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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Eduard Grützner
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0241

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den wartenden Vätern mit den neuesten Stadtgeschichten über das lange Harren Hinweghilst, während auf dem
ersten Bild die echt mönchische Mischung von Salbung und Appetit bei den dienenden Brüdern nicht weniger
glücklich wiedergegeben wird, als im „Klosterbräustübchen" die von Frömmigkeit und Durst. Sehr gelungen sind
auch die „Weinprobe" im Klosterkeller und der „willkommene Gast" (Abb. s. S. 187), wo eine Art Falstaff die
geistlichen Herren beim Dessert durch seine Schnurren ergötzt. Immer mehr tritt aber bei dem Maler das Be-
streben heraus, die Klerisei wohl mit gutem Humor ein wenig zu necken, aber sie keineswegs verächtlich oder
lächerlich zu machen. Ja, die Bilder, wo ihre guten und liebenswürdigen Seiten dargestellt werden, wie bei der
Siesta oder den kürzlich erst hier gegebenen, den Altar fürs Fest schmückenden Nonnen, erscheinen immer häufiger.
Hatte unser Künstler, wie erwähnt, mit einer Reihe Falstaffiaden schon Aufsehen gemacht, als er noch
bei Piloty arbeitete, so ist er auch später wieder im Auftrag einer Londoner Kunsthandlung auf diesen Stoff


Schwere Wahl, von Eduard Grützner

in einer Anzahl Zeichnungen zurückgekommen, von denen wir zwei mitteilen. (S. 188 u. 189.) So derbkomisch die
Charakteristik auch ist, so wird man doch seine dem heutigen Leben unmittelbar abgewonnenen Szenen all diesen,
deren Originale er nicht der eigenen Erfindung, sondern fremder Dichtung verdankt, unbedingt vorziehen müssen.
Offenbar ist er selber zu sehr Dichter, um sich gern in die Phantasie andrer hineinzufinden. Dagegen hat
er auch das Theater, freilich immer nur hinter der Szene, zum Gegenstand seiner Darstellung gemacht, aller-
dings nur, um alsbald wieder mit ihr in die Kneipe zurückzukehren.
Merkwürdigerweise würde man Grützner aber schwer Unrecht thun, wenn man ihm etwa denselben
Durst zutraute, den er an andren so glücklich geschildert. Alles eher als ein Kopfhänger, sondern fröhlich
und lebenslustig durchaus, hat derselbe doch eine viel zu feine Künstlernatur, als daß ihm irgend etwas
andres tieferes Interesse abgewänne, außer dem, was mit seiner Kunst in irgend einer Weise zusammenhängt.
So hat er sich denn auch, erst einmal wohlhabend geworden, drüben über der Isar auf der Höhe des Gasteig-
berges ein lustiges Schlößchen erbaut, das ganz im Stile des sechzehnten Jahrhunderts gehalten, ein wahres
Museum jener Zeit genannt werden muß, in welchem von der Decke bis zum Fußboden alles echt und der
 
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