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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Proelß, Johannes: Modelle: Novellenkranz, [6.4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0244

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In drr Klostrrküche. von Lduard <Lrütz»er

Künstler, der sich zum Medium hergibt, uni im Hoch-
schlaf die Bilder seiner Phantasie schärfer zu schauen,
das war etwas Neues und — er fühlte es selbst prickelnd
au sich — von sensationellem Reiz.
Es muß ziemlich lange gedauert haben, bis es in
weiteren Kreisen ruchbar wurde, daß Munk unter die
Spriritisten gegangen sei; viel später hörte man dann
auch, daß er an den geheimen Seancen bei Massenbach
teilnehme, und vor den andern Geladenen im Zustand
der Hypnose nach den Angaben seines Magnetiseurs
Bilder in die Luft male, die er nach dem Erwachen
Zug für Zug beschreiben könne und von denen einzelne
dann zum Vorbild würden für spätere wirkliche Gemälde.
Die Sache machte allgemeines Aufsehen, gab seinen zur
Ausstellung gelangenden Bildern für viele ein mirakulöscs
Relief, sie kamen in die Mode und erzielten bei Lieb-
habern des Exzentrischen hohe Preise.
Doch auf ihn selbst war die belebende Wirkung
dieser unnatürlichen Überreizung seines Nerven- und
Seelen Organismus von kurzer Dauer. Stunden hoch-
gradiger Erregtheit der Produktivität traten in Wechsel
mit Tagen krankhafter Abgcspanntheit und Mattigkeit.
Dabei fühlte er die eigene Erfindungskraft erlahmen und
seinen Geist in immer größere Abhängigkeit von dem
Baron geraten. Seine Freunde, seine Frau, die schließ-
lich um sein Geheimnis erfuhr, — bestürmten ihn, das
gefährliche Spiel mit seinen inneren Kräften, wie über-
haupt den bedenklichen Umgang mit Massenbach aufzugeben.

Sein Hausarzt riet ihm dringend zu einer Erholungs-
reise.
Auch hatte er lichte Momente, wo er für diese
Ratschläge sich empfänglich zeigte und selber zugab, wie
viel Schwindelhaftes den Seancen Massenbachs anhafte:
dann machte er Versuche, sich dem ungesunden Treiben
zu entwinden. Aber bald darauf erklärte er wieder, daß
der Verkehr mit Massenbach ihm für sein Schaffen un-
entbehrlich geworden sei, und so groß war bereits dessen
Einfluß auf ihn, daß er sich erst dann zu einer Erholungs-
reise entschloß, als dieser selbst ein dringendes Bedürfnis
nach Ruhe und Nervenstärkung empfand und eine Sommer-
frische aufsuchte. Er ging nach Gmunden. Munk folgte
ihm dorthin nach wenigen Tagen. Seiner Frau, zu der
er über diesen Vorgängen in ein Verhältnis fast feind-
seliger Art geraten war, gab er ein andres Reiseziel an.
In Gmunden kam es dann zur Katastrophe. Der
Aufenthalt in dem stillen schönen Orte am Fuße des
Traunsteins und am Rande eines der schönsten blauen
Gebirgsseen, gereichte auch den beiden Frevlern an ihrer
Gesundheit zur Erquickung und Erholung. Bekanntlich
greift das Hypnotisieren fast ebenso an wie das Hyp-
notisiertwerden und so war in den ersten Tagen auch
der Baron in einem Grade erholungsbedürftig, daß er
für nichts Sinn zu haben schien als zum Ergehen in
frischer Luft, zum Baden im See, zum Nichtsthun bei
guter Pflege. Langsamer als er, erholte sich Munk.
Jetzt erst in der Ruhe stellte cs sich heraus, in wie
 
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