Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

DOI Artikel:
Unsre Bilder
DOI Artikel:
Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Architektur - Preisausschreibungen - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0308

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Unsre Bilder, vom Herausgeber
das ist so schön empfunden und zugleich in den Linien
und Massen so vortrefflich abgewogen, daß es allein schon
die ultramontane Behauptung glanzend widerlegen würde,
daß unsre Zeit und Schule weder Beruf uoch Geschick
für die religiöse Malerei hätten. Und das bloß deshalb,
weil sie von der meist etwas bewußten, ja oft fast ge-
zierten Darstellung unsrer klassizistischen Romantiker zu
einer naiveren und unmittelbareren Auffassung der religiösen
Mythen hinstrebt! — Oder weil sie durch eine harmonische
und stimmungsvolle Färbung den Eindruck ihrer Kompo-
sitionen mit Glück zu erhöhen sucht, wie hier geschieht, wo
die Farbcnverteilung wie die meisterhafte Bewältigung des
Helldunkels den Reiz der lieblichen Idylle uoch gar
sehr erhöhte. Die Benutzung der klassischen venezianischen
Vorbilder geht denn auch gerade nur so weit, als cs die an-
gestrebte Vereinigung vor ihrer naiven Anmut mit der
Größe und Würde des Stils gestatten, die ein solcher
Gegenstand durchaus erfordert, wenn er den beabsichtigten
Eindruck machen soll. Denn, Stil ist ja nichts andres, als
Beseitigung alles Unharmonischen und dem Ganzen Wider-
strebenden. — So hatte denn dies reizende Kunstwerk
nur einen Mangel, den es lediglich dem Nahen der Aus-
stellung und ihrem Drängen verdankte: daß es nicht ganz
fertig war, sondern der letzten Vollendung, besonders der
Köpfe entbehrte, die ihm indeß der Künstler seither wohl
wird haben angedeihen lassen. Der Fehler, daß es nicht
nach Weihrauch und der konventionellen kirchlichen Salbung
schmeckt, sondern wie ein frischer Blumenstrauß wirkt, —
den wird ihm wohl die Mehrzahl der Beschauer gerne
verzeihen. Möchte uns der Künstler nur noch viele solcher
duftigen Blüten schenken, die der deutschen Kunst Ehre
machen! —
Daß die Münchener Schule den Skandinaviern eine
Menge sympathischer Talente verdankt, die sich hier, wo
sie sich bald zu Hause fühlen, gewöhnlich rasch entwickeln,
das ist bekannt. Auch Jahn Ekenaes gehört zu denselben,
dessen „Vorbereitung zum Fischfang" am Starnberger
oder Chiem-See sich fast genau ebenso zugetragen haben
könnte, als an einem seiner norwegischen Fjorde. Die
Verwandtschaft seiner Fischer mit den unsrigen könnte
kaum größer sein, und höchstens würde man das Kochen
der Morgensuppe hier an einem Strande überflüssig
finden, wo alle hundert Schritte ein Wirtshaus steht.
Wie dem auch sei, so spricht aus dieser harmlosen Szene
doch bei aller Nüchternheit der Auffassung ein so starkes
Naturgefühl, daß es uns höchst wohlthätig — wie frische
Seeluft — anweht und nervenstärkend auf uns wirkt,
trotz dem leisen Beigeschmack von Heringsduft, welchen
Meerbewvhnern die da so ruhig und behaglich Weilenden,
offenbar nachtrachten, wenn sie nicht gar auf köstliche
Lachse Jagd zu machen gedenken. Das Ganze atmet
aber eine mit nordischem Phlegma versetzte Ruhe und
Zufriedenheit, die merkwürdig sympathisch berühren, ja
sich sofort beim Anblick auf uns übertragen, so daß man
beinahe meint, das wahre Glück müßte noch am ehesten
durch Fuschen zu erlangen und die Heringe in dieser
Beziehung selbst den Goldfischen vorznziehen sein.
Noch deutlicher als bei dem Norweger Ekenaes
spricht sich das gesunde Phlegma des Volksstammes bei
dem „Herbstmorgcn" des Holländers Höppe aus, wie
seine fast insulare Abgeschiedenheit von der übrigen Welt.
Welche Macht dabei die bloße Verteilung der Massen
von Hell und Dunkel ausübt, davon gibt dies Bild ein

