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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Auktionswesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0467

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Auktionswesen

ZS5


Flikkrrwochrn. von Heinrich Rasch

nicht überlassen!) Bitte zu bieten! Ich nehme jedes Gebot
an." Ruhe rings umher. Endlich schwingt sich Herr
N- zu einem Angebot von M. 100 auf. Man sieht ihn
erstaunt an — er errötet und fängt an, seine Dreistig-
keit zu bereuen und während er in Reue versinkt, verläßt
ihn der Mut, weiterzubieten. Der Auktionator klopft —
am Ende hallt der dritte Hammerschlag durch den Saal
und diese Perle der Kunst wird für M. 205 verkauft! —
Nun kommt ein Max! Der Auktionator vergißt nicht
das dem Bilde und seinem Urheber zukommende Lob
mit erhobener Stimme zur Kenntnis aller Anwesenden
zu bringen. Wieder anhaltende Stille. Herr A. hat
sich erholt. Der für das erste Bild erzielte Preis hat
ihm seinen beinahe abhanden gekommenen Mut wieder-
gegeben. Er ruft nochmals: M. 100. Diesmal über-
hört der Herr mit dem Hammer sein Gebot. Mit dem
Ausrufe: „Angesetzt mit M. 3000" beugt er jedem Ver-
suche, billig zu kaufen vor. Die stumme Menge wird
noch stummer — das Bild wird unter andauerndem
Schweigen als „unverkauft" zurückgesetzt. Wie kommt
denn das, fragt sich Herr I. Das eine Bild ist mit
M. 5000 gewertet und für M. 205 verkauft und dieses
ist mit M. 3000 angesetzt und es wird auf kein Unter-
gebot reagiert?" Die Sache ist nämlich die, Herr I.:
das erste Bild gehört der Versteigerungsmasse, die ä taut
prix veräußert werden soll, das andre Bild gehört
dem braven Auktionator, der das Lagergut so lange bei
passenden Gelegenheiten offeriert, bis endlich einmal ein
Unschuldsvoller sich zum Ankauf zu dem keineswegs nied-
rigen Preise bewogen fühlt. Wir wollen aber dem

Auktionator nicht allein Schuld geben. Auch die Händler
benützen solche Versteigerungen und führen ihre bislang
nicht verkauften Bilder dem Publikum als Lockspeise vor,
ohne die Absicht zu haben, auf ein Gebot einzugehen,
das unter dem ihres Erachtens fixierten Wert bleibt.
Somit sind diese Art von Auktionen weder Gelcgenheits-
käufe noch maßgebend für die Wertung eines Bildes.
Die Chancen fallen nur auf Werke, die durch ihre Größe
excellieren und künstlerisch unbedeutend sind.
Das wahrhaft Gute, auch die minderwertigen
Bilder namhafter Meister kommen nicht in die Gefahr
verschleudert zu werden, da Händler stets gegenwärtig
sind, die die Taxe kennen und die Gebote der Liebhaber
nach ihrem Ermessen steigern. Wenn wir die Preise der
Lepkeschen Auktionen in Berlin lesen, werden wir er-
staunt über die geringe Höhe und wünschen oft an der
Quelle zu sein. Wenn wir aber vom Ebengesagten die
Nutzanwendung machen, werden wir andrer Meinung.
Ein schlechtes Bild hat heutzutage gar keinen Wert
und jedes Gebot, das darauf gemacht wird, ist hoch, ein
gutes Bild findet allüberall Kenner und wer es billig
ersteht, ist Händler, denn in deren Interesse liegt die
Aufrechterhaltung der von ihnen stipulierten Preise. Wir
wollen hier nicht unsre Erfahrungen in betreff der For-
derungen der Künstler und der Händler auskramen.
Wer das Glück hat, in direkte Beziehung mit dem
Künstler zu treten, wird diese an sich selber machen; wir
müssen vielmehr ausdrücklich betonen, daß die Händler
einen großen Risiko eingehen, oft jahrelang mit diesem und
jenem Bilde hängen bleiben und dafür auf gangbare
 
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