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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die erste Münchener Jahres-Ausstellung 1889, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0081

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von Friedrich pecht

53

Herren aber Skulptur und Malerei ihren unerläßlichen Platz in der modernen Baukunst anzuweisen wüßte,
sieht man aus diesen sämtlichen Plänen jedenfalls noch nicht. — Das scheint bis jetzt in München bloß Neu-
reuther begriffen zu haben und noch besser Hasenauer in Wien, der Pläne und Lichtbilder seines dort so brutal
als ungerecht angefochtenen Burgtheaters sandte, das Semper und ihm gleiche Ehre macht, während die gegen
ihn in Szene gesetzte „Hatz" durch ihre Roheit und Ungerechtigkeit jedes bessere Gefühl empören mußte.

XI. Dir vervielfältigenden Künste


^lluch diese Ausstellung ist gleich denen der Bildhauerei und Baukunst verhältnismäßig dürftig ausgefallen
^ und steht zum Reichtum der Malerei in keinem Verhältnis. Im ganzen zeigt sie ein fast völliges Aus-
leben des eigentliches Kupferstiches, der kaum mehr
vertreten ist und fast ganz der Radierung Platz ge-
macht hat, die rascher zum Ziele führt. Vom ersteren
ist fast nur der Zinsgroschen nach Titians weltberühm-
tem Bild von Schultheiß als mit viel Verständnis
gestochen und Michaleks Porträt des Kaisers Franz
Josef nach Angeli zu erwähnen. Unter den Maler-
Radierungen nehmen dann eine Reihe eigener Er-
findungen unsres Höllenbreughels, Max Klinger,
den ersten Platz ein, welche alle die alten Vorzüge
dieses merkwürdig dämonischen Künstlers zeigen, der
sich mit solcher Vorliebe in die Nachtseiten des Lebens
vertieft und zugleich das Malen mit der Nadel besser
versteht als irgend ein andrer, so daß seine Blätter
immer schon beim ersten Blick unheimlich fesseln. So
diesmal ein quer über eine Eisenbahn hingeworfenes
Totengerippe, oder ein Pflüger, der, vom Hufschlag
eines seiner Pferde tötlich getroffen, jetzt vom Gespann
als Leichnam fortgeschleift wird. Dann eine alte Frau
mit einem Sängling, dessen Mutter eben Hungers ge-
storben, u. dgl. schauerliche Erfindungen mehr, denen
er aber immer eine echt künstlerische Form zu geben
versteht. — Rohr gab zwei anscheinend nach der
Natur radierte Porträte Moltkes, deren Auffassung
aber sehr von der gewöhnlichen abweicht. — Zu den
Malerradierern gehört dann noch B. Mannfeld,
dessen malerische Auffassung von Bauwerken besonders
in einer „Wartburg" sich glänzend bethätigt, wie die
Haigs in einigen gothischen Architekturen. Ein sehr
fein aufgefaßtes Blatt ist auch Meyers Bildnis des
Prof. Waitz, und Eilers Kaiser Wilhelm II. bleibt
jedenfalls das gelungenste Bildnis desselben, das uns
bisher vorgekommen, aus dem die große Selbstständig-
keit des Monarchen wie seine geistige Bedeutung leicht
herauszulesen. Auch Menzel ist von Eilers sehr ähnlich
wiedergegeben. Malerisch am reizvollsten behandelt sind neben Köppings herrlichem Kopf nach Rembrandt
einige Blätter von Rios, so Passinis unsren Lesern schon bekannte „Neugierige", besonders aber „Die
Fischerin" nach Pearce, ein überaus feingefühltes Blatt. — Krauskopf bringt dann eine große Radierung
nach Kirchbachs bekanntem Bild der Austreibung der Händler aus dem Tempel, die viel Verdienstliches hat,
und Heyden gibt ein hübsches Bildnis, wie auch Hecht zwei solche nach Franz Hals, wo der breite Vortrag
des Meisters gut wiedergegeben erscheint, wie bei Hentschels Bild nach Rembrandt. Der Holzschnitt ist
durch Heuer und Kirmse in Berlin, dann Hecht und Knesing vertreten, womit das Bemerkenswerteste
erschöpft sein dürfte.

lesendes Mädchen, von Lamill Stuchlik
Erste Münchener Iahres-Ausstellung 1889
Photographieverlag der Photographischen Union in München

XII. Schluß

qt^ann man das gewagte Unternehmen einer jährlichen Ausstellung in München als immerhin geglückt an-
sehen, soweit es den rein künstlerischen Teil betrifft, so gilt dasselbe noch nicht in gleichem Maße vom
materiellen Erfolg, da derselbe ziemlich mäßig war. Noch weniger aber gilt es von der doch unerläßlichen
 
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