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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die zweite Münchener Jahres-Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0420

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von Fricdrichlj)echt

Z25


Außerrhoden und nicht dem katholischen Jnnerrhoden gehören. Wie dem auch sei, weniger gefährlich ist es
immerhin, als wenn uns Böcklin eine echte und gerechte Znrcherin gegen alles dortige Herkommen splitter-
nackt als befreite Andromeda vorführt, die eben von einem schwarzbärtigen Ritter durch Ermordung eines sehr
vollblütigen Drachen befreit, aus einer Verlegenheit in eine noch größere gerät, da dieser Ritter gar nicht ge-
launt scheint, seine Dienste unbezahlt zu verrichten. Glücklicherweise hat das Bild höchst glänzende koloristische
Eigenschaften, sonst würde man am Ende auf solche Befreiung der Zürcherinnen aus den Klauen ihrer Haus-
drachen lieber verzichten. Die Bil-
der des berühmten Künstlers haben
aber samt und sonders die Eigen-
schaft, daß man sich mit ihnen je
länger je mehr befreundet, selbst
wenn sie einen anfangs verblüfften,
während andre, weniger eigenartige,
die umgekehrte Wirkung haben. Das
gilt auch von seinem nächtlichen
„Tanz um die Bacchusstatue", an
dem er, wie ich fürchte, allerhand
zweifelhaftes Volk beteiligt hat.
Besonderer Gunst bei unfern
Malern erfreuen sich dies Jahr
die Klosterfrauen, und ich übertreibe
schwerlich mit der Behauptung, daß
sie in unsern Sälen ungefähr drei-
dutzendmal auftauchen, bald als
Krankenpflegerinnen oder Tröster-
innen der Witwen und Waisen,
Lehrerinnen, einmal, bei Rauecker,
in inniger Teilnahme zu einem Wil-
derer, der zum Tode getroffen ins
Klosterspital gebracht wird, wo
das schwesterliche Gefühl einer der
frommen Frauen hervorbricht. —
Natürlich spielen die Nonnen bei
dem halbdntzend Prozessionen, die
durch die Säle wandern, auch
eine Hauptrolle, wie als Tröster-
innen, in welcher Eigenschaft sie
uns Wolf vorsührt, da er eine
solche das weinende Töchterchen
einer schwer krank liegenden armen
Arbeiterswitwe beruhigen läßt. Das
ist warm empfunden, dagegen die
Kranke selber nicht so gelungen,
als man es sonst von Wolf gewöhnt
ist. Auch Schultheiß führt uns
ein paar Waisenkinder mit Nonnen
vor in einem gesund und rührend
gegebenen Bilde. Des kürzlich
verstorbenen Karl Hoff letztes
Bild zeigt uns dann einen Geistlichen, der sich im Winter über den mir Eis treibenden, angeschwollenen
Fluß setzen läßt, um einem Sterbenden die letzte Wegzehrung zu bringen, was mit großer Wahrheit er-
greifend geschildert ist. Besonders anmutig ist dann seine Königin mit dem verliebten Pagen, welch
letzteren Seelenzustand man ihm sogar von hinten ansieht. Gebetet wird selbstverständlich auch viel auf der
Leinwand; die beste dieser Beterinnen ist von Hermann Koch in München, eine Bauernfrau, die beim Schall
der Abendglocke in ihrem Krautgarten niederkniet. Das ist aber überaus stimmungsvoll und malerisch mit
schlichter Wahrheit wiedergegeben, obwohl das Bild, was die Malerei anbetrifft, ebenso gut in Paris ent-
standen sein könnte, als in München, da auch die Frau nicht notwendig dahin weist. Schon mehr thnt das

Easa del Carbon in Granada, von Alexander Wagner
Münchener Iahres-Ausstellung 489V
 
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