scheine der die ganze Gegend vergoldenden
Abendsonne. Alle diese Bilder werden in der November-Aus-
stellung der Gesellschaft für bildenden Künste zum erstenmale zu
sehen sein. — Karl Senyei, der erst jüngst sein Atelier ein-
gerichtet hat, vollendete bereits die bei ihm seitens der Haupt-
stadt bestellten Marmorbüsten und ist gegenwärtig mit der Mo-
dellierung der für die Fassade des Justizpalastes bestimmten klei-
neren Statuen beschäftigt. Auch sehen wir bei ihm ein reizendes
Relief, die drei kleinen Kinder einer vornehmen hauptstädtischen
Familie darstellend. Die freundlichen, lächelnden Kinderantlitze
nehmen den Beschauer in angenehmster Weise gefangen. Senyei
kultivirt mit Vorliebe auch die ungarischen Genregruppen, und
seine neueste Schöpfung auf diesem Gebiete wird ein kosendes
Liebespaar sein, das er im kleineren Maßstabe modelliert, damit
dasselhe in Bronze gegossen auch zum Schmucke von Salons
dienen könne. Ein solches kleineres Bildhauerwerk des jungen
Künstlers hat im Vorjahre Se. Maj. der Kaiser-König Franz
Joseph angekauft. — Baron Ladislaus Mednyansky, der
geniale ungarische Landschaftsmaler, dessen Werke stets von des
Künstlers poetischem Gemüt und lebhafte Naturbeobachtung
zeugen, beschickt die Herbstausstellung mit zwei größeren Wald-
stücken. — In der Musterzeichenschule gingen mit Beginn des
neuen Schuljahres mehrfache Veränderungen vor sich. An Stelle
Alexander llhls, der wegen andauernder Kränklichkeit auf
seine Stellung endgültig resignirte, trat der junge Maler Robert
Nadler, der mit feinen orientalischen Bildern Aussehen erregte;
er unterrichtet die Zöglinge des Instituts in Kunstindustrie- und
Dekorationszeichnen. Die Vorträge aus Plastik feiern gegenwärtig,
weil diese Klasse des Instituts schon demnächst in "das Atelier
Alois Strobls übersiedelt. Dieses Atelier wurde auf dem der
Hauptstadt gehörenden, in der Epreskertgasse gelegenen Grunde
errichtet, auf welchem sich auch die unter der Leitung Julius v.
Benczurs stehende Meisterschule befindet. Die Bildhauerschule
wird derart eingerichtet sein, daß Strobl zur Anfertigung der
bei ihm bestellten großen Werke ein weites und Prächtiges Atelier
erhält, während die Zöglinge gemeinsam oder auch gesondert in
kleineren Ateliers arheiten werden. — Unter den jüngeren un-
garischen Malern beschäftigen sich gegenwärtig: Andreas Kar-
lovszkv, Tihamer Margittay, Ignatz Roskovics und
Paul VägS mit den Illustrationen zu dem Buche: „Die guten
Hochländer", des durch seine Erzählungen zu so großer Popu-
larität gelangten Koloman v. MikszLth. Das Buch, welches
auch deutsch in der Übersetzung Ladislaus Neugebauers er-
scheinen wird, enthält sechzehn kleinere von echtester Poesie er-
füllte Erzählungen und jede wird derselben mit einer auf das
Hauptmoment der Erzählung sich beziehenden farbigen Illustration
geschmückt sein. Der Verleger dieses wertvollen Buches ist die
Firma Legrüdy, welche alles aufbietet, daß dasselbe eine hervor-
ragende Zierde des Weihnackts-Büchermarktes werde. Das Titel-
bild ist das Werk Ignatz Roskovics'. — ArpSd v. Feszth,
der an der dekorativen Ausschmückung des Budapester Opern-
hauses einen hervorragenden Anteil hatte, und dessen Pinsel
man stets in Anspruch nimmt, wenn von der Ausschmückung
irgend eines momumentalen Baues die Rede ist, — raubte sich
jüngst auch die Muße zur Schöpfung eines in größerem Maß-
stabe entworfenen Gemäldes religiösen Vorwurfes. Das Bild
stellt eine der erhabensten Szenen der biblischen Geschichte dar:
Die Grablegung Christi, und wird ein würdiges Pendant zu dem
Gemälde „Golgatha" des ausgezeichneten Künstlers abgeben, das
seinerzeit im Kreise der Kunstkenner allgemeines Aussehen er-
regte. — Der Grabhügel des jüngst verstorbenen jungen Dichters
Julius v. Reviczky wird mit einem schönen Denkmale ge-
schmückt werden, und wurde mit der Ausführung des plastischen
Teiles, wie wir hören, Julius Donath betraut.
tr. Düsseldorf. Der Bildhauer Joseph Reiß hat im
Staatsaustrage das große Modell zu.einer PietL vollendet, für
welches bedeutende Werk derselbe den Preis von 12,000 Mark
 
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