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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die erste Münchener Jahres-Ausstellung 1889, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0078

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von Friedrich pecht


Rotwild. von Aarl ^enke
Erste Münchener )ahres-Ausßellung ^889

der Verschiedenheit der ihr zu Gebote stehenden Stoffe, des Holzes, Sand- und Backsteins, Marmors, Eisens,
Stucks u. s. w., und ihrer wachsenden Gewandtheit, einem jeden die seiner Natur entsprechendsten Formen ab-
zugewinnen! Wie schlecht macht es sich aber auch, wenn man mit Ziegeln und elendem Mörtelverputz riesige
Quadern nachäfft, wie man bei uns noch täglich sehen kann. Welche koloristisch stimmungsvollen Reize
ziehen dagegen die Dome von Straßburg und Freiburg, das Heidelberger Schloß aus ihrem prächtigen roten
Sandstein! Glücklicherweise ist sich aber die Mehrzahl unsrer besseren Maler der Vorteile einer richtigen Be-
nützung des Materials heute sogar mehr als je zuvor bewußt und es sind meist nur die Pfuscher, welche
durch das Gegenteil zu verblüffen suchen, weil sie nicht fesseln können. Haben Piloty und besonders Makart,
dann Lenbach unsrer Malerei erst wieder zu besserer Ausnützung der Ölfarbentechnik verholfen, so haben unter
den jüngeren nicht nur Fr. Aug. Kaulbach, Diez und Löfftz, sondern auch Klaus Meyer, Ernst Zimmermann
oder Weiser wie Marr noch weitere Fortschritte nach dieser Seite hin gemacht, die man auch Lesker und
Willroider nachrühmen kann. Im Aquarell nun hat diesmal unleugbar Hans Bartels in seinen beiden
prachtvollen Bildern von Rügen, besonders aber in der Ausfahrt eines Dampfers aus einem Hafen der Nord-
see ins bewegte Meer wahre Musterbilder von geschickter Ausnützung der natürlichen Vorzüge der Wasserfarben-
technik geliefert, besonders nach der Seite der Tageshelle und der unermeßlichen Vertiefung des Raumes hin.
Dabei unterstützt ihn freilich seine so meisterhafte Zeichnung außerordentlich, und die Feinheit, mit der er den
Charakter der Flut studiert hat, sowie eine technische Gewandtheit, die gar keine Schwierigkeiten zu kennen
scheint, eben weil er ihr keine unsinnigen Aufgaben stellt. Denn nirgends mehr als in der Malerei gilt das
„In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister". — Den Reiz des der Wasserfarbe überhaupt erreichbaren
Helldunkels gibt Weich berger aus Weimar in seinem sonndnrchblitzten „Waldinnern" nicht weniger meister-
haft wieder, so daß diese beiden Künstler in der That alle wetteifernden Ausländer weit übertreffen, was man
auch Paul Meyerheims „Schmiede" nachrühmen kann. — Dagegen beweist Nardi aus Rom in einer
großen, höchst talentvollen und mit ungewöhnlicher Bravour durchgeführten „Das Stiefkind" betitelten Bauern-
stubenszene, daß man eben mit Wasserfarben im Helldunkel eine gewisse Tiefe nicht überschreiten kann, ohne
schwarz und schwer zu werden, was bei dieser sonst so verdienstlichen Komposition sehr zu bedauern ist. Die
Italiener neigen eben dank ihrem technischen Geschick ebenso zur leeren Bravour, als die Deutschen zu ge-
mütlicher Pfuscherei. In ihrer mäßigeren Art vortrefflich ist dagegen das Männerporträt in ganzer Figur
von Skarbina in Berlin, dessen Gouachen alle sehr anerkennenswert sind und ihn weit begabter erscheinen
lassen, als seine zu rohen Ölbilder. Nicht weniger meisterhaft sind dann die Marinen Dills. Auch Wentscher
in Berlin und Zehme haben gute landschaftliche Aquarelle geliefert, wie Lutteroth in Hamburg und Ha-
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