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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0268

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Guter Rat — Kolorit und Illumination — Unsre Bilder

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Unsre Bilder
ls Eröffnungsbild dieses Heftes geben wir eine hervorragende Arbeit
des jungen Wiener Künstlers Adolf Hirschl, welcher einer der
wenigen Stürmer und Dränger in der sonst fast stagnierenden malerischen
Kunstentwickelung Österreichs ist. Ein Schüler von Eisenmenger und Leopold
Karl Müller, zeigte er schon in seinem ersten Bilde „Die Barbaren in Rom",
welches auf der Münchener Ausstellung des Jahres 1883 große Aufmerksamkeit
erregte, daß er eine eminente Gestaltungskraft für dramatische Szenen besaß, die
für die ferneren Arbeiten des jungen, damals erst 23 Jahre alten Künstlers,
nachdrücklichstes Interesse erweckte.
Von diesen können wir in vorliegendem Hefte zwei abbilden, Ahasver
und St. Cacilia.
Stellte sich die Riesenleinwand der „Barbaren in Rom" noch als Schulbitd
dar, so ist der Künstler im Ahasver und der Cacilia zum vollständigen Aus-
sprechen seiner Individualität gelangt. Und in der That, wer vermöchte ohne
Bewegung den Ahasver zu betrachen! Die Eiszeit ist über die Erde hereinge-
brochen, das junge frische Menschenleben ist im Eise erstarrt, nur Ahasver ist
von allein, was Mensch heißt, noch übrig geblieben. An der Seite des Todes
schreitet er totmüde einher, fortgewiesen an der Pforte des Himmels! — Nicht
minder eigenartig ist die Darstellung der heiligen Cäcilia. Zn der hingestreckt
am Strande Schlummernden klingt melodisch das Rauschen des Meeres empor,
vernimmt verzückt Sphärenmusik, welche durch vier Engelgestalten verkörpert
ist. — Mag man über die Wege, die Hirschl wandelt, denken wie man will, eilte
hohe künstlerische Eigenart in Komposition wie Kolorit wird man gern ohne
weiteres zugestehen.
In weniger geisterhafte Regionen führt uns Vinea mit dem „Besuche
bei der Großmutter", den uns dieser ohne Zweifel gefeiertste der jetzt lebenden
italienischen Künstler ebenso liebenswürdig wie künstlerisch darzustellen weiß. Im
Gegensatz zur älteren italienischen Schule ist der 1845 zu Fvrli, dem alten
Forum Livii in der Emilia geborene und auf der Akademie zu Florenz vor-
gebildete Vinea entschieden Realist, wenn er sich auch in der Wahl seiner Stoffe
augenscheinlich nicht ganz frei von dem Einfluß der Kunsthändler erweist. Er
liefert in dem vorliegenden Bilde den Beweis, daß unter dem sonnigen Himmel
Italiens Realismus und Schönheit mehr Berührungspunkte in der Kunst haben,
als diesseits des Brenners. Lebhaftes Kolorit und sorgfältige Ausführung
sichern Vinea im Verein mit der stets wcchselreichen schwungvollen Komposition
einen hervorragenden Platz in der künstlerischen Entwicklung der Gegenwart.
Die nun folgende Landschaft Paul Webers stellt uns einen Fleck Erde
aus der nordwestlichen Umgegend Münchens vor, dessen intimen Reiz der in

Guter Kat
1^>enn nie vor großen Meistern stark
Ein heißer Drang dich überkam,
Der, packend bis ins tiefste Mark,
Allmächtig dich gefangen nahm,
Der Drang mit reicher Schaffenskraft
Ls jenen Großen gleichzuthun, —
Ja, wenn erst recht dein Mut erschlafft,
Laß Hinsel nur und Meißel ruh'n.
Dann schlummert dir in tiefster Brust
Kein Funke jener Lsimmelsglut,
Die oft dem Künstler unbewußt,
Bei seinem Merk das Beste thut.
A. SN-r
Kolorit und Illumination
Kolorit ist das vergeistigte Spiegelbild der
in der Schöpfung zerstreut umhcrliegenden Dinge
in ihrer Gesamtheit ihr verklärter Abglanz in
einer künstlerisch begabten poetischen Seele. Illu-
minist ist derjenige, welcher das ihm für den
einzelnen Moment brauchbar Scheinende sofort
im einzelnen zusammenträgt und mit mehr oder
weniger technischem Geschick für seinen Zweck
benützt. A. Feuerbach

L>l. Georg. Vignette von A. Brunner

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