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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0152

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Vsihiiachtsbücherschati

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Blick auf dir Wrije von La Grave aus. von L. v.. Comp ton
Aus Zsigmondy „)m Hochgebirge"

aber^immer in anmutiger Form eine gefällige Kommentierung
des Dichters. Tiefer dringt in einer andern Novität desselben
Verlages „Die Pickwickier vonBoz (Dickens), illustriert von
I. G. Fuellhaas" (2 Bände, elegant gebunden 8 M.), der
Künstler in den ihm offenbar sehr sympatischen Stoff ein. Es
ist in der That geradezu ein Rätsel, wie ausgezeichnet es
Fuellhaas verstanden hat, den durch Boz' unsterblichen Griffel
hervorgezauberten Pickwickklub uns leibhaftig vor die Augen zu
führen. Wir zählen wohl über hundert Illustrationen, ganz-
seitige Bilder und kleinere Vignetten und nirgends ist ein Ver-
siegen der künstlerischen Kraft bemerkbar! Auch das englische
Publikum wird an den Fuellhaasschen Bildern, von denen
wir unsren Lesern hierneben zwei zeigen, aufrichtige Freude
empfinden.
In einer dritten Publikation des Groteschen Verlages
finden wir zwar einen alten Bekannten wieder, jedoch so prächtig
aufgeputzt, daß wir ihn kaum wiedererkennen, wir meinen die
neue Luxusausgabe der Rambergschen „Hermann und
Dorothea" in Kupferdruck mit neuen Randzeichnungen von
L. v. Kramer. Augenscheinlich hat der kunstsinnige Besitzer des
großen Verlages in dieser Publikation dis Summe seiner während
nunmehr 25 Jahren auf illustrativem Gebiete gesammelten Er-
fahrungen gezogen, und so ist es denn nicht zu verwundern, daß
diese neue Luxus-Ausgabe des begehrtesten aller deutschen Pracht-
merke, in einer so vornehmen Harmonie vor die Augen tritt, wie
wir kaum ein Prachlwerk kennen. Der festliche Einband, das
geschmackvolle Vorsatzpapier, der saubere Druck, das treffliche
Velinpapier, alles trägt dazu bei, den in guten Riffarthschen Pho-
togravüren reproduzierten Rambergschen Bildern die richtige
Umgebung zu geben. Die Randzeichnungen L. von Kramers sind
reizend erfunden und wirken, was bei Randzei.hnungen selten zu
loben, nie aufbringlich. Dabei ist der Preis von 25 M. erstaunlich
billig, und so dürfte denn in dieser neuen, zeitgemäß vornehmen
Ausstattung Rambergs „Hermann und Dorothea", das sich seit
20 Jahren die Gunst des Publikums gleichmäßig erhallen, noch
für das nächste Jahrzehnt auf dem Prachlwerksmarkte einen
Ehrenplatz einnehmen.
In ähnlicher Weise fesselt schon durch ihren gepreßten alt-
deutschen Lederband mit Beschlägen die Haus- und Familien-
chronik von Martin Gerlach, Text von vr. tkeol. Paul
von Zimmer mann. (Wien, Gerlach L Schenk. Preis 25 M.)
Es ist, so sagt der Herausgeber in den Vorwort, ein Zeichen der
Unruhe und Pietätlosigkeit unsrer Zeit, daß viele Menschen heut-
zutage kaum die Namen ihrer Großeltern wissen. Wie manche
reiche Erfahrung, wie manche wertvolle Familieneiinnerung geht
auf solche Weise verloren, die den Enkeln zur Freude, zur Er-
bauung, zur Nacheiferung oder zur Warnung dienen konnte.
Dieser Pietätlosigkeit also will die Gerlachsche Hauschronik steuern,
die reizend geschmückt mit Titelblättern, Vignetten, sinnigen
Sprüchen rc. auf etwa 100 Blättern zur Einzeichnung aller
Familienangelegenheiten einladet.
In einer neuen, um zwei Blätter vermehrten Auflage ver-
sendet C. T Wiskott in Breslau des Dresdener Malers


