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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Zuckerkandl, Bertha: Die 20. Ausstellung der Wiener Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0436

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-^4=ö> DIE 20. AUSSTELLUNG DER WIENER SEZESSION

ALFRED OFFNER WEIN'lLESEFEST

20. Ausstellung der Wiener Sezession

neben der Hauptarbeit sie anzubringen. Den den Beethoven-Friesen und den Decken-

meisten war aber ein Anreiz gegeben, eine Allegorien Klimts entstanden. Immerhin aber

Aufstachelung, eine kraftvolle Weisung zu bedeutet diese Arbeit formales Können und

neuen Wegen, zu neuem Ausdruck. Wäre ist das Resultat eines sehr festen, sehr be-

nur eine gute Arbeit auf diese Art entstanden, stimmten, sehr ehrlichen Wollens. Die auf der

die Ausstellung hätte ihren Zweck erreicht. Ursa major reitende, von Schleiern umwehte

Wir sehen aber sehr gute Arbeiten, dann Frauengestalt blickt kalt und spöttisch mit-

anerkennungswerte Leistungen und ehrliche leidslos auf den ihr folgenden Zug von dem

Versuche. Jedenfalls ein erfreuliches Ringen Tod, dem Entsetzen, dem Unglück geweihten

nach Kraft und Können. Elendsgestalten. Alle Figuren sind gut im

Wie immer dominiert Klimt. Sein Bild Raum eingestellt, geschickt gruppiert und des

„Wasserschlangen", welches an der Mittel- Künstlers Absichten treten klar und unge-

wand des Hauptsaales hängt, ist ein herr- hindert zutage. Nur merkt man zu sehr

licher Farbenfleck. In den Tiefen des Meeres den Zwang eines nachempfundenen Impulses,

gleiten im sich sonnenden Halbschlummer einer hemmenden, fremden Gestaltungsart.

zwei nixenartige Gestalten. Scharlachrote und Viel natürlicher und auch malerisch wert-

goldflimmernde Schlangen wiegen sich mit voller dünkt uns desselben Künstlers „Venus

ihnen; azurne, silber- und graugestreifte Erwachen" (S. Abb. S. 431). Das langsame,

Fische schwimmen mit. Verführerisch blinken wollüstige, sich dehnende Erwachen der rot-

die kühlen Leiber und die rötlich - blonden gelockten Göttin ist psychologisch sehr fein

Mähnen. Es ist ein Wasserzauber sonder- beobachtet und farbig gut gewertet,

gleichen. Wir sehen von der Reproduktion In der gleichen symbolisch-dekorativen

dieses Bildes ab, weil seine Wirkung mit Richtungbewegen sich LisT's„Tag und Dämme-

der Farbensuggestion steht — und fällt. rung" (s. Abb. S. 433) und Tichy's „Orpheus

Ein vorläufig ganz im Bann Klimts Stehen- und Eurydike" (s. Abb. S. 432). Ersteres Bild
der, Auch entaller, ist ihm zunächst plaziert, könnte wohl wegen der länglichen, schmalen
Es ist natürlich, daß eine so beherrschende Form als dekoratives Wandpanneau seine
Individualität, wie die Klimts, im Kreise der Geltung finden. Darauf weisen auch die
Mitstrebenden manche Adepten sich schafft, starken Konturlinien der Figuren und die
Nur ist zu hoffen, daß solche Suggestion doch Art der Koloristik hin. In mystisch geheim-
nur eine weitergehende Entwicklungs-Phase nisvoll schillerndem Dunkel — es ist ein bläu-
bedeutet. Denn wobliebe sonst das gerade lieh grünliches Schimmern — versinkt die Däm-
in der Sezession so gepflegte und so ver- merung. Ihr emporschauendes Antlitz grüßt
teidigte Recht auf Persönlichkeit. noch scheidend den aufstrahlenden Tag, den

So ist denn Auchentallers großes figuren- sie mit ihren schweren dunkeln Fittigen

reiches Bild „Unter den Sternen" (s. Abb. streift. Der von goldenen Locken umstrahlte

S. 430) gedanklich und kompositionell aus Jüngling schwebt im helleuchtenden Raum,

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