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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 19.1903-1904

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Grosse Berliner Kunstausstellung 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.12082#0476

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GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG 1904

Zimmer vor einem Spiegel, der ihre Rück-
seite wiedergibt, wie in Erwartung. Neben
ihr bemerkt man eine ältere Dame in einer
sehr ähnlichen Toilette und Stellung. Das
Bild fesselt nicht nur durch die hübsche
Lösung des luminaristischen Problems und
die schöne, sichere und doch weiche Farbe
und Malerei, sondern auch durch seelischen
Ausdruck. Malerische Empfindung verrät mit
einer „Mutter", die ihrem rotgekleideten
Kinde die Brust reicht, und dem etwas nach-
lässig aber talentvoll gemachten Porträt eines
jungen Malers Max Fabian. Die jüngeren
Künstler haben ferner eine Reihe ganz her-
vorragender Leistungen auf dem Gebiet des
Landschaftsbildes vorzuweisen. Da sieht man
ausgezeichnete Schneebilder von Otto Alten-
kirch, „Kiefern im Nebel" und eine „Heide-
landschaft" von Franz Türcke, von Johann
Häusch einen verschneiten „Friedhof" in
Abendstimmung, sehr frische sonnige Natur-
schilderungen von Fritz Douzette und einige
bemerkenswert gute Arbeiten der Bracht-
Schüler Hans Licht, Louis Lejeune, Hans
Hartig, H. Klohss, Kayser-Eichberg und
Wendel. Auch H. Kolbe verdient noch mit
einer guten Winterlandschaft erwähnt zu
werden.

Unter den älteren und bekannteren Berliner
Malern ist an erster Stelle Otto H. Engel
zu nennen, der mit seiner „Trauerfeier auf
Föhr" aufs neue Zeugnis ablegt für ein be-
sonders ernsthaftes Streben. Wenn auch die
Komposition — auf dereinen Seite die Gruppe
der Trauernden, auf der anderen der Leichen-
wagen — nicht besonders glücklich erscheint,
so ist dem Künstler im Ausdruck der Emp-
findungen und im Malerischen manches vor-
züglich gelungen. Ludwig Dettmann hat in
einer Stimmungslandschaft von der Küste
„Nach dem Gewitter" sehr gute Momente.
Hans Herrmann bemüht sich, seinen Farben
einen sonoren Klang zu geben und bietet in
einer „Dorfstraße in der Eifel" eine schöne
abgeschlossene Leistung. Rudolf Dammeier
überrascht mit einem energischen und vor-
nehmen Herrenbildnis. Ludwig Knaus hat
sich mit etwas matten Farben zwar, aber in
vollendeter Charakteristik selbst porträtiert.
Eine famose Arbeit, die nicht erkennen läßt,
daß ihr Urheber ein Fünfundsiebzigjähriger ist.
fff Von ausländischen Künstlern sind nur zwei
Spaniermitwichtigeren Schöpfungen vertreten.
Viniegra y Lasso hat seine bekannte „Wein-
lese" geschickt, Sorolla y Bastida das
Prunkstück für den wie immer mit der
banalsten Kunst gefüllten Ehrensaal geliefert,
das aus dem Pariser Salon bekannte Kolossal-

bild „Das Einschleppen der Barke" mit den
mächtigen braunen Ochsen, die nach dem
Hissen des Barkensegels von den Treibern
durch die Brandung wieder ans Land geführt
werden. Eins von jenen virtuosen romanischen
Werken, in denen intime Beobachtungen durch
grobe Effekte — hier der Sonnenbrand auf
den Tierleibern und dem schillernden Meer —
ersetzt sind, die aber immer das Erstaunen
der Menge erregen. Ein paar andere bekannte
Ausländer, wie Mesdag und Gattin, Mel-
chers, Carl Jacoby, H. W. Jansen und
Courtens haben nur eben ihre Visitenkarte,
d. h. nicht hervorragende Arbeiten abgegeben.

Unter den zahlreich vorhandenen Plastiken
findet sich wenig Gutes. Ein paar erfreu-
liche Porträtbüsten von Jäckle, Schauss,
Volz und Schaiarje, ein neben seinem Pferde
stehender nackter Jüngling von Vordermeyer,
ein wuchtiger, über einem Folianten grübeln-
der „Anachoret" von Max Klein und ein
wenigstens in der Absicht bemerkenswerter,

ROBERT BREYER BILDNIS DER FRAU DR. G.
9. Ausstellung der Berliner Sezession

Die Kunst fllr Alle XIX.

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