Heinrich Hofmann bekannt gewordenen Zyklus „Kommet
zu mir" (in Mappe 25 M.), auf den wir bereits gelegentlich
seines ersten Erscheinens im 6. Heft des 3. Jahrgangs ge-
bührend hingewiesen haben. Die beiden neuen Blätter stellen
dar „Die Versuchung" und die „Bergpredigt". Sie
zeichnen sich nicht gerade durch michelangeleske Gestaltungs-
kraft aus, zeugen jedoch von Innigkeit der Empfindung und
Verständnis für eine schöne Form.
Ende gut, alles gut! So haben wir uns denn auch
dasjenige Werk sür den Schluß unsrer Weihnachtsbücherschau
verspan, welches bei dem Schreiber dieser Zeilen das größte
Wohlgefallen erregt hat, allerdings wohl auch, wie er be-
kennen muß, weil es einen Sport behandelt, dem er selbst
mit Leib und Seele ergeben ist. Aber auch objektiv geurteilt,
verdient das neue Verlagswerk von Duncker L Humblot in
Leipzig „Im Hochgebirge", Wanderungen von Or. Emil
Zsigmondy, mit Abbildungen von E. T. ComPton,
yerausgegeben von K. Schulz (elegant gebunden 25 M.) un-
eingeschränktes Lob. Die alpine Litleralur ist nicht reich an
Prachuverken, denn erst seit zu kurzer Zeit gibt es Hoch-
gedirgstouristen, und wie selten geschieht es, daß wirklich
schwierige Touren von denjenigen unternommen werden, die es
verstehen, die gewonnenen Eindrücke in Wort oder Bild fest-
zuhalien. Diese säst unmöglich erscheinende Vereinigung ist in
herrlichster Weise durch „Im Hochgebirge" erfüllt. Aus Grund
der sorgfältig geführten Tagebücher vr. Emil Zfigmondys, jenes
berühmten Alpinisten, dessen tragisches Ende bei der Besteigung
der Meist, ferne im französischen Alpenlande noch in aller
Erinnerung ist, auf Grund also seiner Tagebücher hat ein gleich
bekannter kühner Bergsteiger, Professor Karl Schulz in Leipzig,
eine Reche schwieriger Gipselbesteigungen in den Ennsthaler
Alpen, Tauern, Zckerthal, Slubai, Dolomiten, Ortlergebiet,
Adamello, Engadin, Wallis, Berner Alpen und der Dauphinee
geschildert, uns diesen Schilderungen wird nicht nur der Alpinist
mit höchstem Interesse folgen, auch die, welche die Berge schöner
von umen als von oben finden, werden das Buch mit Be-
friedigung aus der Hand legen, denn die meisterhaften Illu-
strationen E. T. Comptoirs, von denen wir hier leider nur zwei
kleine Proben bringen können — die trefflichen Photogravüren
lassen sich aus der Buch-
druckpresje nicht wieder-
geben — gewähren ein jo
deutliches Bild des Ter-
rains, auf welches die
jeweilige Schilderung sich
bezieht, daß man bequem
im Lehnstuhl jenen zu-
weilen säst übermenschlichen An-
strengungen folgen kann, die die
kühnen Gipfelstürmer ertragen
mußten. Diese deutliche Sprache
der Illustration ist natürlich nur
dadurch zu erzielen, daß die Illu-
strationen sämtlich an Ort und
Stelle skizziert wurden, und um
das zu können, muß der Maler
eben ein solcher Alpinist ersten
Ranges sein wie E. T. Compton.
Man muß selbst
auf einem durch
Eis und Schnee
vielleicht mit Le-
bensgesahr
mühevoll errun-
genen Gipfel ge-
standen haben,
um zu ermessen,
was es heißt, au>
dem scharfen Grat
hockend, zu zeich-
nen, wenn der
Thermometer
0 Grad zeigt und der Sturm fort-
während die Eisnadeln an die
Wangen wirst. Darum Ehre jenen
kühnen Männern, die uns mit
diesem, einer ungeberdigen und Am Watkerliorn
oft ungastlichen, immer aber er- p^u <x. T, Lompton
habenen, gewaltigen Natur ab- UusZsigmondr„3m Hochgebirge"
 
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