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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Haack, Friedrich: Moritz von Schwind: geboren 21. Januar 1804; zu seinem 100. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0194

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IH. VON SCHWIND

MARSCHNER: HANS HEILING

MORITZ VON SCHWIND

geboren 21. Januar 1804
Zu seinem 100. Geburtstag
Von Friedrich Haack

A1

ls ich zum ers- rührt, an Böcklin und Schwind erinnert,
ten Male einer Besonders der poesievolle Elfenreigen lenkte
Aufführung von die Gedanken nach den kleinen, stillen Ge-
Gerhart Haupt- mächern der Schackgalerie, in denen die duf-
manns Versunke- tigsten Träume des Schwindschen Geistes,
ner Glocke bei- auf kleine Holzbretter und in schmale Rahmen
wohnte, fühlte ich eingefangen, jedes echt deutsche Gemüt zum
JBk^L' mich — und wie Nachträumen anregen. Mit Gerhart Haupt-
gg mir wird es man- manns Versunkener Glocke drang die Roman-
chem ergangen tik von neuem in unsere Kultur ein und wir
sein! — auf das befinden uns jetzt wieder inmitten einer neo-
eigenartigste be- romantischen Epoche. Doch unterscheidet
rührt. Wir be- sich diese sehr wesentlich von der alten
fanden uns damals Schwindscher Observanz. Die naturalistische
in einer durchaus naturalistisch gesinnten Durchgangsepoche macht sich nach jeder
Epoche. Zola war der Gott des Tages. Richtung hin kräftig bemerkbar, in der
Sudermann gab bei uns in Deutschland den bildenden Kunst wie in der Dichtung. Wir
Ton an und Hauptmann selbst hatte uns haben gelernt, der Natur mit schärferen Augen
wahrlich auch manch kräftig naturalistische in das unerbittlich strenge Antlitz zu schauen.
Speise vorgesetzt, so kräftig, daß sie manch Wir haben im besonderen unsere Empfäng-
feinerer Zunge nicht behagen mochte, daß lichkeit für Farbeneindrücke unendlich ge-
ein gesunder Magen dazu gehörte, um sie steigert und — verfeinert. Wir sind unter-
vertragen und verdauen zu können. Und nun dessen aus einer Nation von Dichtern und
ein Märchendrama in Versen, reich an poeti- Denkern erst zu einem Kriegsvolk und dann
sehen Schönheiten und an phantasievollen Bil- zu einem Arbeitsvolk geworden und haben
dern. Es war einem, wie wenn man inmitten uns am lodernden Feuer des Feldlagers wie
eines Kohlenbergwerkes plötzlich auf eine beim glühenden Schein der Esse daran ge-
Goldader gestoßen wäre!— Man konnte nicht wöhnt, die Welt und das Leben kräftiger,
gleich alles fassen, in sich aufnehmen, gerecht voller, ganzer zu erfassen und zu empfinden,
und richtig beurteilen, aber man fühlte sich Wir begnügen uns nicht mehr damit, in der
an vielen Stellen unendlich sympathisch be- Kunst einzig und allein dem Guten, Wahren

Die Kunst für Alle XIX. S. 15. Januar 1904

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