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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die zweite Münchener Jahres-Ausstellung, [5]
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Von Friedrich j)echt
Medaille wohl verdiente, die ihm zu teil ward. Die
den Tugendhelden so oft eigene Gespreiztheit ist nun
freilich auch dem „Mucius Scävola" des Kumm in
Berlin nicht erspart geblieben, der dafür als Akt ganz
vortrefflich modelliert ist, aber doch gar zu wenig Ver-
ständnis für das Römertum verrät, das schwerlich viel
mit dem modernen Komödiantentum gemein hatte. Da
hat das Par lato re „römischer Plebejer", der eigentlich
ein alter Lump ist, aber immerhin ein Kerl, den Römer-
charakter immer noch besser getroffen. Eine höchst an-
sprechende Figur ist dagegen des Karlsruher Vo lz Genius
der Poesie, welcher den Sockel des Geibeldenkmals ziert,
eine geflügelte Jünglingsgestalt mit jenem geistvoll träu-
merischen Ausdruck, wie er gerade der Geibelschen Dich-
tung und ihrem entschieden männlichen Charakter ganz
entspricht. Der „Hamlet" des Engländers Onslow-
Ford dagegen ist, obwohl mit großer Feinheit ge-
macht, doch weit mehr Bildnis eines den Dänenprinzen
darstellenden, überdies älteren Schauspielers, der sich
selbstverständlich mit der Figur des Dichters selber nicht
deckt. Entschieden geistvoll ist dann die Auffassung einer
Christusbüste von Jerace in Neapel. Das Bronze-
relief eines vom Kreuz herabgenommenen Christus von
Andresen ist auch gut empfunden, wie die für ein
Grabdenkmal bestimmte Schutzengelgruppe von Barth
schön gedacht erscheint. Zu den mit Talent, aber ohne
alle innere Nötigung gemachten Arbeiten zählt dann
Kleins „Besiegter", während die Kolossalgruppe Kruses
in Berlin, welche einen sterbenden alten Mann darstellt,
der Bestimmung für ein Grabdenkmal durch ihren
edlen, versöhnenden Charakter wohl entspricht. Zu den
allegorischen Damen kommend, finden wir von Eber-
lein das „Erwachen des Frühlings" ganz reizend durch
eine träumerische Mädchenfigur dargestellt, und Sommer
in Rom gibt höchst geistvoll eine „schlafende Sphinx",
der man das Unheilbrüten ordentlich ansieht. Köstlich
einfältig und zugleich sehr hübsch ist dann Wad eres
„Chloe", die gleich zwei Flöten bläst, was man einem
so artigen Backfisch umsoeher verzeihen kann, als man
es ja nicht hören, sondern blos sehen muß. Unter den
schon mehr genreartigen Gruppen ist ein kleines Mäd-
chen, das sein schreiendes Brüderchen baden will, vom
Spanier Benlliure ganz allerliebst in Marmor ausge-
führt, und Dobrichs in München „Tranbenesser" auch
gut studiert. Den ersten Platz nimmt indes hier wohl
Fremiets Kampf eines Menschen aus der Steinzeit
mit einem Büren ein, welche Gruppe zwar an Feinheit
des Studiums seinem Gorilla widerwärtigen Andenkens
nicht gleich kommt, aber immerhin das Talent des be-
rühmten Tierdarstellers zeigt. Auch einige kleine Bronzen,
so ein Schlangenbändiger und ein St. Hubertus, dann
die allerliebste Gruppe von eine Katze angreifenden Hunden
zeigen die Bravour des Künstlers. Hübsch ist dann Gal-
muzzis Schiffsjunge auf der ersten Reise und Hischens
in Berlin, Statue eines mit ihrem Kakadu scherzenden
Mädchens voll Anmut, wie auch ein den Pfeil aus der
Wunde ziehender Krieger, gut gelungen. Letzteres gilt auch

Das Erwachen des Frühlings, von Gustav Lberlein
Münchener Iahres-Ausstellung 1890
 
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