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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Thode, Henry: Hans Thoma: Betrachtungen über die Gesetzmässigkeiten seines Stiles
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0326

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HANS THOMA

HANS T HOMA MEERESERWACHEN (1893)

anders lauten zu dürfen als: hier steht man dieser Weltschilderung entsprechen sich voll-
vor dem Geheimnis des Persönlichen, einer ständig, bedingen sich gegenseitig. Die von
in der individuellen künstlerischen Veranla- uns erkannte Gesetzmäßigkeit erweist sich als
gung wurzelnden individuellen Naturanschau- der notwendige Ausdruck einer gesamten
ung. Der Kühne aber wird es wagen, noch geistigen Weltauffassung,
einen Schritt weiter in der Erkenntnis zu Hier eröffnet sich dem Blick über dem
versuchen. Wenn wir mit unserer Analyse Persönlichen ein Allgemeines. Denn eben
des Stiles der Thomaschen Kunst recht haben, diese Auffassung der Natur als eines Ganzen,
wenn dessen Wesen in der gleichwertigen Be- in dem jedes Einzelwesen und Einzelding
deutung der Faktoren: Zeichnung, Farbe und seinen besonderen Wert und Bedeutung hat,
Licht besteht, so ist der Schluß berechtigt, daher liebevoll beachtet und beobachtet sein
er sei das Produkt einer für alle Erschei- will und doch immer im Zusammenhang mit
nungen gleich großen, also universalen Emp- dem All erscheint, diese Entdeckung einer
fänglichkeit. Sehen wir andererseits, daß die göttlichen Harmonie in allem Erscheinenden,
gesamte Welt der Erscheinungen, soweit sie diese Beziehung der Natur auf das mensch-
künstlerisches Gefühl erweckt, also mit Aus- liehe Gemüt und Deutung derselben aus den
Schluß des Konventionellen, rein Historischen, menschlichen Seelenstimmungen —mit einem
zeitlich Bedingten, von dem Künstler in Worte, dieser Universalismus des Schauens und
seinen Werken dargestellt wird: die Land- Erlebens ist deutsch. Das künstlerische Ideal
schaff, das Porträt, der Mensch im Natur- Thomas ist dasjenige Dürers, nur auf Grund
leben, die Naturphantasie, das Mythologische, eines entwickelteren Farbengefühles zu einer
das Religiöse, das Tierleben, das Stilleben, höheren koloristischen Vollendung entwickelt
so vergleicht sich Thomas Universalität in Be- und dank einer der Phantasie vergönnten größe-
zug auf das Gegenständliche jener Univer- ren Freiheit im Sinne des rein Menschlichen
salität, die sich in seiner Empfänglichkeit für und Natürlichen ausgestaltet, nur zu jener Ver-
alle Erscheinungsformen verrät. Das heißt einfachung gebracht, auf welche die Sehnsucht
aber nichts anderes, als: Stoff und Form des größten bildenden Genius Deutschlands

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