- Personal- und Ateliernachrichten 2Z5
lehrreiches Beispiel. Hier sind die des Wassers und der
Luft so durchaus vorherrschend, daß uns das bischen
dunkler Erde da in der Ecke rechts die köstliche Gemüts-
ruhe, die so überwältigend aus deni Ganzen spricht, schon
gar nicht mehr trüben kann. Um so mehr, als die alte
Windmühle vorne mit dem unter Bäumen versteckten
Müllcrhaus daneben, uns so urgemütlich anmuten. Wenn
die Frösche ein Königreich besäßen, so müßte der Eingang
zu demselben jedenfalls so und nicht anders aussehen.
Wahrscheinlich ist es der Papa Rhein, der da so spiegel-
glatt vor uns liegt, so ruhig, als hätte er sich eine große
Schlafmütze über die Ohren gezogen, um wenigstens so
langsam und behaglich als nur irgend möglich dem Meer
zuzufließen, nachdem man es ihm nun einmal doch nicht
mehr gestattet, sich wie früher im Sande zu verlaufen.
Aber wer sein aufgeregtes Gemüt zu beruhigen wünscht,
der sollte sich dies Bild ins Schlafzimmer hängen. Wie
denn wohl jeder, der unsren letzten „Salon" besuchte,
sich nirgends von allen Mordthaten und Gardinen-
predigten, Hochzeiten und Kiudstausen desselben so gründ-
lich erholen konnte, als in dem, wie die personifizierte
Seelenruhe und gesunde Verdauung anmutenden hollän-
dischen Kabinet Herrn Höppes und seiner sämtlich gleich-
gestimmten Kollegen.

Personal- und Mrliernachrichlen
— München. Professor Albert Keller hat sein Ge-
mälde, die Exhumierung der Leiche des ersten Grenadiers von
Frankreich, Latour d'Auvergnes, vollendet. Der Künstler hat
zum Gegenstand seiner Darstellung den Augenblick gewählt, da
der Vertreter der französischen Republik die Gebeine des ge-
fallenen Kriegers in Empfang nimmt.
tt. Frankfurt a. M. Der hiesige Maler Karl Grätz
ist beauftragt, das dreischiffige Langhaus, und die Turmhalle
unsres Domes mit Wandgemälden in Öltempera-Technik zu
schmücken. Die Kompositionen und Farbensktzzen rühren noch
von weiland Professor Ritter Ed. von Steinle her. Seine
Schüler Bode d. j. und H ieronimy haben in letzter Zeit die
Kartons der betreffenden figürlichen Darstellungen als Vorarbeit
für den Maler Grätz hergestellt.
tt. Passau. Die beiden Prunksäle unsres Rathauses
werden durch den Historienmaler Ferdinand Wagner in
München ihre malerische Ausstattung erhalten. Die königliche
Regierung macht der Stadt Passau zwei große Wandgemälde im
Festfaale des Rathauses zum Geschenk. Mit der Herstellung ist
derselbe Münchener Künstler betraut worden. Inhalt der Bilder
werden sagenhafte historische und allegorische Darstellungen sein,
welche zu der Stadt in Beziehung stehen.
Berlin. Zwei Porträts Kaiser Wilhelms werden von
Professor K- Freiberg und dem Porträtmaler M. Koner
gegenwärtig gemalt. Das erstere ist als Geschenk des Kaisers
für das Regiment der Garde du Corps bestimmt.
tr. Düsseldorf. Am 29. März starb nach langem
Leiden Professor Andreas Müller im Alter von 79 Jahren.
Der Verstorbene und sein ihn überlebender Bruder, Prof. Karl
Müller sind die letzten älteren Vertreter der religiösen Historien-
malerei in Düsseldorf, der sogenannten „Nazarener". Das Haupt-
werk Andreas Müllers sind die Fresken in der Apollinariskirche
bei Remagen, Darstellungen aus dem Leben des heil. Apolli-
naris und David und die heil. Cäcilie, sowie die dekorative
Ausstattung des Innern dieser Kirche. Sonstige bedeutende
Staffeleibilder von ihm sind eine „Verkündigung", eine heil.
Barbara für den Dom zu Breslau, ein Rosenkranzbild sür
eine Kirche bei Cleve, ein Reliquienschrein mit Szenen aus
dem Leiden Christi für den Fürsten von Löwenstein-Wertheim
und eine heilige Cäcilie. Mit seinem Sohne, dem Historien-
maler Franz Müller, hat der Verstorbene gemeinschast-
lich die Wandbilder im fürstlichen Schlöffe zu Sigmaringen,
in dem Kunstsaal desselben, gemalt. Bis vor wenigen Jahren
war Professor Andreas Müller als Lehrer an der hiesigen
so'
 
Annotationen