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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Rosenhagen, Hans: IX. Ausstellung der Berliner Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0471

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^=4sö> IX. AUSSTELLUNG DER BERLINER SEZESSION

man jedoch nicht behaupten, daß es zu des
Künstlers besten Schöpfungen gehört. Ganz
hervorragend ist dieses Mal Emile Claus
vertreten. Sein grünliches Haus im Schnee
bei blauem Himmel, das von Wolkenschatten
überflogene „Kleefeld" sind so feine und
innig gefühlte Naturschilderungen, daß man
seine helle Freude daran haben muß. Das
Hauptstück unter den fremdländischen Werken
aber ist ohne Zweifel des Schweizers Fer-
dinand Hodler „Rückzug der Schweizer
nach der Schlacht bei Marignano", den er
in ein Halbrund hineinkomponiert hat und
der die Waffenhalle des Züricher Museums
schmückt. Eminente Zeichnung, eine Farbe,
die hell und leuchtend, von großer dekorativer
Kraft ist, eine Art, zu vereinfachen und
alles auf den stärksten Ausdruck zu bringen,
machen dieses Werk zu einer vorbildlichen
Leistung für monumentale Zwecke. Bei aller
Herbigkeit der Linien zeigt das Bild einen
Geschmack in der Farbengebung, der einzig
ist und der, wenn überhaupt an etwas, an
das erinnert, was man an japanischen Farben-
drucken bewundert. Groß, feierlich und doch
wieder fröhlich grüßt dieses charaktervolle
Werk vom Ende des langen Saales der Aus-

stellung. Es hat als Nachbarschaft eine stili-
sierte Landschaft Hodlers, die mit ihrem
heiteren Grün und dem leuchtenden Braun
des Bodens bei aller dekorativen Haltung der
Schönheit des sonnigen Waldes in der Natur
unheimlich nahe kommt.

Ziemlich dürftig ist die Vertretung der
Plastik. Man hat die Genugtuung, zu sehen,
daß der begabte Nicolaus Friedrich mit
seinem riesigen, ein sehr schönes Bewegungs-
motiv bietenden und überraschend gut durch-
gebildeten „Bogenspanner" einen hohen und
erfolgreichen Aufschwung nimmt. Man kon-
statiert, daß aus einem mäßigen Maler ein viel-
versprechender Bildhauer werden kann, vor
der mit feinem Gefühl für Form und Stimmung
gemachten weiblichen Porträtbüste von Georg
Kolbe. Man findet in der prachtvollen breiten
Büste eines normannischen Fischers von Alex
Oppler alle Vorzüge, welche der Künstler aus
der Berührung mit der belgischen Schule ge-
wonnen hat, glänzend entwickelt. Man ent-
deckt in einer der göttlichen Wolke erliegenden
„Io" von Mathias Streicher trotz der sinn-
lichen Situation ein sehr keusches Werk voll
glücklicher künstlerischer Momente. Fritz
Klimsch hat bei früheren Gelegenheiten freilich

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