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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Voss, Georg: Die Entscheidung über die Entwürfe zum Kaiser Wilhelm-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0086

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Oie Entscheidung über die Entwürfe zum Kaiser Wilhelm-Denkmal, von Georg voß


Marktplatz in Gars. von Olga Wisinger-Florian

ivird dadurch geiviß erzielt, aber ebenso sehr auch eine
Eintönigkeit der Anlage, die leider nun einmal jedem
einheitlich angelegten Prachtforum anhaftet. Wenn man aber
die schönsten Plätze der Welt einer vergleichenden Über-
sicht unterwirft, so wird man finden, daß der fesselndste
architektonische Reiz gerade durch das Gegenteil, durch
die Verschiedenheit der Stilrichtungen und der Jahr-
hunderte, welche bei der Anlage der den Platz umgebenden
Bauten witgcwirkt haben, erzielt worden ist.
Den Eingang zu dem Kuppelbau bewachen rechts
und links an den Ecken des Gebäudes die Reiterstand-
bilder Kaiser Friedrichs und des Prinzen Friedrich Karl.
Im Innern der Kuppel zeigt sich am meisten die eigene
schöpferische Kraft der beteiligten Architekten. Statt der
langweiligen Wiederholung des Pantheons in Rom,
welche ein andrer der Konkurrenten in seiner Grabkuppel
gebracht hat, haben Rettig und Pfann die Kuppel in
durchaus neuen Formen und in reicher künstlerischer Ab-
wechselung ausgestattet. An der Deckenwölbung sind große
Flächen für die Anbringung von Wandgemälden frei-
gelassen. An den Wänden ist Raun: für die Aufstellung
von historischen Standbildern geschaffen.
Das Reiterstandbild des Kaisers steht gerade dem
Eingänge gegenüber, und zwar in richtiger Erkenntnis
nicht in der Mitte der Kuppel, sondern hinten an die
Wand gerückt. Das Reiterstandbild selber kann als
Skizze eines Architekten für die wirkliche Ausführung in
Bronze nicht in Betracht kommen, und an die Ausführung
einer derartigen Reiterstatue Kaiser Wilhelm I., dessen
Roß wie hier von griechischen Genien am Zügel geführt unrd,
Vre AunH für Alle V

wird auch hoffentlich niemand ernstlich denken. — Der
ganze Fußboden des Kuppelraums ist in der Mitte
ringförmig geöffnet. Dieser untere Raum, iu den man
von der rings herum laufenden Galerie hinabsieht, ist
als Gruft für die Gebeine des Kaisers bestimmt. Die
Anlage ist also genau dieselbe wie das Grab Napoleons I.
im Jnvaliden-Dom zu Paris. Eine so ausfallende Über-
einstimmung zwischen den beiden größten Ehrendenkmäleru
des deutschen und des französischen Volkes sollte ent-
schieden vermieden werden, namentlich, wenn man berück-
sichtigt, daß Frankreich mit dieser künstlerischen Anlage
uns bereits um 183 Jahre vorangegangen ist.
Ebenfalls in den Tiergarten hinein, doch an die
Durchkreuzung der Siegesallee und der Straße nach
Charlottenburg verlegt Bruno Schmitz, der andre
Gewinner eines ersten Preises, seinen Entwurf. Auch hier
handelt es sich um ein architektonisches Prachtforum.
Doch innerhalb des Forums ist das Reiterstandbild des
Kaisers unter freiem Himmel stehend gedacht. Hinter
dem Reiter, also dem Brandenburger Thor gegenüber,
wird die Straße durch einen breiten Triumphbogen
überwölbt. Von diesem Triumphbogen aus gehen im
Bogen nach rechts und links Säulenhallen, welche die
eine Hälfte des Platzes einschließen. Die andre Hälfte
des Platzes ist durch hohe, im Bogen herumgeführte
Mauern eingefaßt, welche für die Anbringung von großen
Wandgemälden oder Reliefs Raum bieten. Vor diesen
Mauern liegen Wasserbecken und Springbrunnen.
Ein Hauptgrund, der schon allein gegen diese beiden
Entwürfe sprechen sollte, ist die Wahl der Plätze. Statt
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