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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Brandes, Otto: Pariser Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0266

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von Vtto Brandes

?oi


Ahasver. von Adolf Hirsch!

erprobt und stichhaltig befunden worden ist. Ich erwähne
hier diese freien Vorträge des Herrn Vibert, weil es
sicher auch unter unsren bewährten Künstlern viele geben
wird, die in ihrer Laufbahn einen reichen Schatz prak-
tischer Kenntnisse gesammelt haben, den aufzuthun vielleicht
nur die Bescheidenheit sie zurückhält, dessen Mitteilung
aber der deutschen Kunst und der Erhaltung ihrer Werke
von unberechenbarem Vorteile sein könnte, llxperto crecke
Ruperts I
Von den kleinen Vorsalons thut sich einer nach
dem andern auf, ohne daß sie Welterschütterndes aufzu-
weisen hätten. Bei den Aquarellisten fesseln uns besonders
zwei neue Bilder von Detaille: zwei die Attacke und
das Halt nach der Attacke kommandierende Regiments-
kommandeure eines Kürassierregiments auf Rappen mit
geschwungenen Säbeln. Diese beiden Bilder weisen wieder
alle die hervorragenden Eigenschaften dieses großen Militär-
Malers auf, sie sind von überraschender Lebenswahrheit,
es athmet aus ihnen ein echt martialischer Geist, nicht die
brutale Schneidigkeit, sondern das heilige Feuer des
Soldaten. Trotz aller sorgfältigen und gewohnt gewissen-
haften Behandlung des Details sind sie nicht peinlich
ängstlich gemalt, sondern von einer energischen Technik,
von einer schwungvollen und doch nicht theatralischen Be-
handlung. Neu war mir an dieser Stätte Bourgain mit
seinen zahlreichen Studien aus der Seemannswelt. Seine
Boccia spielenden Matrosen, die Haartoilette im Zwischen-
deck, die Ringkämpfer — ein Matrose schickt sich an mit
einem Jahrmarktsringer, umgeben von bretonischen Bauern
und Seeleuten, zu ringen — sind treffliche Arbeiten, die
eine nicht unbedeutende Gabe scharf zu charakterisieren
bei sauberer, vielleicht allzu peinlicher Behandlung der
Die Kunst für Alle V

Einzelheiten darthun. Seinen Bewunderern macht Herr
Besnard in der letzten Zeit den Stand sehr schwer.
Er erinnert mich immer an den, glaube ich, zuletzt wahn-
sinnig gewordenen österreichischen Maler Romako, dessen
Talent sich ebenfalls in absoluter Regellosigkeit gefiel.
Außer einem in allen möglichen Farben der Palette ge-
malten, absolut unverständlichen Charivari, schildert er
uns eine zum Pfau werdende nackte Frauengestalt. Offen-
bar hat den Künstler ausschließlich der Gedanke beschäftigt,
dem Farbenspiel der schillernden Pfauenfeder nahe zu
kommen. Man kann nicht einmal sagen, daß das ihm
sonderlich gelungen ist, dabei ist die Modellierung des
weiblichen nackten Körpers viel zu weich und schemenhaft.
Die Weltausstellung erscheint bei den Aquarellisten in
allerhand Reminiscenzen. Roger Jourdan malt uns das
Restaurationsboot mit dem Eiffelturm im Hintergründe.
Recht bedeutend ist des trefflichen Zuber „Beleuchtung
des Trocadero", die uns alle die fröhlichen Erinnerungen
an verlebte Abende auf dem Marsfelde stimmungsvoll in
Erinnerung bringt. Ein Meister in der Behandlung von
Luft und Licht ist Gros. Seine Hütte am Meere mit
der „ungeheueren Weite" und seine um' ein Kreuz ge-
scharten, strickenden Bäuerinnen der Bretagne, vor allem
aber seine finstere Dorfstraße nnt dem grellen Sonnen-
reflex auf einem vorspringenden Hause sind technisch her-
vorragende, frisch und unmittelbar empfundene kleine
Meisterwerke. Auch des farbenfrohen Vibert, dessen wir
oben so rühmend gedachten, Arbeiten der eingebildete
Kranke und sein betrunkener Polichinell verdienen ehren-
volle Erwähnung. Maurice Courant hat aus seinem
langen Aufenthalte in Concarneau einige charmante See-
stücke mitgebracht, von denen eines, ein ruhiges Wasser
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