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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- und Atelier-Nachrichten - Vermischte Nachrichten - Neue Kunstliteratur
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«sp^is©- VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <£s^-

die Ausstellung, die das Ehepaar Franz Paczka
und Cornelia Paczka-Wagner mit ihren Werken
hier veranstaltet hat. Er malt sehr gleichgültige
Porträts und Genrebilder nach ungarischen Motiven,
auf denen rote Röcke und weiße Hemdärmel und
Jacken mehr grell als harmonisch leuchten. Sie
bemüht sich, seelische Zustände und philosophische
Ideen, Frauenschmerzen und poetische Begeisterung
in Bildern zu fassen. Aber die künstlerischen Mitte)
reichen nicht aus. Ob sie eine Schar betrübt aus-
sehender Frauen malt und >Trostsuchende Seelen«
unter das Bild schreibt oder eine verzweifelte nackte
Dame die Blumen eines zerstörten Kranzes in einen
Abgrund werfen läßt, während eine andere bekleidet
danebenstehende ein hochmütiges Gesicht dazu
macht, und das Bild »Lebensopfen nennt — man
empfängt niemals einen bezwingenden Eindruck,
sondern hat die Empfindung, daß diese Werke mehr
einer hysterischen Ueberreizung als dem gesunden
und natürlichen Aufrichten einer starken Frauen-
seele ihr Dasein verdanken. Wo ist die tüchtige
Zeichnerin geblieben, als die Cornelia Wagner einst
galt? Und welche schwache verblasene Malerei!
Der talentierte Artur Halmi hat sich in Berlin
zu einem Publikumsmaler schlimmster Art ent-
wickelt. Wenn zwischen seinen faden Porträts nicht
hier und da eine leidliche Arbeit aus seiner Mün-

M. v. schwind könig krokus und

die waldnymphe •

chener Zeit hinge — man würde nicht ahnen, daß
er etwas kann oder doch konnte. Von ähnlicher
Art sind die Porträts von Antoon van Welie.
Die gewinnendste Erscheinung in dieser Ausstellung
ist Paul Wolff-Zamzovc', der seinen Frühlings-
tag in Florenz- mit dem biedermeierischen Liebes-
paar vorführt, das aneinandergeschmiegt auf das
lichtdurchflossene Arnotal blickt. Das ist zwar nicht
große Kunst, aber guter Geschmack und zarte
Empfindung. Nicht übel ist der Zügelschüler Jung-
hanns vertreten. Unter den ausstellenden Plastikern
macht sich Gustav Eberlein mit einer fürchter-
lichen Kolossalbüste Mommsens breit, Alexander
Krau.v.ann zeigt seine nach französischen Mustern
hergestellten Plaketten und Willy Zügel ein paar
zur Erhöhung der naturalistischen Wirkung versil-
berte kleine, bronzene Heidschnucken , die zunächst
allerdings mehr tüchtiges und intimes Studium als
eigentliche plastische Begabung erkennen lassen.

HANS ROSEN HAG EN [241]

1/"ARLSRUHE. Der hiesige Kunstverein beher-
bergt gegenwärtig eine vereinigte Weihnachts-
Ausstellung des hiesigen Künstlerbundes und der
Kunstgenossenschaft, die so ziemlich die meisten
hiesigen Künstler, namentlich die jüngere Genera-
tion derselben umfaßt, im ganzen fast hundert Mit-
glieder, von denen je die Hälfte dem einen oder
dem anderen Kunstverbande, die sich hier friedlich
vereint haben, angehört. Die ausgestellten Arbeiten,
die einer gewissenhaften Jury unterlagen, sind durch-
wegs sehr tüchtiger, höchst respektabler Natur und
geben ein ernstes erfolgreiches Streben um die höch-
sten Ziele der wahren Kunst deutlich kund. Namen
hier zu nennen, ist bei der Fülle derselben nicht
gut möglich, man müßte denn fast alle derselben
rühmend erwähnen. Aus der hübschen Ausstellung
wird übrigens deutlich ersichtlich, daß die Karls-
ruher Schule mit ausgesprochener Vorliebe die
Landschaft kultiviert, worin ihr neuerdings in erster
Linie Hans Thoma und Friedrich Fehr vorbildlich
geworden sind. Die Plastik spielt leider daneben eine
etwas geringere Rolle, zeigt aber in den aus dem
Sandstein direkt herausgehauenen Arbeiten von
Christian Elsässer eine Größe und energische
persönliche Unmittelbarkeit der künstlerischen Auf-
fassung, wie wir es früher hier nicht gewohnt waren
und von der wir nur lebhaft wünschen können, daß
sie hier stabil bleibt. — Nebenher geht eine Aus-
stellung des in der Kunstwelt bekanntlich längst
schon bestens eingeführten Karlsruher Vereins für
Originalradierung, die neben prächtigen humor- und
poesievollen Blättern von Hans Thoma, der neuer-
dings mit großem Erfolge ebenfalls die edle Radier-
kunst ausübt, solche von W. Conz, F. Hollenberg,
A. Lunz, Haueisen, Bühler, Barth, Meid und
anderen in gediegenster Auswahl umfaßt. Ganz
besonders hervorzuheben sind die technisch und
inhaltlich hochinteressanten Blätter von Adolf
Schinnerer, der sich in seinen tief empfundenen
Dichtungen offenbar an dem großen Impressionisten
Goya gebildet hat. [245]
[VAÜNCHEN. Nunmehr hat auch die Luitpold-
gruppe Stellung zur Ausstellung in St. Louis
genommen und im Gegensatz zu den Sezessionen
beschlossen, sich an derselben zu beteiligen. Wenn
auch die Organisation der Ausstellung nicht nach
Wunsch ausgefallen sei, so scheine ihr doch die
Zusammensetzung der Zentraljury, welche das nicht
definitive Urteil der Lokaljurys zu korrigieren be-
rechtigt ist, die Garantie zu bieten, daß die Zentral-
jury ihrer Aufgabe gewachsen sei. Sodann sei es
Ehrensache und patriotische Pflicht jedes deutschen
Künstlers, für die allgemeine Sache mit seinem

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