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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Rosenhagen, Hans: Max Liebermann
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0169

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MAX LIEBER MANN

SELBSTBILDNIS

MAX LIEBERMANN

von Hans Rosenhagen

Im Kampf um die neue Kunst in Deutsch-
land ist keines Künstlers Name häufiger
genannt worden, als der von Max Lieber-
mann. Und man hört ihn immer noch.
Allerdings glauben mehrere unter Lieber-
manns Kollegen zu wissen, daß Ansehen und
Ruhm des Künstlers einzig von der Berliner
Kunstkritik mühsam aufrechterhalten würden.
So schmeichelhaft diese Annahme auch für
die Berliner Kritik sein mag, so töricht ist
sie andererseits. Denn wo und wann wäre
es Kritikern gelungen, die ganze Welt längere
Zeit über den Niedergang eines Künstlers
zu täuschen? Wo und wann hätte ein un-
echt vergoldeter Ruhm so viele Jahre über-
dauert? In Wahrheit liegt die Sache so,
daß viele von Liebermanns Kollegen, an den
Grenzen ihrer eigenen Entwicklung angelangt,
dessen Weiterentwicklung nicht mehr folgen
können, und unterschätzen, was jenseits ihres
Horizontes liegt. Im Zusammenhang damit
vermögen sie natürlich auch nicht zu be-
greifen, daß die Maßstäbe der Kritik, der
Weiterbewegung der Kunst entsprechend, ge-
ändert worden sind. Immerhin ist es keine
üble Empfehlung für die Kunst Max Lieber-

manns, daß sie von seinem ersten Bilde bis
zu seinen jüngsten Werken die vorgeschrittene
Kritik stets aufs lebhafteste beschäftigt hat.
Es gibt nicht viel Maler, die sich dessen
rühmen können; denn es sind einige recht
schwierige Voraussetzungen zu erfüllen.
Handelt es sich doch nicht nur um den
Willen, interessant zu bleiben, sondern auch
um die Fähigkeit; nicht nur um ein Spielen
mit neuen Möglichkeiten, sondern um das
Erkennen des richtigen Weges; nicht um
das schnelle Auffassen neuer Ideen, sondern
um das innige Ueberzeugtsein, der Wahrheit
wieder einige Schritte entgegen zu tun.

Wenn Liebermann nicht mit einem kolos-
salen Aufwände von Energie diese Voraus-
setzungen erfüllt hätte — er würde niemals
die Stellung im internationalen Kunstleben
erlangt haben, die er einnimmt. Er verdankt
diese Stellung nicht der Kritik, sondern wie
alle großen Künstler, allein sich selbst. Er
ist „von Natur richtig".

Wenn man die einzelnen Phasen von Lieber-
manns Kunst überblickt, ist man leicht ge-
neigt, als ihr eigentliches Charakteristikum

Die K.n, i flir AUe XIX. 7. I. Januar 1904.

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