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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Leistikow, Walter: Über den deutschen Künstlerbund und die Tage in Weimar
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0218

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EERO JAERNEFELT

LAN DSCHAFT

UBER DEN DEUTSCHEN KUNSTLERBUND
UND DIE TAGE IN WEIMAR

Von Walter Leistikow

Die Gründung der Berliner Sezession, der
jüngsten der sezessionistischen Schwe-
stern, vor einigen Jahren, und nun heute die
Schaffung des Deutschen Künstlerbundes in
Weimar haben, wenn man der Sache auf den
Grund geht, denselben Schöpfer. Es ist dies
der Berliner Akademiedirektor, Anton von
Werner. Es scheint, als wenn ohne diesen
Herrn kein rechter Fortschritt, keine rechte
Bewegung im Deutschen Kunstleben möglich
ist. Ob er es aus eigener Kraft ermöglicht
hat? Wohl schwerlich. — Der bekannte
Geist, der stets das Schlechte will und stets
das Gute schafft, hat ihm jedenfalls, — gerufen
oder nicht, mag dahingestellt sein — mit
Rat und Tat geholfen.

Kein Berliner hätte sich damals die Finger
verbrennen wollen, eine Sezession zu gründen,
die eine Unmasse Arbeit, sehr wenig Dank,
dafür desto mehr Feindschaft einbringen mußte.
Aber Akademiedirektor Anton von Werner half
über alles Zagen mutig hinweg, indem er seinen
großen Einfluß, seine nicht ganz gewöhnliche
Intelligenz und Energie aufwandte, den An-
trag der zusammengeschlossenen Berliner
Künstler auf eigene Räume, eigene Jury und
Hängekommission im Glaspalast am Lehrter
Bahnhof zu Fall zu bringen. Es gelang ihm
wie durch Zauberei, zu beweisen, daß das
gegen des Königs Wort und Wille wäre. Daß
die Illustratoren tatsächlich ganz dasselbe er-
reichten, tut nichts zur Sache — des Königs
Wille scheint danach zweier Auslegungen
möglich.

Die Künstler sind — Gott sei es geklagt —
ein faules, bequemes, scheues Pack, das am

liebsten in Ruhe gelassen sein will, und
wenn es irgend angeht, krumm gerade sein
läßt. Grund zur Beunruhigung war, weiß
der Himmel, genug vorhanden. Die gute,
alte Allgemeine Kunstgenossenschaft hatte
ihre Unfähigkeit, eine würdige Vertretung
deutscher Kunst im Auslande zustande zu
bringen, in Chicago und Paris so überzeugend
dargetan, daß ein beschämendes Fiasko die
selbstverständliche Folge war. Der Geruch,
in dem die deutsche Kunst infolgedessen bei
allen Ausländern steht, ist naturgemäß kein
angenehmer. Das merkte sogar die Regierung,
und sie ging daran, wie es ihr mit Fug und
Recht zukommt, die kommende Ausstellung
in St. Louis selbst in die Hand zu nehmen.
Sie tat dies auf eine so klare, überzeugende
und sachgemäße Weise, daß ein glücklicher
Ausgang garantiert schien. Im preußischen
Kultusministerium als Referent für Kunst-
angelegenheiten saß Geheimrat Müller, ein
ungewöhnlich weitsichtiger, vorurteilsloser
Mann, der schon begriffen hatte, daß Uhde
kein Anarchist sein müsse, weil er arme
Leute male, daß Liebermann nicht Ehren-
mitglied der Sozialdemokratie, weil er das
Leben der Arbeiter und Bauern mit künst-
lerischem Auge ansieht, daß diejenigen noch
nicht Rinnsteinkünstler genannt werden
brauchen, die die Natur nach selbstangestellten
Beobachtungen wiederzugeben sich bemühen,
statt bequem die ausgetretenen Pfade der
staatlichen Akademie zu wandern.

Dieser begabte Mann hatte dem Reichs-
kommissar für St. Louis die Mittel und Wege
angegeben, die, wie er wußte, die Sache

Die Kunst flu Alle XIX. 9. r. Februar 1904.

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