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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Zum Kaiser Wilhelm-Denkmal in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0138

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Y8

ZUM Kaiser Wilhelm-Denkmal in Berlin


Entwurf zu rinrm Kaiser Wilhrlm-Vationaldrnkmal. von L. Rettich und j). Pfann

vom Generalstabsgebäude solle frei gehalten werden für die einstige Errichtung von Denkmälern für die Führer
seiner Armeen und die Genossen seiner Siege; von Sich selbst habe er bei dieser Gelegenheit aber nichts ge-
äußert. Es ist auch richtig, daß der Kaiser, als 1875 eine Deputation der Künstlerschaft bei ihm um Über-
lassung dieses Platzes für ein von Prof. Gropius entworfenes Kunstausstellungsgebäude petitionierte, denselben
versagte, — ob aus dem vorhin erwähnten Grunde, bleibe dahingestellt. Jetzt, nach dem Ergebnis der Denk-
mals-Konkurrenz und dem lebhaften Für und Wider, welches dasselbe in der öffentlichen Meinung findet, ist
von einer Stelle, welche jeden Zweifel ausschließt, eine Äußerung ergangen, welche die bestimmtesten
Erklärungen über die Wünsche oder Gedanken gibt, welche der hochselige Kaiser selbst über das ihm zu er-
richtende Denkmal ausgesprochen hat.
Danach hat der Kaiser für sich ein schlichtes Reiterstandbild etwa in der Größe desjenigen
des großen Kurfürsten auf dem Pariser Platz, am Eingänge der „Linden", das Gesicht dem
Brandenburger Thore zugekehrt, gewünscht.
Daß dem Kaiser für diesen Zweck der Pariser Platz und das Brandenburger Thor, an die sich für
ihn so viele glorreiche militärische Erinnerungen knüpften, besonders nahe lag, ist so natürlich und einfach,
daß es keiner besonderen und weitschweifigen Erörterungen darüber und Begründungen dafür bedarf, und was
der hochselige Herr zu all den projektierten phantastischen Umbauten des Pariser Platzes und des Branden-
burger Thores, zweier Stätten, welche für ihn historisch und geheiligt waren, gesagt haben würde, läßt sich
leicht denken! Daß der Kaiser aber wohl auch den Gedanken gehabt hat, die Heerführer und Mitkämpfer seiner
Siege möchten — etwa vielleicht auf dem kleinen Königsplatz — gesondert von seinem Denkmal ihre eigenen
Standbilder erhalten und nicht, wie beim Denkmal Friedrichs des Großen als kleinere Anhängsel sein Posta-
ment umstehen, das erscheint bei der bescheidenen Auffassung des Kaisers von seiner eigenen Person und Be-
deutung, wie sie längst historisch geworden ist — zu seinem und unserm Ruhme und Heil — ebenso begreif-
lich und natürlich. Ob die gesetzgebenden Faktoren des Deutschen Reiches, Kaiser, Bundesrat und Reichstag,
gewillt sind oder es für historisch korrekt und der Sachlage entsprechend erachten, der bescheidenen Meinung
des ersten deutschen Kaisers oder dem Wunsche des deutschen Volkes oder der deutschen Künstlerschaft in diesem
Falle Recht zu geben, welch letztere nach dem Ergebnis der Konkurrenz vorwiegend ein Denkmal für die
Schaffung des Deutschen Reiches mit Kaiser Wilhelm als dessen Spitze und Krönung verlangen, das
wird die weitere Entwicklung der Frage lehren, welche vorläufig wegen des oben angedeuteten Konflikts noch
sehr im unklaren liegt.
 
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