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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0284

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-s-4^> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö=ä=^-

jean francois millet die egge

geläufig ist, von einer schönen jungen Dame ge- Sonnenschirm gleich einem Heiligenschein hinter
malt, die er Mary nennt, von der man aber wissen sich haltend, vom Meer her auf den Beschauer
will, daß ihre Wiege nicht jenseits des Kanals, zuschreitet. Entbehrt das eine Bild jeder in-
sondern in Rixdorf bei Berlin gestanden. Immer- timen Freilichtschilderung und aller feiner Nuan-
hin kann Mary mit ihrer keuschen und vornehmen cierungen, wozu das Weiß des Kleides besondere
Schönheit die hübscheste Miss Soundso beschämen, Veranlassung bot, so wirkt bei der Strandscene
wenn sie in einem zierlich gerafften, weißen duftigen das Meer wie eine Theaterkulisse, und nichts er-
Gartenkostüm, einen mit blauem Seidenbande ge- scheint in der Person der Dargestellten beob-
schmückten Florentiner Strohhut auf den dunkel- achtet. Das ist um so merkwürdiger, als der Künstler
blonden Locken, einen Busch blütenbedeckter zwei sehr feine Landschaften ausstellt: »Die weiße
Kirschbaumzweige im Arm wie der leibhaftige Stadt«, eine Ansicht von Tanger, das von ferne auf
»Frühling« all in ihrer Lieblichkeit vor einer hellen einem Hügel glänzt, während vorn ein von Beduinen
Wand dem Beschauer entgegentritt. Oder ist sie bevölkertes Stranddorf in Gelb und das blaue Meer
am Ende nicht noch entzückender auf jenem zweiten leuchten; und »La Manche«, eine charakteristische
großen Bilde, wo man sie in einem russischgrünen Wiedergabe des Kanals bei Sonnenschein und blauer
Biedermeierkostüm, einen grauen Schal über den Luft. Besonders dieses Tanger kann als eine ganz
Schultern, mit einer graugefütterten Schute, unter vorzügliche Leistung gelten, die der Begabung La-
der die Ringellocken hervorquellen, mit ernst- verys ein besseres Zeugnis ausstellt als fast alle seine
haftem Gesicht vor einem dunkelgrauen Grunde neuen Bildnisse, weil nichts von Konvention und
sitzen sieht? Man findet die Schöne auf vielen nichts von Rezept darin steckt. Auch Gustav Fjae-
Bildern. Mary in Black, Mary in White, Mary profile — st ad hat sich wieder mit einer Sammlung von neuen
so lauten deren Titel. Und auf einem ganz be- Bildern eingestellt. Er scheint sich zu einem Spezia-
sonders anmutigen Bilde sDas grüne Sofa« glaubt listen der Winterlandschafr auszubilden. Typisch für
man sie ebenfalls wiederzuerkennen. Von den übrigen ihn ist der vorn am Bildrahmen stehende, von Rauh-
Bildnissen dürften die »Dame in Schwarz« mit ein reif bedeckte, zweig- und ästereiche Baum, von dem
wenig Grau an der Taille und dem pikanten blauen oft nurdie Krone sichtbar ist und durch dessen Zweige
Fleck, den ein Amulett am Armband hergibr, die > Dame man die dahinter liegende in Weiß gehüllte Land-
mit dem Blumenstrauß«, die »Dame in Braun« und schaft im Scheine der Morgensonne oder bei Voll-
ein kleines Interieur mit einer sitzenden »Dame in mond, bei grauem Wetter oder im hellen Mittags-
Blaugrau« ä la Stevens den Preis verdienen. Sehr licht wahrnimmt. Der Künstler hat es aufgegeben,
wenig kann man sich für Laverys Männerbildnisse durch Intimität der Beobachtung zu wirken; er will
und noch weniger für seine Freilichtporträts be- die Schönheit des Winters stilisieren und kommt
geistern. Er malt eine weißgekleidete Dame in einer durch das Vereinfachen von Formen und Farben
Hängematte im schattigen Garten, am Ufer eines und dadurch, daß er kapriziöse Ausschnitte wählt,
Sees und eine Baigneuse, die, in ihren weißen zu Resultaten, die ganz unmittelbar an die japani-
Bademantel gehüllt, einen großen japanischen sehe Kunst erinnern. Fjaestad folgt mit diesen Stili-

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